27. März 2023: Ich möchte nicht um jeden Preis etwas „Schönes“ schreiben. (Pierre Boulez)
Es ist nicht möglich, zu schweigen. Die innere Haltung macht die Musik.
Foto: Neuer Gedichtband 2023: Gesungene Sehnsucht
Heute erinnere ich an die schwedische Erfinderin Ninni Kronberg.
Windiges Greifswald. Heute war ich wieder oben auf dem Dom und genoss die Aussicht. Eine der Treppen ist besonders steil und gefährlich, die nach den Glocken, mit dem gelben Absatz. Ich betete, dass mir nichts passiert. Man braucht als Organistin gesunde Arme, Beine, Hände und Kopf. Selbst ein wehes Schienbein ist ungut für Konzert und Orgelprüfung. Eigentlich kann man immer nur daheim bleiben. Aus Sicherheitsgründen, um sich nicht weh zu tun.
Oben auf dem Dom sieht man die „dicke Marie“ und alle anderen Kirchen und an manchen Tagen auch die Kreidefelsen. Kreidefelsen. Klingt so exotisch. Rügen mag ich.
Gottesdienst war schön. Habe heute im Dom geübt und unterrichtet. Ich habe ein paar Chemie-Prof.s, die ich in und an Orgel unterrichte.
Ansonsten bestehen meine Tage hier aus Üben, Konzentrieren, Schlafen, Essen, Üben.
Boris Blacher hätte ich gern kennengelernt. Seine Einstellung zu Komposition ist meiner ähnlich. Er schreibt, dass es eine Spitze gibt und dann die Masse, die die Spitze kopiert. Hindemith war die Spitze in den zwanziger Jahren, wie er schreibt.
Egal wer heute an der „Spitze“ ist, es wird nachgeahmt. Aber man muss doch nach Neuem suchen. Diese dauernde Nachahmerei!
Die Großen haben nie eine Akademie besucht. Laut Blacher kann man Komponieren nicht lernen.
Heute wird als „Orgel-Improvisation“ meist postromantischmodern der französische Orgelstil nachgeahmt. Das wäre umgekehrt undenkbar übrigens, glaube ich. Haben Deutsche keine eigenen Ideen mehr? Das ist doch langweilig.
Ich finde es wie Ligeti unbefriedigend, Musik zu schreiben, die schon mal da war. Ein Idiom zu überwinden, ist aber gar nicht so leicht. Ligeti mußte sich von Bartok lösen und Versäumtes nachholen. Er selbst beschrieb sich als „nicht bescheiden“. Ob er deswegen attackiert wurde?
Es ist interessant zu lesen, wie Komponisten ihr eigenes darstellen wollen: G. M. Koenig: Computermusik und Geräusch. Fortner: 12-Ton-Musik. Ligeti: „Klangflächen-Gewebe“…
Musik aber kann glücklicherweise gegen das Misstrauen Wahrheit konkret und auch abstrakt definieren. Sie ist eine flammende Rede mit ungeheuchelter Gestik und Mimik, perfekt in den Übergängen, rund, zärtlich, manchmal bitter, voll Küsse, Einladung und Warnung, wie ein Rausch und doch klar zu Herzen gehend – zu Tränen, Lächeln und Lachen rührend.
Eine so gute Rede wie Musik habe ich noch nie gehört. Die Sprache der Musik muss man dabei erst lernen: Jede kann sie hören, aber nicht jeder gleich verstehen, nicht einmal die Ausführenden selbst.
Kann nicht K-B Kropf von der Wix App zum Prüfungskonzert morgen fahren? Dann lernt er, wie man Orgel spielt. Oder ist er schon zu sehr als Hater verschrien?
Ich wünsche Dir von ganzem Herzen Erfolg für morgen und natürlich auch Fortune.
Der Cover deiner Gedichte und der Text sind sehr ansprechend gestaltet, lyrische Gedanken und gefühlvoll, so wie auch alle vier opus Werke: Lesenswert und Nachdenklich.