Der neue Glaube. Man darf dabei nicht vergessen, dass Martin Luther katholisch war, so wie Jesus jüdisch. Alle Brückenbauer kommen aus dem Alten, kommen aus dem, was zuvor war.
Ich lese von Mörike “Mozart auf der Reise nach Prag.“ Empfehlen kann ich zu Weihnachten auch Jacqueliyn Mitchard: Christmas Present (auf englisch).
Marguerite Yourcenar ist ebenfalls ein Genie, die man kaum kennt: Gebildet durch das Leben: unstet, reisend, Krieg, Flucht, Sprachen, in vielem die erste Frau.
5. April 2023: Nicht daran, wie einer von Gott redet, erkenne ich, ob seine oder ihre Seele durch das Feuer der göttlichen Liebe gegangen ist, sondern daran, wie sie von irdischen Dingen spricht. (Simone Weil)
Lothar Zenetti schreibt, zu glauben macht nicht satt, im Gegenteil, es verhindert, dass man satt wird. Es macht sogar hungriger. Doch Hunger und Durst nach Gerechtigkeit ist Glaube und der beste Koch. Und wenn wir dann Wasser schöpfen, wird Wasser Wein.
Musik ist zu meinem Leben geworden, denn fast nichts von dem, was ich tue, hat nicht irgendwie mit Musik zu tun. Auch Stille ist Musik. Was ich gerade besonders gern höre zum Dirigat: Valse Triste und Beethovens 7. Welche ist eure Lieblings-Sinfonie?
Fotos: Luisengarten
Es ist nicht gut, mit geglückten Halbheiten zufrieden zu sein. Zwang zur Perfektion jedoch macht Kunst trotzig und nicht offen.
Nur im hungrigen Sattsein wird Musik weich und nicht gewaltsam in der Suche nach Sinn und Tiefe.
Das Klavier und die Orgel sind wissenschaftliche Instrumente. Darauf übend zu forschen ist ein großer Teil jeder pianistischen Entwicklung. Denn Forschung und Wissen sind kreativ, jede Forschung.
Warum kommt es mir vor, als würde man in Instituten eine Subwelt fern der Realität betreten, eine geheimnisvolle Bibliothek der Geschichte, ein Archiv der Ideologie, aus der man Formeln und Regeln zusammenträgt, als würde man an den wirklich wichtigen Dingen vorbeiwissen, an der Musik vorbei?
Um nicht betriebsblind zu sein und um sich Kreativität zu erhalten, sollte man auch auf Reisen, im Ausland und in der freien Marktwirtschaft tätig sein, künstlerisch, selbständig. Viele Menschen scheinen ihr ganzes Leben in Schule und Uni zuzubringen und damit in einer umzäunten Welt der Anpassung, Abhängigkeit und Machtspielchen.
Blick aus dem Mund: Dein Wort ist Blick. Halligen Schmerz hast du mit Lavendel bestreut. (AHS)
De profundis. Frauen sind Vorkämpferinnen der Reformation. Und Nachkämpferinnen.
Heute erinnere ich an die schwedische Unternehmerin Anneli Hellström.
Foto: Freiburg
Endlich wird verstanden, dass intuitive Musik ähnlich klingt wie strenge, fleissige, regelgebundene (serielle) Musik – wobei mit intuitiv hier eher „Zufallsmanipulation“ gemeint ist und von „Resultaten“ die Rede, was eher unmusikalisch klingt oder a-musikalisch.
Trotzdem ist es spannend, was Leute sich alles einfallen ließen: Prepared Piano (Cage), der sich gegen das Widerklingende wehrte, Kagels instrumentales Theater gegen überholtes Komponieren, fort vom Nachtonalen.
Kagel schreibt, dass man als Komponist von der Unfehlbarkeit der eigenen Phantasie überzeugt sein muss. Vermutlich nur als Mann, denn wenn man als Frau von der „Unfehlbarkeit“ der eigenen Phantasie überzeugt ist, kommen schnell Lästerer wie Jan Wilke auf den Plan, den es sehr interessiert, was ich mache.
Die neue Musik war nach und vor 1945 extrem vermaskulinisiert, es ist hier von „vollkommener Rationalität“ die Rede, von „strenger serieller Musik“, von „Ergebnissen der Reihenmusik“ und „Handwerklich-Rationalem“ und so fort. Teilweise ist die Art der Begrifflichkeit mehr einer Schleifanlage oder einer Eisenfabrik ähnlicher als Musik. Zumindest ist zu erkennen, dass Weibliches, Gefühl, Zartes, Impulsives hier keine große Rolle spielen durfte. Selbst „Melodie“ war verpönt. Die Krise der Form.
Für den Meisterkurs von ISAM für Komposition hatte ich ein Stipendium, aber es hat mir nicht gut gefallen, da man im Grunde nur tonal oder nachtonal oder posttonal komponieren durfte. Meine Musik dagegen ist intuitiv, subtil, Farbe ohne Reihe, weibliche Avantgarde, spirituell und ohne stilistische Verpflichtung, experimentell, mehrdeutig und improvisatorisch. Eine andere Suche in der Krise der Form. Die meisten „Orgelimprovisationen“ dagegen heute (nicht nur von Laien) bleiben nachahmend in Klischees stecken, mit angeeigneten Gesten, eher als eine Art Selbsterfahrung.
“Die Seele eines Landes liegt in ihrer Musik. Ein Land, welches seine Musik verkauft, ignoriert oder dem Kommerz preisgibt, verdient es, Coca Cola als Folge zu haben.” (Maya von Patel) Die Seele eines Landes ist wichtig.
Foto: Kunst AHS
Morgen ist meine Prüfung um 9:30 im Dom, bitte betet. Konja und ich haben heute die Zungen gestimmt. Es ging schnell.
Die tschechische, lettische und litauische Volksmusik berührt mich. Ich mag Riga und ihre neuen Klänge. Volksmusik und Chormusik formen eine Nation. Musik sagt das Unsagbare und verbindet uns mit unsichtbaren Fäden.
Vor allem aber hat sie eine internationale Allgemeingültigkeit, was unsere innere Sprache und unsere Gefühle angeht. Als ich eine Woche lang Moskau besuchte, wurde ich mit anderer Musik konfrontiert.
Foto: AHS in Afrika
Intuitives zu verbinden mit Logik, Konzentration und Erfahrung ist eine Herausforderung — es muss sich verbinden lassen.
Wenn man Künste miteinander verbindet, heißt es nicht, dass man sich verzettelt. Es bedeutet nur, dass man zurückkommt zu dem, was große Künstler auch getan haben.
Intuition ist die Bereitschaft, neue und risikoreiche Gedanken und Wege zuzulassen, selbst wenn sie der bisherigen Erfahrungen, der Norm und der Statistik widersprechen oder Widerstände und damit Schmerzen bedeuten, Kritik.
Oft gibt die Intuition die richtige Lösung für den entscheidenden Moment. Sie ist eine prophetische Vorahnung, deren Äste und Krone nach oben wachsen, sich ausbreiten: dorthin, wo die Sonne ist. Sie ist teuer. Sie ist die Königslinie (wie beim Schach), das Ziel zu ‘schlagen’ in dem Sinne, es zu erreichen und nicht zu verfehlen.
Es geht dabei um den richtigen Zeitpunkt. Dazu muss man manchmal schnell und mutig sein können und auf der anderen Seite geduldig bereit, auszuharren. Es gibt zudem eine spezielle Art der künstlerischen Intuition, die Neues möglich macht. Sie verfehlt das Ziel nicht.
25. März 2023: Wähle den Weg über die Bäche und stürze dich nicht gleich in das Meer. (Aquin)
Foto: Kampala, Uganda (my hair)
Heute erinnere ich an Wilhelmina Skogh, schwedische Unternehmerin, 1850.
Gedichte von Eichendorff, Rückert, Keller, Celan, Fried, Augustinus, Rilke und vor allem Georg Trakl — zärtliche, dunkle Literatur, die etwas Ruhiges, Zynisches, Suchendes hat — gefallen mir. So auch manchmal Thomas Bernhard oder Musik Hindemiths.
Bachs Musik aber spricht rund und frei von Trost, von Liebe, als könnte ich mitschreiben, jeden Tag etwas anders, tröstend, doch immer im Niedergehen die große Kraft, im Beugen die größte Spannung und Ermutigung. Bachs Musik ist eine Einladung, von Gott getröstet zu werden. Eine Einladung zur Ewigkeit, zum Loslassen, Vertrauen, Glauben. Energie in Zärtlichkeit. Tontendenzen.
Der Quintenzirkel ist eine Art Gottesbeweis. An Gott zu glauben ist nicht intellektuell anspruchslos. Die Wissenschaft ist nicht der Feind oder Gegner des Herzens, des Kopfes, des Glaubens und der Literatur.
Genauso wenig wie Musikwissenschaft Gegner der praktischen Musik ist, auch wenn es oft so scheint.
Bach war ein großer Dichter und Denker; viele andere, die unser Land beeinflusst haben. Sie arbeiteten mit verborgener Symbolik. Symbolik addiert sich in meinen Gedanken wie verselbständigte Kunst, um auf den rechten Zeitpunkt zu warten und auf dem rechten Weg zu bleiben.
Heute habe ich 4 jungen Leuten die Dom-Orgel erklärt. Das macht mir richtig viel Spaß, weil ich ja selbst noch genau weiß, wie es war, als ich das Instrument Orgel kennenlernte. Das ist ja noch nich lange her. Ich möchte, dass der gleiche Funke überspringt.
Bevor ein Kind spricht, singt es. Bevor sie schreiben, malen sie. Sobald sie stehen, tanzen sie. Kunst ist die Grundlage menschlichen Ausdrucks. (Phylicia Rashad)
Heute erinnere ich an die wunderschöne Prinzessin Diana.
Foto: Silbermann Orgel Meißenheim
Wer sich mit Kunst beschäftigt, hat nicht mehr so viel Zeit für Sinnloses.
Wieviele Stunden glaubst du, übe ich täglich an meinen Instrumenten für Konzerte? Klassik ist natürlich nicht nur Abendland, nicht nur “unsere Musik”, als wäre alles andere nur Folklore, zum Beispiel wunderschöne indische oder afrikanische Musik.
Gott ist. Überall. Musik ist gesegnet. Love Supreme. Kunst ist. Überall.
Was wir nicht lesen oder in Worte fassen können: Das Unsichtbare der Kunst wird sichtbar. Geist wird Klang. Verletzlich und echt zu sein auf und hinter der Bühne hat für mich als Künstlerin etwas Klares und Starkes. Transparent, verwundbar in Gedanken und Ausdruck, über das Zarte im Leben zu schreiben, zu hören:
Was auf dem Herzen liegt, scheint oft bei Gott geboren, durch Töne, Bildworte. Es sind Worte, die in einem Prozess zur Welt kommen; solange ich bin, bin ich für sie verantwortlich, damit und weil sie durch mich existieren und verständlich werden.
Der künstlerische Ausdruck ist eine Explosion in Freiheit, weil Schönheit Bedingungslosigkeit ist: Sie wächst mit Freude im Kern. Soli Deo Gloria! (AHS)