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Klavier

25. April 2023: Viele Menschen haben ein kaltes, verkrüppeltes, gefangenes oder abhängiges Herz. (AHS)

Foto: Erlangen

Ich habe eine Notenständer-Phobie, da ich mir schon mal die Finger eingezwickt habe. Seitdem mache ich, wenn es geht, einen Bogen darum, sie aufzubauen, aufzuklappen etc. Sie scheinen nach mir zu schnappen. Die dünnen faltbaren sind die schlimmsten. Halten tun sie alle sowieso nicht.

Heute erinnere ich an die Komponistin Rachel Portman, erster weiblicher Oscar für Filmmusik, Claudine Gay, erste schwarze weibliche Präsidentin an Harvard, an Stritt Marie, 1855, Frauenrechtlerin. Und an Dr. Else Beil, eine der ersten Frauen, die sich in den Hörsälen für die Rechte der Frauen einsetzte.

Ich liebe Leipzig, die Stadt, in der ich mich als Pianistin völlig überraschend in die Orgel verliebte. Als ich durch die Stadt mit dem Auto fuhr und mich verfuhr, dachte ich, ich hätte eine Erscheinung, als ich das erste Mal das mir völlig unbekannte Völkerschlachtdenkmal sah. Ich mag den Mendebrunnen, den Augustusplatz, die Uni, die Alte Börse, die Museen usw.

Schuke Orgel Detwang (Dettwang), Rothenburg/Tauber

Fortsetzung zum fiktiven Konzert, Teil 2, Dvorak Cellokonzert:

Dvořák schrieb es in den USA zwischen dem 8. November 1894 und dem 9. Februar 1895, obwohl er sich zunächst für das Instrument nicht erwärmen konnte. Zudem war sein erstes Cellokonzert von1865 in A-Dur (ohne opus) nicht erfolgreich – oder jedenfalls nicht gut genug in seinen Augen, denn er veröffentlichte es nie.

Der klassisch gegliederte erste Satz Allegro dauert ca. 16 Minuten mit dem eindrücklichen, süffigen und bekannten Hauptthema und dem darauffolgenden ruhigen Seitenthema mit Horn solo. Das sehr spät einsetzende Cello entwickelt schließlich einen eigenständigen und eigenwilligen Dialog mit dem Orchester als Soloinstrument. Der ganze Satz ist strahlend, fulminant.

Wenn das Cello einsetzt, später nur von zarten Flöten begleitet, ist man von der Wucht und Leidenschaft erstaunt. In diesem Konzert kann das Cello alles zeigen, was es kann: Es singt, kratzt, schreit, kitzelt alle Extreme aus, jammert, klagt und weist zurecht. Es behauptet sich gegenüber dem Orchester, ohne aufdringlich zu sein. Es bleibt in allem, was es tut, lyrisch. Auch ist dieser Satz kein typisches Allegro, sondern ähnelt eher einem Lied voll Sehnsucht.

Jacqueline du Pre ist auch in ihren begleitenden Linien fulminant und wild im authentischsten, schönsten Sinne.

Im zweiten ruhigen Satz, dem Adagio, ma non troppo von ca. 12 Minuten Länge, erklingt Dvořáks Lied „Lasst mich allein“ op. 82. Nr. 1. Es soll der Legende nach ein heimliches Liebeslied für seine 1895 verstorbene Schwägerin gewesen sein.

Jacqueline du Pre ist in ihrem Spiel so eindringlich wie ein Feuer spuckender frisch geschliffener Diamant, beinahe noch raw – mit einem Ton, der tief durch die Knochen dringt. In ihrem Spiel glitzert die menschliche Seele mit all ihrem Kummer und ihrer Sehnsucht.

Der schnelle dritte Satz, der Schlusssatz, das Finale. Allegro moderato von 13 Minuten Länge, beginnt ebenfalls ruhig, aber steigert sich immer mehr, zusammen mit dem Cello, das das Thema zum ersten Mal ganz spielt. Das Lied „Lasst mich allein“ erscheint in der Coda wieder. Daher wollte der Komponist auch keine Kadenz mehr haben.

PAUSE

(Getränke, Eis und Snacks im Foyer)

Video: „Bin ich Künstlerin? Nein. Ich bin Kunst.“

Florence Beatrice Price: Symphonie Nr. 1 e-Moll (1931-1932) ca. 40 Minuten

Die erste afroamerikanische, schwarze Komponistin, die Beachtung mit „klassischer Musik“ fand, war Florence Price, am 9. April 1887 geboren in Little Rock, Arkansas, USA. Sie komponierte bereits als Kind und studierte Orgel und Klavier am New England Konservatorium.

Sie war eine der wenigen, die in beiden Konzertfächern einen Abschluss erzielte, sowohl in Orgel als auch in Klavier. Sie unterrichtete anschließend beide Instrumente, jedoch litt unter dem andauernden Rassenkonflikt in ihrem Land.

In Chicago fühlte sie sich sicherer, daher zog sie 1927 in diese Stadt, in der ihre Kompositionen erstmals von Verlagen entdeckt und veröffentlicht wurden, unter anderem vom G. Schirmer Verlag.

Sie wurde in ihrer Musik von Antonin Dvořák beeinflusst und ließ auch die Inspiration von afrikanischen Trommeln mit Upbeat in ihre Werke mit einfließen, so im dritten Satz „Juba Dance“ ihrer ersten Symphonie.

Ebenso zitierte sie Spirituals in vielen Kompositionen, so auch in der ersten Symphonie. Der majestätische, süffige erste Satz mit 18 Minuten Länge lässt schon eine Ahnung von klagenden, verträumten Negro Spirituals anmuten, so auch im Bläsersatz ihres Largos. Florence Price hat mit ihrem „Juba Dance“ den Stil Bernsteins bereits vorweggenommen.

Als Price ihre erste Symphonie schrieb, hatte sie sich ihren Fuß gebrochen. Es ist ein vierteiliges Werk, und Price stilistische Merkmale sind die Anklänge und Arrangements von Spirituals in ihrer Orchestrierung, die an Gottesdienst, Andacht und Kirchenmusik erinnern, jedoch auch an Schmerz und Ausbeutung der Schwarzen in ihrer Zeit.

Die beiden Schlusssätze 3 und 4 sind kurze tänzerische Sätze, der dritte „Juba Dance“ scheint Bernstein vorwegzunehmen, frech, mild-jazzig, Upbeat, der vierte ist ein kurzer, filigraner Tanz.

Mit dieser ihrer ersten Symphonie in e-Moll gewann sie den berühmten Rodman Wanamaker Kompositions-Wettbewerb mit einem 500 Dollar-Preis und war damit auch die erste schwarze Komponistin, die mit einem großen symphonischen Werk mit einem großen Orchester national Anerkennung fand.

Der Dirigent Frederick Stock mit den Chicago Symphonikern führte ihre Symphonie am 15. Juni 1933 auf. Es war ein großes Orchester gefragt: zwei Flöten, zwei Piccoli, zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagott, vier Hörner, zwei Trompeten, drei Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagwerk und der Streicher-Apparat.

Diese Aufführung verhalf ihr zum Durchbruch, und sie konnte ihre Werke, darunter Lieder, Orgelwerke, Klavierwerke sowie Chor-, Kammermusik- und Orchesterwerke, in Verlagen unterbringen und zur Aufführung bringen.

Ihre Musik galt lange als verloren, vergessen, bevor sie vor kurzem wiederentdeckt wurde. Mittlerweile gibt es Plattformen, Vereine und Gruppen, die ihre Musik bewusst der Öffentlichkeit zugänglich machen, damit in Konzertprogrammen nicht nur zu 99 Prozent Männernamen auftauchen. Viele Dirigentinnen und auch schwarze Dirigenten nehmen sich ihrer Musik an.

Karen Walayn beispielsweise sammelte Geld, um ihr Gesamtwerk einzuspielen. Es ist tragisch, dass Price viel zu selten auf großen Konzertprogrammen erscheint, besonders in Europa. Es muss aufhören, dass nur Männer gespielt werden. Dies ist eine absurde Tradition, die durchbrochen gehört.

Lydia Tar ist die erste Chefdirigentin eines großen internationalen Orchesters, der Berliner. Sie ist bekannt dafür, sämtliche große Zyklen der Romantik für die Deutsche Grammophon aufgenommen zu haben. Aufgrund ihrer einzigartigen Stellung war sie so umstritten, so dass sie eine Zeitlang auf die Philippinen flüchten und sich in vielen Intrigen verantworten musste, nachdem sie von ihrer Position gestürzt wurde.

11. April 2023: Die Schöpfung ist eine Künstlerin. (AHS)

Foto: Schweden

Heute war ich endlich im Film TAR. Ich bin immer noch sehr mitgenommen. Der Film ist schockierend und ich muss erst mal drüber schlafen. Nur so viel: Er hatte Überlänge und ist sehr anstrengend zu sehen. Noch dazu war ich mit einer Freundin da, in einem kleinen Programmkino in „Katakomben“, sie, die keine Musikerin ist und daher nicht so viel verstanden hat.

Cate Blanchett als lesbische Dirigentin Lydia Tar, die jung aussieht (53!), hat phantastisch geschauspielert, und auch die Kameraführung: top! Aber der Film hat auch etwas Horrormäßiges, Absurdes.

Was habe ich daraus gelernt?
1. Auch und besonders ganz oben ist die Luft dünn und man kann niemandem trauen.

2. Man sollte nie ein Charakterschwein werden, wenn man oben angekommen ist – und überhaupt nie.

3. Es ist eine Tragödie, dass Chefdirigentinnen in großen deutschen Orchestern erfunden werden müssen, weil es sie real nicht gibt, weil „die bürgerlich elitäre Klassik“ (Frankfurter Rundschau) ein „männerdominierten Beruf“ ist – ganz zu schweigen von der „Kirchenmusik“ – darüber sollte man mal einen Film drehen, was da abgeht, wie sich da Stellen und Konzerte zugeschustert werden unter Männern und Machtmissbrauch an der Tagesordnung steht 

4. Frauen sind nicht besser als Männer, aber eben auch nicht schlechter – werden aber schlechter behandelt

5. Männer werden in der elitären Klassik oft als „Genies“ gefeiert (siehe Süddeutsche) – aber Frauen, in ihrer Vita, wenn sie genauso angeben wie Männer, werden attackiert

6. Dass man nicht vielfältig sein darf heutzutage – das weckt Missgunst und wird nicht gut geheißen in einer Welt der „Spezialisten“

7. Frauen werden bei exakt gleichen Fehlern,  die auch Männer machen und die Männer ihnen vorgemacht haben, viel drastischer abgestraft. So als dürften Frauen gar keine Fehler machen. Und schon gar nicht die der Männer, die tagtäglich ungestraft gemacht werden.

Heute erinnere ich an die Tänzerin Valeria Kratina-Köhler, und an Marta Fraenkel, Ärztin, 1896.

6. April 2023: Hätte ich früher erkannt, dass der winzige Palast meiner Seele einen so großen König beherbergt, dann hätte ich ihn nicht so oft allein gelassen. (Terese von Avila)

Heute sind meine Noten-Socken von Many Mornings angekommen, rechts gelb und links blau ❤️Äh, umgekehrt. Danke ! Ich mag Many Mornings, weil man da das Gefühl hat, man hat 2 Paar Socken an oder 4 Füße 🤣

Sehr empfehlen kann ich auch die interessante Literatur zu Kinderchor.

Es ist spannend, sich mit horizontalem und vertikalem Hören zu beschäftigen: Melodische Linien, Artikulation im Detail-Kontext zu hören, nicht nur vertikal Charakter, Klang, Tempi insgesamt. Hören ist Denken und Wahrnehmen.

Neu: VÖ: 1. Mai GESUNGENE SEHNSUCHT

Mein 4. Lyrikband. Glare Verlag Frankfurt

Bestellen für eine signierte Ausgabe könnt ihr bei mir.

Neuer Lyrikband 2023 Gesungene Sehnsucht

Eine Pianistin und Organistin ist meist gewissenhaft und diszipliniert; pedantisch war ich noch nie, eher Klang. Jetzt aber stelle ich fest, dass der Schlüssel Artikulation hilft, um von hinten sozusagen, vom Kleinen aus alle Räume aufzuschließen. Bisher arbeitete ich meist vom Großen ins Kleine.

Foto: Bonn

Brahms: (Transkript AHS)

Trost Hesse Orgel St. Martini Greußen (Greussen), Thüringen

Merci für Youtube. Mein Bestseller dort mein BWV 543 mit fast 30.000 Aufrufen.

2. April 2023: Ein guter Rat ist wie Schnee. Je sanfter er fällt, desto länger bleibt er liegen und desto tiefer dringt er ein. (Simone Signoret)

Heute erinnere ich an die ersten Frauen an Universitäten: Clara Immerwahr, Marie Curie, Elisabeth von Thadden, Charlotte von Kirschbaum und Rosalind Franklin. Und daher auch: Freiheit für die Orgel und mehr Frauen an das Instrument. 

Könnt ihr mir sagen, ob es noch andere Instrumente gibt, die so von Männern dominiert werden mit großer homosexueller Clique in der „Kirche“?

Heute war the day of the year: kein Aprilscherz! Nachdem ich Musikerkollegen in der Nähe eines Waldes besucht hatte, kam mir spontan die Idee, für Pesto Bärlauch zu sammeln. Ich liebe den Geschmack von frischem Bärlauch und Knoblauch. Daheim wusch und pürierte ich die Blätter. Dann leckte ich den Finger ab, mit dem ich die Klinge des Pürierstabes reinigte. Das Pesto schmeckte seltsam. Etwas bitter und nach Wiese.

Ich bekam einen Schreck. Jetzt erst erinnerte ich mich, dass Maiglöckchen ähnlich wie Bärlauch aussieht. Plötzlich kam es mir vor, als würde meine Mundschleimhaut pelzig werden.

Ich googelte es und bekam in meiner Panik Symptome, die Google für Vergiftung feilbot. Ich konnte nur noch schwer schlucken und rief die Gift-Hotline an. Die Frau sagte, ich solle in die Apotheke, Aktivkohle trinken und dann in die Uniklinik in die ZNA, zur Sicherheit. Es war Samstag 14 Uhr, ich hatte Glück: Die Apotheke direkt bei mir hatte auf.

Das nette Ehepaar der Apotheke mischte mir 50 g Aktivkohle in 400 ml Wasser und gab es mir zu trinken. Beim Öffnen der grossen Packung mit Schnabelstrohhalm wurden sie mit Kohle versprüht. Die Kohle schmeckte nicht schlecht. Mein Mund, Zähne, Zunge, alles wurde schwarz vor Kohle. Der Apotheker sagte, in 35 Jahren hätte er noch nie diese Aktivkohle verkauft und schon gar nicht, dass es in seiner Apotheke getrunken wird, das hat er noch nie erlebt. Warum um Himmels Willen ich nicht Bärlauch auf dem Markt kaufen würde!?

Ich werde nie wieder Kräuter oder Pilze im Wald sammeln.

Ich fuhr dann zur Uniklinik, noch panisch. Dort wurde mein Herz überwacht, Blutdruck, Blut abgenommen etc. Mir ging es dann schon wieder gut und alle Werte waren top. Ich wollte wieder heim und los, aber das wurde nicht erlaubt. Ich musste bis zum Abend bleiben und wurde getröstet, ich hätte „etwas Ruhe gebucht“.

Insgesamt verbreitete sich mein „Maiglöckchen-Pesto“ in der ganzen Abteilung im Krankenhaus. So etwas gab es da auch noch nie. Es kamen mind. 5 Schwestern und 3 Ärztinnen, die mich neugierig betrachteten. Ein Mann sagte belustigt, man könne Maiglöckchen auch trocknen und rauchen. Google würde aber übertreiben und die Menge wäre viel zu gering für eine Vergiftung. Hm…. 😎


Gedichte sind Balladen mit Musik im Klang und werden manchmal von mir vertont. Musik heute kommt mir heute oft nicht wie Musik, sondern wie Unterhaltung oder eine Art Spiegel des gesellschaftlichen oder individuellen Herzens vor.

Aber Musik ist mehr: sie ist Sprache für und aus einer anderen Welt, einer Welt in uns und einer, die gleichzeitig nicht von dieser Welt ist, von einer Welt, nach der wir uns so sehr sehnen. Musik ist für mich die eindrücklichste Form von Literatur und Sprache.

Was werden will, muss man sein lassen.

Foto: Köln

Was ist positiver Zerbruch?

“Die meisten betrachten die Victoria Fälle von Zambia aus. Aber um ihre volle Pracht erleben zu können, muss man ganz nach unten, nach Zimbabwe.”(Stefanie Flamm)

Loszulassen, nach unten zu gehen, ins Nichts, ins Tal – doch im Verborgenen entdeckt man endlich die Tiefe, die man braucht für alles.

Ich lese Effi Briest, ein Roman, der mich tief bewegt. Wie früh schon über haarsträubende Frauenfeindlichkeit geschrieben wurde, von Fontane! 1895! Nüchtern, klar, ohne Vorwürfe und doch bis zum letzten Buchstaben anklagend. Danke, Theodor! Ich liebe dich!

Ich lese auch gern über Palestrina von Eugen Schmitz.

Politik ist daneben immer grob.

Weigle Orgel Mannheim

29. März 2023: Wir müssen in der Musik raus aus der engen Formelhaftigkeit. (AHS)

Vergiss die Sicherheit. Lebe, wo du zu leben fürchtest. (Rumi) Hmmm…

Foto: Dom Greifswald

Heute erinnere ich an Annelise Pflugbeil, die unter schweren Bedingungen das Institut in Greifswald, für Kirchenmusik, zur Uni gehörend, gründete und, soweit ich weiß, dort nicht genug geehrt wird.

Frost und Schnee in Greifswald. Orgel-Prüfung in Kirchenmusik an der Buchholz-Orgel von 1842 ist sehr gut gelaufen. Die Dom-Orgel ist eingetütet in einen warmen Kokon, man hört sich kaum selbst.

Ich glaube, ich bin gerade der einzige Mensch in Deutschland, der einen Ohrwurm von Petr Eben hat. Der Zyklus Sonntagsmusik. Das ist nämlich für Zuhörende eher anstrengende, schwere und schwer zugängliche Musik. Was ich natürlich nicht so empfinde. ☺️

Mozart KV 608 habe ich mit Spaltklängen registriert. Reaktion: Sehr experimentell. Ach, ich liebe, wenn Leute diplomatisch sind. 😊

Meine 4 lieben Helferlein am „Registrierpult“ hatten heute extra schulfrei wegen mir bekommen. Danke! Als Dankeschön habe ich im Saal der Musikschule gespielt. Der war schön dekoriert für den Landeswettbewerb Jugend musiziert. Ja, an „Jugend musiziert“ erinnere ich mich auch noch gut..

Ich denke in meinem Kopf oft Code-Switching-mäßig in Deutsch, Schwedisch, Englisch gleichzeitig.

Danke für alle Gebete und Glückwünsche.

Buchholz Jehmlich Orgel Dom Greifswald

 

27. März 2023: Ich möchte nicht um jeden Preis etwas „Schönes“ schreiben. (Pierre Boulez)

Es ist nicht möglich, zu schweigen. Die innere Haltung macht die Musik.

Foto: Neuer Gedichtband 2023: Gesungene Sehnsucht

Heute erinnere ich an die schwedische Erfinderin Ninni Kronberg.

Windiges Greifswald. Heute war ich wieder oben auf dem Dom und genoss die Aussicht. Eine der Treppen ist besonders steil und gefährlich, die nach den Glocken, mit dem gelben Absatz. Ich betete, dass mir nichts passiert. Man braucht als Organistin gesunde Arme, Beine, Hände und Kopf. Selbst ein wehes Schienbein ist ungut für Konzert und Orgelprüfung. Eigentlich kann man immer nur daheim bleiben. Aus Sicherheitsgründen, um sich nicht weh zu tun.

Oben auf dem Dom sieht man die „dicke Marie“ und alle anderen Kirchen und an manchen Tagen auch die Kreidefelsen. Kreidefelsen. Klingt so exotisch. Rügen mag ich.

Gottesdienst war schön. Habe heute im Dom geübt und unterrichtet. Ich habe ein paar Chemie-Prof.s, die ich in und an Orgel unterrichte.

Ansonsten bestehen meine Tage hier aus Üben, Konzentrieren, Schlafen, Essen, Üben.

Boris Blacher hätte ich gern kennengelernt. Seine Einstellung zu Komposition ist meiner ähnlich. Er schreibt, dass es eine Spitze gibt und dann die Masse, die die Spitze kopiert. Hindemith war die Spitze in den zwanziger Jahren, wie er schreibt.

Egal wer heute an der „Spitze“ ist, es wird nachgeahmt. Aber man muss doch nach Neuem suchen. Diese dauernde Nachahmerei!

Die Großen haben nie eine Akademie besucht. Laut Blacher kann man Komponieren nicht lernen.

Heute wird als „Orgel-Improvisation“ meist postromantischmodern der französische Orgelstil nachgeahmt. Das wäre umgekehrt undenkbar übrigens, glaube ich. Haben Deutsche keine eigenen Ideen mehr? Das ist doch langweilig.

Ich finde es wie Ligeti unbefriedigend, Musik zu schreiben, die schon mal da war. Ein Idiom zu überwinden, ist aber gar nicht so leicht. Ligeti mußte sich von Bartok lösen und Versäumtes nachholen. Er selbst beschrieb sich als „nicht bescheiden“. Ob er deswegen attackiert wurde?

Es ist interessant zu lesen, wie Komponisten ihr eigenes darstellen wollen: G. M. Koenig: Computermusik und Geräusch. Fortner: 12-Ton-Musik. Ligeti: „Klangflächen-Gewebe“…

Musik aber kann glücklicherweise gegen das Misstrauen Wahrheit konkret und auch abstrakt definieren. Sie ist eine flammende Rede mit ungeheuchelter Gestik und Mimik, perfekt in den Übergängen, rund, zärtlich, manchmal bitter, voll Küsse, Einladung und Warnung, wie ein Rausch und doch klar zu Herzen gehend – zu Tränen, Lächeln und Lachen rührend.

Eine so gute Rede wie Musik habe ich noch nie gehört. Die Sprache der Musik muss man dabei erst lernen: Jede kann sie hören, aber nicht jeder gleich verstehen, nicht einmal die Ausführenden selbst.

26. März 2023: Wir brauchen den Luxus der Einsamkeit. (Anne Ranasinghe)

Kierkegaard lese ich gerne, da mir Humor, klug, lyrisch und nicht boshaft, gefällt; ich mag das weiche Zynische; ich muss schmunzeln; es ist dennoch aufrüttelnd, oder ich verstehe jedenfalls, dass es so gemeint ist.

Die kirchendichteste Gegend in Schweden befindet sich übrigens in Gotland. Zwischen dem 19. und 24. Juli gibt es eine Frauenwoche in Schweden. ❤️ Übrigens Kompliment an Frankreich mit 45 % Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen. 🌷Deutschland ist … 8. Platz. 

Foto: Kunst AHS

Es gibt für mich keinen Dilettantismus in Neuschöpfung. Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen musikalischer Aktivität und Kunst — aber dieser Unterschied kann fließend sein. Die Kunst ist lebensnotwendig und nicht nur Luxus oder Schmuck.

Heute habe ich den ganzen Tag im Dom gespielt. Die Küster sind alle so nett und goldig. Abends kommt immer so ein netter älterer Herr und arbeitet an einer Schleifmaschine unten in der Winterkirche. Zuerst habe ich mich erschrocken. 

Der Begriff ‚gute Musik‘ ist vielleicht schwierig, da wertend, wobei Wertung durchaus nicht immer etwas Schlechtes ist, im Gegenteil, sie ist wichtig. Die Kunstmusik hat mit Klangvorstellung zu tun, die reifen muss.

Dabei ist jede Klangvorstellung mit Vorsicht zu geniessen, da sie einengend werden kann. Eine Klangvorstellung sollte kein festes Prinzip sein. Kunst ist Revolution, Symbolwelt, Tiefe. Man muss jedoch bedenken, vorsichtig sein, da alles Einseitige eine manipulierende Macht werden kann.

Kreativität ist eine Person, die anklopft und darauf wartet, von mir entdeckt zu werden. Wenn ich etwas nicht entdecke, wird es vielleicht solange nicht da sein, bis ich es erkenne.

Denn Zeit ist ein Teil der Kreativität und des Prozesses. Jeder Augenblick dabei ist Kreativität. Anstrengend und arbeitsam ist es, das Gefundene zu behalten, zu formen, zu schmiergeln, zu bebauen. Struktur, Bescheidenheit, Konzentration und Demut sind Wegbegleiter von Kunst.

Foto: Kampala

Konvention und Norm: Übereinkünfte, dass etwas normal zu sein hat. Sobald etwas konventionalisiert wird, gebunden, systematisiert, können Begriffe und Inhalte kaputt gehen. In dem Sinne sind viele Traditionen verheerend, da sie lähmen und stoppen und an Generationen kleben bleiben. Beethoven hat sich nicht an die ‚Sonatenhauptsatzform gehalten’, diese ‘Form’ wurde erst nachträglich daraus gezogen.

Kein Wunder, dass die jungen Musiker an der Hochschule große Schwierigkeiten haben, in der Theorie mit Freude zu sitzen. Das Neue wird zur Routine. Theorie ist ja etwas sehr Spannendes, braucht Zeit zum Reifen. Ich sehne mich nach neuen Symphonien in unserem Jahrhundert.

Wenn Schubert Beethoven ‘überwinden‘ konnte — dann können wir auch überwinden und Neues schaffen. Beethoven komponierte dramatisch mit dem Endziel am Schluss, doch Schubert hatte seinen Höhepunkt in der Mitte seiner Symphonie. Neues umsetzen bedeutet oft Radikalität.

Foto: Calvi, Corse

Kreativ sein bedeutet Finden. Finden, was bereits da ist. Und doch erschaffen wir etwas, das vorher noch nicht da war, noch nicht ins Leben gerufen. Aus der Quelle, die um mich ist, erschaffe ich: sichtbar zu machen, was unsichtbar war.

22. März 2023: Das Herz sucht und pumpt und weist mit Blut und Atem auf das Leben hin, pumpt weiß und rot. (AHS) 

Es gibt ein aktives, verletzliches Loslassen für die Freiheit, die Avantgarde – für ein zartes Herz mit starken Wurzeln, eins, das Sinn macht und in eine starke Freiheit und Weite führt: ein Herz für ein Kämpfen an der Front setzt sich für andere ein.

Ich habe für meine Videos und Shorts jetzt eine bessere Kamera mit 3 von 14Pro mit 48 Pixel statt 12.

Es wird Frühling. ❤️ Und wieder ein neuer Geburtstag gestern (JS).

Fotos: Korsika

21. März 2023: Was ich innerlich höre, bringe ich in die akustische Welt. (AHS)

Foto: Acryl AHS

Webern, Schönberg, Messiaen, Henze, Ives, Berg, Leibowitz, Boulez, Ligeti – diese alle verließen die „erweiterte Tonalität“ oder wollten sie verlassen – die Grenze der formbildenden Tonalität. Sie suchten den Sturz der Herrschaftsverhältnisse im Tonsystem für neue Formen.

Ich suche ebenfalls den Sturz der Herrschaftsverhältnisse: Den Sturz der mathematisch-theoretisch-technisch-methodisch-testosteron-akademischen Herrschaft, um neue Formen in der Komposition zu entwickeln.

Auch heute noch ist der Studiengang Komposition oft akademisch und richtet sich nach den Methoden und Geschmäckern der jeweiligen stets männlichen Leitern. Akademisches und künstlerisches Denken ist jedoch oft ein Gegensatz, denn künstlerisches Denken ist mindestens oder zumindest erweitertes akademisches Denken.

Meine Musik zeigt das weiblich-intuitiv-impulsiv-poetisch Kraftvolle. Das Improvisatorische wird verbindlich, Wort und Ton sollen eins werden. Literaturgeprägt. Variabel. Nicht auf Mathematik, Baupläne und Technik fokussiert. Ich male, methodisiere nicht.

Musik zusammen zu machen, das ist genauso schön wie schwer.

Jazz CD ‘Mut vor 12’

Diskografie, CDs, Medien