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Musikpädagogik

17. März 2023: Ungeheuer ist viel, und nichts ungeheurer als der Mensch. (Sophokles, Antigone, Verse 332-333)

Der Mensch das Ungeheuer. Wie eine Asphaltstraße scheint manchmal die Realität, immer grau, egal ob in Hitze oder Kälte. Eine Wiese aber ist Kunst. Kunst braucht Leben.  Kreativität braucht Leben. Und Struktur, Ordnung, Willen und Wege. Eine Wiese hat auch ihre Regeln, auch wenn dies nicht so aussehen mag. Sie hat Kreativität und Nüchternheit: Klang-Punkte. Eine Wiese ist sehr kreativ.

Jedoch sind ihre Regeln nicht hart, tot und grau. Die Jahre der Ablehnung scheinen den Willen von Künstlerinnen nur anzuspornen.

Heute erinnere ich an die schwedische Schauspielerin Ulla Jacobsson, die früh an Krebs starb und als Symbol für die „schwedische Sünde“ galt.

Ich empfehle die alten Bücher „Durch Musik zum Selbst“ und „Werkstattkonzerte mit Komponisten“ von Ursula Stürzbecher. Und ich erinnere an die Komponistin Grete von Zieritz.

Stockhausen ist interessant. Aber sein Lebenswandel mit Frauen gefällt mir nicht. Manche sagten dazu folgendes: „Seine Liebe zu Frauen war eben so groß.“ Übersetzung: Er konnte nicht treu sein. Mit Liebe hat das nichts zu tun. Jedoch tut er mir leid. Seine Mutter wurde ermordet und sein Vater sah zu und ließ sich dann an der Front erschiessen.

Für mich ist es immer noch mysteriös, dass Menschen sterben. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, zu sterben. Dabei ist es ja kein wirkliches Sterben, wenn man zu Gott kommt.

Ist es nicht lustig, dass jefraud „Planetin“ gesagt haben soll? Warum sagt sie dann nicht „Erde“? Oder „Welt“? Planet ist nun mal nicht weiblich.

Ich sehe unsere Erde aber auch als weiblich, weil sie verletzlich ist.

Aber mit Wörtern wie „Gästin“ habe ich auch meine Probleme. Man sagt ja auch nicht, „Personus“. Es heißt nun mal „der Gast“ und dafür „die Person“. Wobei lustigerweise manche Männer mit „Person“ ausschließlich Frauen meinen, mit gehässigem Unterton. Es ist dadurch schon fast eine Art Schimpfwort geworden.

Foto: Insel Juist

Aus der Presse vom letzten Konzert:

„Musikalischer Höhepunkt im Festjahr zum 275. Geburtstag der altehrwürdigen Schornweisacher Kirche St. Roswinda: Ann-Helena Schlüter spielt ein vor allem barockes Programm an der historischen Wiegleb-Orgel von 1749. Viele Gäste haben sich eingefunden; kaum ein Platz bleibt leer.“

Kann Musik süchtig machen?

Kunst und Musik brauchen ein stabiles Fundament. Falls Kunst mit Süchtigkeit einhergeht anstatt mit Charakter, dann ist das Armut, denn wer sich nicht mit Mangel beschäftigt, sondern sich dort, wo es um tief innere Dinge geht, in Begabung flüchtet und mit Leistung ausweicht, sei es passiv oder aktiv, wird die künstlerische Beschäftigung süchtig machen.

Bei Musik kann es sogar zu einer Kreuzung von gleichzeitig stoffgebundener und nicht-stoffgebundener Sucht führen, da Kunst körperlich und geistig ist.

Musik an sich aber baut keine Gegenrealität auf, sondern spiegelt. Die Auswirkungen von Kunst als Sucht und rettendes Fantasiegebäude führen zu ruhelosen Illusionen.

Heute sind es 2999 – wer will der oder die 3000. sein? ❤️

Foto: Musikhochschule Riga: das lettische Instrument ‘Kokle’

28. Januar 2023: Behände! Andere sagen, ich bin auf Arbeit. Ich sage, ich bin auf Konzert. (AHS)

The Sound of Music ist die Klavierkunst. Und ihr Vollkornbrot ist J.S. Bach.

Und ich sitze auf dem Flügeldeckel wie auf einem Kahn.

Was ist Musik? Musik ist Herzschlag. Skala.

Mit jeder anderen Pfeife rufe ich.

Erste Prüfung geschafft. Ich halte euch auf dem Laufenden.

Foto: Oberbayern, Sandtner Orgel

Happy Birthday my Mom ❤️

Your Love din kärlek – CD JEDEN AUGENBLICK

30. Mai 2021

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Ich düse durch die berlinische Nacht. (AHS)

Ich bin in Wohltorf bei Hamburg. Die Beckerath Orgel ist eine Wucht. Megaschöner 8 Prinzipal im HW. Tolle Akustik. Überhaupt schönes HW (unten). Klein wenig dünn das OW, da eine Flöte 8 fehlt. So eine sagenhaft schöne Hohlflöte 8. Oder Rohrflöte. Das wär‘s. Der Prinzipal 4 ist jedoch sehr schön. Nur der Sprung zwischen Gedackt 8 und P 4 ist einfach groß. Aber Trio-Sonate geht dennoch sehr gut, da der traumhaft schöne Prinzipal 8 im HW in dieser singenden Akustik verbunden mit dem P 4 im OW bestens harmonisiert. Oder besser: harmoniert. Bach passt hier her-vor-ragend.

Es wirkt wie eine Insel hier, man sucht das Meer. Frische Luft, alles grün.

Ich übe die C-Dur Trio-Sonate. Ach, der 2. Satz ist so schön, vor allem die letzte Zeile. Das d. Wisst ihr, welches ich meine? Largo. Ich habe Ohrwurm. Gute Nacht!

Ps: Meine Geräuschempfindlichkeit ist schlimmer geworden. Im ICE sind gewisse Geräusche für mich fast unerträglich. Und ich kann nicht flüchten. Im Auto ist es besser.


Johann Sebastian Bach – Aria Goldberg Variationen BWV 988 Rommel Orgel Blasii Zella Mehlis Thüringen

The Intimate Bach

30. März 2021

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Ich spüre am Atmen den Grad der Musikalität. (AHS)

Es war teilweise extrem einengend und nicht leicht, wieder Student gewesen zu sein, da ich zuvor Klavier studiert habe und schon weltweit auf Tour war. Aber sonst hätte ich NIE in so kurzer Zeit unter enormem Druck so gut Orgel gelernt. Das war alle Opfer wert. Ich liebe die Orgel, und ich möchte noch mehr lernen. Durch das schlimmste „Reguläre“ habe ich es geschafft (darüber könnte und werde ich auch ein Buch schreiben, was ich alles erlebt habe). Und es war auch eine wunderbare Zeit trotz des erneuten Studentenstatus. Die Orgel hat es tausendmal zurückgezahlt. 🙂 Und es gab wundervolle Leute.
Ich mag Langlais, vor allem die wirklich abstrakten, modernen Werke. Sie erinnern mich an meine, obwohl ich sie zuvor nicht kannte.

Erzeuge, aber nimm nicht in Besitz. Fördere, ohne zu beherrschen. (Lao-Tse)

Das Konzert gestern war sehr schön, wieder hatte ich Standing Ovations. Die Leute sind begeistert und schauen mich von oben bis unten an, als würden sie sich wundern, dass ich die große Orgel gespielt habe. Ich gebe zu, ich wundere mich selbst darüber. Ein von Mozart durchwebtes Programm von 75 Minuten. Beide Fantasien f-Moll und das Andante. Der März hat sehr gut begonnen.

Man hätte in einem Päuschen Mozartkugeln anbieten können, ganz recht. Es war ein Frauenpower-Konzert: Thalea ist die beste Blätterin, oder Blätteresse, die ich je hatte, und Anke eine der tollsten und bescheidenste Kantorin. Man erkennt am Blättern, wie musikalisch jemand ist. Ich habe bei Thalea gar nicht gemerkt, dass sie blättert, so gut war es, samtig und unsichtbar. Da die Orgel etwas auf einem Podest steht, musste sie um mich herum springen, da meine Noten besonders geklebt sind, lange Bandwürmer, da ich immer darauf gefasst sein muss, allein blättern zu können. Ich bin froh, dass Tobias auf die Idee kam, die Noten als Kompaktes, Ganzes zu blättern, indem man sie übereinander legt, vor allem bei Mozart und Liszt B-A-C-H.

Die Setzer habe ich alle selbst bedient, das ist mir sicherer. Dennoch habe ich das Gefühl, es gibt Heinzelmännchen (böse) in Orgeln: Es ist oft mindestens ein Setzer spurlos verschwunden. Ich habe sogar das Gefühl, es sind Heinzelmännchen in Noten: Plötzlich sind Fingersätze verschwunden. Es ist immer ein spannendes Abenteuer.

Was macht denn so Spaß an einem Orgelkonzert? Das Unberechenbare, das Bedienen der Tasten, Schweller und Setzer mit Händen und Füßen, das Glücksgefühl, wenn eine Setzerkombination noch da ist und funktioniert, das Einregistrieren, ja, das Verstehen der Orgel und des Raumes und das Sich-Verbinden mit Orgel und Raum, denn der wichtigste Registerzug ist die Akustik, die Artikulation, die Frage, wie es den Zungen geht und ob etwas verstimmt ist, das Verschmelzen und Kommunizieren und Aufeinanderabstimmen der Werke, das Mischen der Farben –

Kurz, das Technische und Komplexe an der Orgel, und dass Leute hin und wieder gern ohrenbetäubend gerauscht sein wollen inklusive mir. Ja, der Klangrausch. Nach fünf Stunden Einregistrieren höre ich auch nichts mehr. Ersetzt jede Disco und jedes Rockkonzert.

Empfehlen kann ich die Heizdecke stoov – sie ist relativ kabellos. Zum Üben gut zu verwenden (jedoch nicht im Konzert. Im Konzert geht auch keine Miniheizung. Aber das braucht man dann auch nicht mehr). Meine Stücke Snö und Längtan kamen auch gut an.

Was schrieb Mozart? “Als ich Herrn Stein sagte, ich möchte gern auf seiner Orgel spielen, denn die Orgel sei meine Passion, so verwunderte er sich groß und sagte: Was, ein solcher Mensch wie Sie, ein großer Clavierist und Pianist, will auf einem Instrument spielen, wo keine Expression ist?” So ähnlich sprechen Leute auch zu mir. Aber die Orgel hat Expression. Man muss sie nur zu beherrschen wissen.

17. Januar 2020

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Make organ alive!

Stabilisiere den Wind.

Musik ist in dem Haus nötig wie die Orgel in der Kirche. (Elise Polko)

Wenn der Flügel anders steht, zum Beispiel diagonal, hat dies schon zunächst eine Auswirkung auf mein Spiel. Die Stellung des Flügels ist also wichtig.

Gern mag ich immer noch die einfachen, hellen Upright-Klaviere, aufgrund meiner Kindheit und des Klaviers in meinem Zimmer, das ich immer sah, wenn ich aufwachte. Ich mag den Touch dieser Klaviere. Meist sind sie hellbraun.

Ich habe gehört, es gibt Laien, die nennen Organisten Orgelnisten oder Orgler, und sie fragen, “wann man seine eigene Orgel baut”. So etwas alles ist mir allerdings noch nie passiert. Ich habe nur das Gefühl, ich habe Orgelfüße bekommen und kann selbst dann, wenn der Bus oder der ICE schräg stehen, immer noch gut mit Halt stehen.

Traurig ist, dass überall, wo man geht und steht, eine Verwahrlosung und ein Verkommen der Sprache, des Rhythmus und der Musik geschieht. Man findet kaum noch einen Hinweis oder ein Schild mit Aufdruck, geschweige denn handschriftlich, was grammatikalisch richtig ist und alle Kommas aufweist. Teilweise 3-5 Fehler in einem Satz. Und gedudelt wird aus jedem Ohrstöpsel.

Bald geht es nun nach Beethoven zu den acht… nein, nach Saarbrücken zu den acht Beethoven-Konzerten, nach Kaiserslautern, dann nach Wiesbaden (Orgelkonzert), Heilbronn (Klavierabend), vorher Hannover, Hamburg… Ich darf nicht vergessen, mein Airdrop auszuschalten, denn es gibt Leute in ICEs oder anderen Verkehrsmitteln, die sofort iPhones finden. Dann erhält Phönchen seltsame Foto-Angebote.

Nachtzug nach Lissabon zumindest als Film kann ich nicht empfehlen, im Grunde ist es eine abstruse Vermischung aus Politik, unchristlicher Philosophie und plakativer Liebesgeschichte. Gott wird mit immer denselben Vorwürfen bombardiert, während applaudiert wird, und die grauenvolle, melancholische Filmmusik plätschert dazu pausenlos mit Terzengeklimper vor sich hin. Treulosigkeit, dienende Frauen, die sich dauernd schuldig fühlen (“Gar nicht für”), ältere Männer von jungen Frauen umspült, Frauen, die nur dazu da sind, um Männer in deren Seele zu führen, und die typischen Dialoge: “Ich weiß gar nicht, warum ich Ihnen das alles erzähle.” “Ach, ich bin so fasziniert von Ihnen.” Wer halt wohl was gesagt?

Ich finde, es klingt niedlich, wenn Europäer Scheiße sagen. Besonders bei Franzosen.

Katie Meluas Stimme gefällt mir.

3. Januar 2020

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Digital?

Das Gesetz ändert sich. Das Gewissen nicht.

(Sophie Scholl)

Neues Jahr. 2020.

Unter meinen Konzert- Terminen kann jeder nun auch Datum und Jahr in die Suchfunktion eintragen.

Ich genieße die Zeit an meiner dreimanualigen Hauptwerkorgel; an dieser meiner digitalen Hauptwerkorgel spüre ich zwar nicht den Wind, nicht die Lade. Ich habe hier nicht das Gefühl für Wind und Lade und Ansprache und Mechanik. Die Lade spüre ich nur an realen Orgeln über die Tasten. So ist meine Übeorgel eine Art Simulator, aber ein sehr guter, und ich habe sie als Trainingsinstrument für Motorik, Analyse, Erarbeitung und Koordination. Meine Vorstellungskraft hilft, und ich spiele auch viel an realen Orgeln. Aber es ist gemütlich an ihr daheim, das Üben mit Kerze, Tee, Balkonaussicht und Licht und Wärme lässt mich mehr als dreimal so viel üben.

Empfehlen kann ich heute Menschen im Hotel von Vicki Baum, eine unglaublich zarte, kluge und intensive Sprache. Und den skandinavischen Film The Wave, auch wenn die Filmmusik nicht gut ist. Und den französischen, traurigen Film Liebe mich, wenn du dich traust – trotz eingefahrener Rollenbilder und auf der einen Seite sehr unrealistisch und auf der anderen Seite erschreckend realistisch. Was ich manchmal nicht verstehe ist, wie Männer Bart gut finden können – ich muss wirklich sagen, ich finde in den allerseltensten Fällen Bart gut. Bart ist ungefähr gleich gut wie Schnarchen.

28. Dezember 2019

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Ausländerin in der Orgelwelt

Geschlechterrollen nicht wechseln, sondern sprengen!

Bedenklich und traurig finde ich, dass es keine Domorganistinnen gibt, keine Orgelprofessorinnen, kaum weibliche Dozenten und weibliche Instrumentalisten in den Kirchenmusikabteilungen (Ausnahme Sängerinnen), kaum weibliche Orgelsachverständige, dass die Zeitschrift Ors Organi in vieler Hinsicht eine reine Männerzeitschrift ist, als würde man eine Heimwerkbroschüre von OBI von 2006 lesen (selbst OBI etc. sind modern geworden und haben das Rollenklischee verlassen), dass einige Domorganisten bewusst zusammenhalten gegen Frauen, Frauen ausschließen, sich gar von talentierten Frauen bedroht fühlen. Nur die ganz lieblichen, schüchternen, angepassten Frauen finden sie nicht “gefährlich”. Wenn Frauen überhaupt mal spielen dürfen, dann sind es extra “Frauenkonzertreihen”.

Ich selbst bin Ausländerin in der Orgelwelt, komme (Gott sei Dank) aus einer anderen Welt.

In vielen Kirchen sind seit Jahrzehnten nur Maenner an den Orgeln angestellt. Vor allem in katholischen Kirchen (“It’s a Guy’s Club”), jedoch auch in Frankreich oder in evangelischen Kirchen (“Who has the bigger organ?”). Manche bruesten sich auf einer Tafel, auf der nur Maenner-Namen stehen. Man sagte mir, Kirchen waeren noch das totale Patriarchat, Maenner “halten hier gegen Frauen zusammen”. Und da wundern sich Kirchen, dass keiner mehr Zeit, Interesse und Geld fuer den Guy-Club oder Orgelkonzerte hat, da alles langweilig, immer das Gleiche fern von Gott ist. Manche beruehmten Organisten haben Ehefrauen, die bessere Organistinnen sind als sie selbst, aber lassen die eigenen Frauen sind ran. Was sind das fuer Ehemaenner?

Bedenklich und traurig finde ich, dass in (akademischen) Kommissionen Rangordnungen eingehalten werden, um gewissen Männern “diplomatisch” nicht auf den Schlips zu treten. Das ist die sogenannte hidden agenda laut Modler. Egal, was offiziell vermittelt wird, die hidden agenda zählt. Für Männer sind es oft Macht-Ego-Spielchen um Statussymbole. Für viele Frauen aber geht es ums Ganze. Wichtig: Gerade die, die einen lächelnd angreifen, sind besonders gefährlich.

Frauen stecken oft aus Furcht zurück, weil sie gefallen und Konflikte vermeiden wollen. Dadurch werden hochbegabte Künstlerinnen oft in den Schatten getreten. Deswegen Modler hat Recht: Diese Spielchen von Männern mitzuspielen ist für Frauen unerlässlich, auch wenn sie nicht wollen. Auch wenn es nervig ist, da Frauen nicht an Rangordnung,  sondern an Inhalte interessiert sind.

Auch wenn ich dieses offensichtliche Machtgerangel nicht mag, kann ich nicht erwarten, mich in dieser Welt nur aufgrund von Begabung und Leistung gegen vertikale Kollegen leicht durchsetzen zu können. Man kann sich nicht heraushalten. So ist diese Welt. Und: Männer sind keine verkleideten Frauen. Als Frau ist es daher wichtig, beide Sprachen genau zu kennen und hervorragend zu sprechen: vertikal und horizontal. Und dies besonders deutlich. Zweisprachig sozusagen. Es gibt vertikale Männer, die sind taub, wenn Frauen horizontal mit ihnen sprechen. Sie reagieren nicht auf Klären, Begründungen, Gefühle, Inhalte, sondern nur auf vertikales Kommunizieren: non verbal, kurz, territorial, kühl. Dieses Vertikale ist oft noch eine Fremdsprache für mich und für viele Frauen. Doch sie muss wie jede andere Sprache trainiert werden. Denn das rein Horizontale ist auch nicht immer gut. Sie zwingt zu einer Art Teamideologie, in der Andersartige oder Herausstechende bestraft werden. Ich bin froh, dass es auch lustige, nette, höfliche, gutmütige und kluge Menschen gibt in beiden Systemen.

Wir sind kein Produkt des gesellschaftlichen Spiegels. Charakter ist der Preis für wahren Erfolg. Frauen dürfen nicht vergessen: Männer, die sich sexistisch verhalten, können dennoch sehr charmant sein; Frauen sollen zum Flirten, für Dienstleitungen und Vergnügungen gern zur Verfügung stehen. Jedoch sehen diese Männer Frauen nicht auf der selben beruflichen “Mensch-Stufe”. Sie erwarten oft, dass Frauen beruflich scheitern. Daher: Meide die Auseinandersetzung nicht. Jedoch die höchste Kommunikation ist eine echte Win/Win-Situation für alle. Das ist das Ziel. Leider gibt es sehr viele, die ihren Gewinn nur im Verlust für den anderen sehen.

Ich frage mich manchmal, wie wohl Marilyn Monroe gewesen ist. Als Mensch.

9. Dezember 2019

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Impuls 6:

Einheit, Zweiheit und Entzweiung

Entzweiung ist etwas anderes als Zweiheit. Zweiheit ist Einheit, oder sollte es sein, kann es sein; ist es von Natur her; ich würde von Dreiheit ist Einheit sprechen; jedoch Entzweiung ist das Verabsolutieren von Gegensätzen und Widersprüchen mit dem Ziel der Trennung und der Zerstörung von kreativen Synergien (die durch Unterschiedlichkeiten, Gegensätzen und Widersprüche, durch das Kreuzen von Vertikal und Horizontal im Dialog erst entstehen.)

Wie schreibt Henri Frédéric Amiel: “Doch selbst wenn wir eine ethische Wahrheit auf alle Arten durchdrungen und besessen haben, kann sie sich uns dennoch entziehen.” Wie? Wenn wir Wahrheiten zwar erkennen, aber nicht leben, wenn Wahrheiten nicht in unser Sein eingedrungen sind, sondern wenn wir sie an uns binden wollen, wenn es uns mehr um uns als um die Wahrheit geht, dann werden wir außerhalb von ihr bleiben.

Denn es geht nicht um das Besitzen von Wahrheiten; nicht um Eitelkeit; sondern um das Leben von Wahrheit und das Weitergeben. Um das Vorleben und Lehren. Um Sein von Wahrheit. 

Einheit ist kostbar und zerbrechlich. “Wer sein inneres Gedankengebäude nicht zu verändern vermag, wird niemals die Realität verändern und keinen Fortschritt erreichen.” (Anwar El-Sadat).

Das Evangelium hätte nie die Welt durchdrungen, wenn Jesus sich seine Anhänger ausgesucht hätte: “Bei dir passt mir die Nase nicht.”

Was ich am meisten an Jesus mag: Er hat die typisch vertikale männliche Kommunikation von Revier, Besitz, Bühnenverhalten und Hierarchie verlassen. Er hat die Rangordnung nicht klargemacht. Jetzt erst und heute wird mir bewusst, was er als Mann damit geleistet hat. Wie revolutionär! Das ist ungetoppt! Nie wieder so dagewesen! Und dann noch als Gott! Er wurde nicht unsicher, weil er nicht ständig sagte, dass er der Heiland, Retter und Richter sei. Er sagte es selten. Er wurde gefragt. Er fragte und hörte zu.

Es hat ihn nicht irritiert und verwirrt, dass die Rangordnung ins Wanken kam, dass sterbliche Menschen den ungleich Höhergestellten ablehnten. Er musste nicht “der große Macker” sein. Er drückte nichts durch. Er suchte keine Zeugen und Indizien, er wurde das Lamm. Er ließ sich verurteilen! 

Als Kind hatte ich dies sein Verhalten eine Zeitlang als “Softie-Verhalten” missverstanden. Heute ist mir durch meinen eigenen Alltag klargeworden (und durch das Buch Das Arroganz-Prinzip von Modler, in dem er das vertikale Verhalten von Männern detailgenau beschreibt, was ich täglich erlebe), was für eine enorme Kraft und Power im Verhalten Jesu steckt. Dadurch kann ich mit Erleichterung deutlich feststellen: Das Verhalten Jesu als (Prototyp) Mensch auf dieser Erde ist so dermaßen “unmännlich”, dass es klar ist, dass Gott auf keinen Fall ein Mann ist (was viele behaupten, da er sich Vater nennt). Er ist die perfekte Synergie aus horizontal und vertikal, aus männlich und weiblich. Kreuz. Er ist Vater und Mutter, Bruder und Schwester, Mensch und Gott. Auch die akademisch-frauenfeindlichen Hierarchien und der “ganz normale” tägliche Alltagssexismus in Hochschulen und Kirchen sind durch Jesus an den Pranger gestellt. Das verärgert viele. Die Rangordnung muss doch ständig für viele Männer klar sein!

Ganz klar verurteilt die Bibel durchgehend das vertikale Machtstreben von Männern. Die Bergpredigt ist das Gegenteil von dem, was heute überall gang und gäbe ist. Unser Auftrag, den wir haben, lautet: das Gegenteil zu sein. Dazu gehört viel innere Kraft, Selbstsicherheit, Demut und Weisheit. Bach war so einer. Erstaunlich ist, dass es auch Männer gibt, die anders sein wollen und anders sind. Gott sei Dank. 

Im Himmel zählt nicht mehr Mann oder Frau. Endlich! Bis dahin ist durchhalten. I love you.

8. Dezember 2019

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Musikalischer Impuls 5: (Gesegneten 2. Advent!)

Cembalo

Ich mag das Schwungvolle und Gefühlvolle der sogenannten Alten Musik. Wie kann so ein Zupfinstrument mit Tasten Sprache malen?

Das Cembalo ist für mich exotisch. Als würde ich in die Vergangenheit reisen und als wäre ich Bach dadurch näher. Beim Cembalospiel erwacht Bachs Epoche und seine Werke und all die Epochen zuvor zu ganz neuem Leben. Ich hoffe, nächstes Jahr ein eigenes Cembalo zu bekommen. Ich brauche jeden Tag meine motorische, tägliche Dosis von Anschlag Flügel, Cembalo, Orgel. Viele Pianisten können mit Cembalo nichts anfangen; viele Organisten auch nicht.

Als hätte ich einen Reifrock oder ein Kleid aus seiner Zeit an, als wäre ich auf einem Ball und werde zum Tanzen aufgefordert. (Und tripple mit kleinen Schritten davon.)

Spaß beiseite: Wichtig beim Cembalo-Spiel ist natürlich, dass beide Hände unabhängig voneinander sein können, so dass sich die rechte Hand mit Melodien und Linien (das Horizontale) frei vom Vertikalen (Akkorde) der linken Hand und auch unabhängig von deren Betonungen und Struktur bewegt und entkoppelt ist, damit diese Ebenen nicht aneinander kleben. Dabei soll die freie Melodie und auch die Verzierungen weich, nicht hölzern oder hart klingen. Die Verzierungen sind bei Louis Couperin besonders wichtig; hier nicht überartikulieren; ich liebe seine Unmeasured Préludes; hierzu hilft es, die Hände dicht an den Tasten zu lassen, um den Druckpunkt besser zu spüren. Gitarrenmusik.

Ich mag das Überlegato beim Cembalo. Ich habe schon einiges am Cembalo gespielt, Muffat, Froberger, Steigleder, Böhm, Couperin und Bach; die Regeln, wie man Akkorde bricht, wie man Klang steigern kann: hochinteressant. Auch das Cembalo weckt den Spieltrieb in mir.

Den Aufbau von Musik lernt man an “nicht-dynamischen” Instrumenten oft besser, denn es ist, als würde man in härterem Ackerboden graben. Man muss einfach Dynamik, Spannung und Entspannung durch Artikulation (bei Sequenzen, Synkopen, Kadenzen, Dissonanzen und Auflösungen…) herstellen – und die Feinheit dabei erreichen. Die Feinheiten sind die Kunst.

Empfehlung: Sehr empfehlen kann ich den Film Sein oder Nichtsein von E. Lubitsch.