25. April 2023: Viele Menschen haben ein kaltes, verkrüppeltes, gefangenes oder abhängiges Herz. (AHS)
Foto: Erlangen
Ich habe eine Notenständer-Phobie, da ich mir schon mal die Finger eingezwickt habe. Seitdem mache ich, wenn es geht, einen Bogen darum, sie aufzubauen, aufzuklappen etc. Sie scheinen nach mir zu schnappen. Die dünnen faltbaren sind die schlimmsten. Halten tun sie alle sowieso nicht.
Heute erinnere ich an die Komponistin Rachel Portman, erster weiblicher Oscar für Filmmusik, Claudine Gay, erste schwarze weibliche Präsidentin an Harvard, an Stritt Marie, 1855, Frauenrechtlerin. Und an Dr. Else Beil, eine der ersten Frauen, die sich in den Hörsälen für die Rechte der Frauen einsetzte.
Ich liebe Leipzig, die Stadt, in der ich mich als Pianistin völlig überraschend in die Orgel verliebte. Als ich durch die Stadt mit dem Auto fuhr und mich verfuhr, dachte ich, ich hätte eine Erscheinung, als ich das erste Mal das mir völlig unbekannte Völkerschlachtdenkmal sah. Ich mag den Mendebrunnen, den Augustusplatz, die Uni, die Alte Börse, die Museen usw.
Fortsetzung zum fiktiven Konzert, Teil 2, Dvorak Cellokonzert:
Dvořák schrieb es in den USA zwischen dem 8. November 1894 und dem 9. Februar 1895, obwohl er sich zunächst für das Instrument nicht erwärmen konnte. Zudem war sein erstes Cellokonzert von1865 in A-Dur (ohne opus) nicht erfolgreich – oder jedenfalls nicht gut genug in seinen Augen, denn er veröffentlichte es nie.
Der klassisch gegliederte erste Satz Allegro dauert ca. 16 Minuten mit dem eindrücklichen, süffigen und bekannten Hauptthema und dem darauffolgenden ruhigen Seitenthema mit Horn solo. Das sehr spät einsetzende Cello entwickelt schließlich einen eigenständigen und eigenwilligen Dialog mit dem Orchester als Soloinstrument. Der ganze Satz ist strahlend, fulminant.
Wenn das Cello einsetzt, später nur von zarten Flöten begleitet, ist man von der Wucht und Leidenschaft erstaunt. In diesem Konzert kann das Cello alles zeigen, was es kann: Es singt, kratzt, schreit, kitzelt alle Extreme aus, jammert, klagt und weist zurecht. Es behauptet sich gegenüber dem Orchester, ohne aufdringlich zu sein. Es bleibt in allem, was es tut, lyrisch. Auch ist dieser Satz kein typisches Allegro, sondern ähnelt eher einem Lied voll Sehnsucht.
Jacqueline du Pre ist auch in ihren begleitenden Linien fulminant und wild im authentischsten, schönsten Sinne.
Im zweiten ruhigen Satz, dem Adagio, ma non troppo von ca. 12 Minuten Länge, erklingt Dvořáks Lied „Lasst mich allein“ op. 82. Nr. 1. Es soll der Legende nach ein heimliches Liebeslied für seine 1895 verstorbene Schwägerin gewesen sein.
Jacqueline du Pre ist in ihrem Spiel so eindringlich wie ein Feuer spuckender frisch geschliffener Diamant, beinahe noch raw – mit einem Ton, der tief durch die Knochen dringt. In ihrem Spiel glitzert die menschliche Seele mit all ihrem Kummer und ihrer Sehnsucht.
Der schnelle dritte Satz, der Schlusssatz, das Finale. Allegro moderato von 13 Minuten Länge, beginnt ebenfalls ruhig, aber steigert sich immer mehr, zusammen mit dem Cello, das das Thema zum ersten Mal ganz spielt. Das Lied „Lasst mich allein“ erscheint in der Coda wieder. Daher wollte der Komponist auch keine Kadenz mehr haben.
PAUSE
(Getränke, Eis und Snacks im Foyer)
Video: „Bin ich Künstlerin? Nein. Ich bin Kunst.“
Florence Beatrice Price: Symphonie Nr. 1 e-Moll (1931-1932) ca. 40 Minuten
Die erste afroamerikanische, schwarze Komponistin, die Beachtung mit „klassischer Musik“ fand, war Florence Price, am 9. April 1887 geboren in Little Rock, Arkansas, USA. Sie komponierte bereits als Kind und studierte Orgel und Klavier am New England Konservatorium.
Sie war eine der wenigen, die in beiden Konzertfächern einen Abschluss erzielte, sowohl in Orgel als auch in Klavier. Sie unterrichtete anschließend beide Instrumente, jedoch litt unter dem andauernden Rassenkonflikt in ihrem Land.
In Chicago fühlte sie sich sicherer, daher zog sie 1927 in diese Stadt, in der ihre Kompositionen erstmals von Verlagen entdeckt und veröffentlicht wurden, unter anderem vom G. Schirmer Verlag.
Sie wurde in ihrer Musik von Antonin Dvořák beeinflusst und ließ auch die Inspiration von afrikanischen Trommeln mit Upbeat in ihre Werke mit einfließen, so im dritten Satz „Juba Dance“ ihrer ersten Symphonie.
Ebenso zitierte sie Spirituals in vielen Kompositionen, so auch in der ersten Symphonie. Der majestätische, süffige erste Satz mit 18 Minuten Länge lässt schon eine Ahnung von klagenden, verträumten Negro Spirituals anmuten, so auch im Bläsersatz ihres Largos. Florence Price hat mit ihrem „Juba Dance“ den Stil Bernsteins bereits vorweggenommen.
Als Price ihre erste Symphonie schrieb, hatte sie sich ihren Fuß gebrochen. Es ist ein vierteiliges Werk, und Price stilistische Merkmale sind die Anklänge und Arrangements von Spirituals in ihrer Orchestrierung, die an Gottesdienst, Andacht und Kirchenmusik erinnern, jedoch auch an Schmerz und Ausbeutung der Schwarzen in ihrer Zeit.
Die beiden Schlusssätze 3 und 4 sind kurze tänzerische Sätze, der dritte „Juba Dance“ scheint Bernstein vorwegzunehmen, frech, mild-jazzig, Upbeat, der vierte ist ein kurzer, filigraner Tanz.
Mit dieser ihrer ersten Symphonie in e-Moll gewann sie den berühmten Rodman Wanamaker Kompositions-Wettbewerb mit einem 500 Dollar-Preis und war damit auch die erste schwarze Komponistin, die mit einem großen symphonischen Werk mit einem großen Orchester national Anerkennung fand.
Der Dirigent Frederick Stock mit den Chicago Symphonikern führte ihre Symphonie am 15. Juni 1933 auf. Es war ein großes Orchester gefragt: zwei Flöten, zwei Piccoli, zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagott, vier Hörner, zwei Trompeten, drei Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagwerk und der Streicher-Apparat.
Diese Aufführung verhalf ihr zum Durchbruch, und sie konnte ihre Werke, darunter Lieder, Orgelwerke, Klavierwerke sowie Chor-, Kammermusik- und Orchesterwerke, in Verlagen unterbringen und zur Aufführung bringen.
Ihre Musik galt lange als verloren, vergessen, bevor sie vor kurzem wiederentdeckt wurde. Mittlerweile gibt es Plattformen, Vereine und Gruppen, die ihre Musik bewusst der Öffentlichkeit zugänglich machen, damit in Konzertprogrammen nicht nur zu 99 Prozent Männernamen auftauchen. Viele Dirigentinnen und auch schwarze Dirigenten nehmen sich ihrer Musik an.
Karen Walayn beispielsweise sammelte Geld, um ihr Gesamtwerk einzuspielen. Es ist tragisch, dass Price viel zu selten auf großen Konzertprogrammen erscheint, besonders in Europa. Es muss aufhören, dass nur Männer gespielt werden. Dies ist eine absurde Tradition, die durchbrochen gehört.
Lydia Tar ist die erste Chefdirigentin eines großen internationalen Orchesters, der Berliner. Sie ist bekannt dafür, sämtliche große Zyklen der Romantik für die Deutsche Grammophon aufgenommen zu haben. Aufgrund ihrer einzigartigen Stellung war sie so umstritten, so dass sie eine Zeitlang auf die Philippinen flüchten und sich in vielen Intrigen verantworten musste, nachdem sie von ihrer Position gestürzt wurde.