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Recording Artist

1. Oktober 2020

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My hands are of your colour; but I shame to wear a heart so white. (Shakespeare)

Wenn man eine hervorragende Organistin oder Organist sein möchte, muss man sich (außer mit vielem Üben) viel mit Reisen, Geschichte, Mentalität, Orgelbau, Klängen und Akustik beschäftigen. Wenn man nur an der eigenen Orgel hockt, wird man keinen Zugang zur Exzellenz finden. Warum? Weil Orgelspiel viel mehr ist als fehlerloses Spiel oder Üben. Es ist Wissen, Kennen, Wachstum, Reife und Musikalität. Es gehört viel Leidenschaft dazu, dieses Instrument zu erkennen. Man muss eine Beziehung zu diesem Instrument im Allgemeinen aufbauen. Das kostet Kraft und Zeit, weil die Orgel eine enorme Persönlichkeit ist. Das ist das, was ich am meisten an der Orgel mag: Ihre Persönlichkeit.

Man muss Dispositionen auf dem Papier analysieren, blind registrieren können, Klänge, Frequenzen und Klangbilder auf CDs erkennen, Stile und Kirchenstile wissen, Akustik und Raumgrößen abschätzen können, also alles Fähigkeiten und Interessen, die man nicht über Nacht erwirbt und die man auch nicht “büffeln” kann, sondern die durch Erfahrung und Herzblut entstehen: Wie klingt eine durchschlagende Klarinette, wie ein weicher 32-Fuß, welche 2-Füße? Es ist theoretisches Wissen, das im Grunde aktives Wissen ist, künstlerisches.

Man braucht ein Bauchgefühl und ein Verständnis für die Orgel. Und dabei muss man innen flexibel und weich bleiben, nicht starr und in Regeln verhaftet. Man muss Regeln kennen, um sie brechen zu können. Wenn man Regeln nicht kennt und sie bricht, ist dies naiv. Aber wenn man Regeln kennt und bewusst bricht, dann entsteht Kunst. Viele sind zu ängstlich für wahre Kunst. Ich glaube, dass die, die Regeln zu hochhalten, meist die sind, die eben nicht gereist sind, die eben nicht so viel kennen, die die Ausnahme der Norm nicht kennen, die Regeln missverstehen, die im Grunde kunstfeindlich und experimentenfeindlich sind und massive Angst vor Fehlern haben, Theoretiker, Lehrer. Bach konnte nicht viel reisen, aber er ist “gereist” durch seine Abschriften, durch sein Interesse an der Vergangenheit, durch sein Kennen der Stile, durch seine Vorstellungskraft. Dadurch hat er noch viel mehr geleistet und noch viel mehr Türen geöffnet.

26. Oktober 2019

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Wiegleb-Orgel St. Gumbertus, Bachorgel Ansbach

Wir parkten auf dem Johann-Sebastian-Bach-Platz und gingen zur Orgel. Diese wunderschöne dreimanualige, mitteldeutsche Orgel von 1739 (in der Zeit schrieb J.S. Bach seine Clavierübung III) mit langen Registern  und Goldknöpfen, eine Fürstinnen-Orgel, Schleiflade mit Druckpunkt, eine Crescendo-Orgel, einem Schweller, der am Boden langzieht in der Form eines Bügeleisens, HW unten, OW in der Mitte, OW oben, steht also in Ansbach in der evangelischen Kirche St. Gumbertus, der ehemaligen Hofkirche. Die mächtige Barockorgel mit 45 Registern stammt aus der Tradition der Thüringer Bachfamilie (Erfurt, Arnstadt), die mit Orgelbau auch in den Süden gegangen ist. Lange Zeit stand dann später eine schöne Steinmeyerorgel hinter der Wiegleb-Fassade, bis diese wieder neu konstruiert wurde und die Steinmeyer-Orgel entfernt. Es gab hierzu einen langen Krieg. Nun ist die Wiegleb-Orgel wieder da, und sie ist sehr schön, die vielen edeln Achtfüße sind ein Genuss, und man kann diese auch sehr schön kombinieren, immer wieder Neues ausprobieren mit Flöten, Streichern (Gambe, Salicional) und Zungen: Sogar die Vox Humana blökt fürstlich.

Schön finde ich, wenn Orgeln keine grellen Mixturen und Labiale (besonders Prinzipale) hat. Oder wenn man dann zumindest in delikate prinzipalische Stimmen ausweichen kann wie hier, da es viele Achtfüße gibt, eine schöne Zimbel, auch eine Quintatön 16-Fuß im OW und einen 32-Fuß im Pedal, wie ihn auch Bach hatte. Ich liebe es, wenn man Bach mit 32-Fuß spielt und wenn eine Orgel vom Tenor aufgebaut ist, nicht vom Diskant her, der sonst nur klingelt und zu dominant ist, so dass man die Mittelstimmen gar nicht mehr hört. Ich mag es nicht, wenn das Pedal zu dünn oder zu schwach ist.

Je weniger man koppeln muss, desto freier ist man, wird nicht beschränkt. Leider ist obligates Pedalspiel in Ansbach durch das Durchgekoppelte der Pedalkoppel erschwert. Normalerweise sollte sie nur mit dem ersten Manuel koppeln. Wichtig sind auch Transmissionen, die Verbindungen ohne Koppeln zulassen, so dass beispielsweise Klarinette, Traversflöte und Salicional auch in einem anderen Manual erklingen können, ohne dass man koppeln muss – wie Lenter-Orgeln sie oft haben.

Auch hier tauchte ich wieder ein bis zum Druckpunkt; so kann auch ohne ständigen Registerwechsel das Spiel lebendig und dynamisch sein. In Maihingen war nicht jeder Ton equalized, so dass allein dies schon den Ton schwingen lässt.

12. Juli 2019

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Poesie an der Orgel – meine Seelenverwandte

Die Orgel: She’s like the wind … 

Es ist doch erstaunlich, dass manche Organisten glauben, es ginge hauptsächlich um die Größe der Orgel. Ich finde, ein solches Denken ist das Gegenteil von Musikalität. Natürlich ist es eine Zeitlang sehr spannend und verlockend, die großen und größten Orgeln der Welt zu bestaunen und zu spielen. Aber irgendwann sollte man damit einigermaßen gesättigt sein und nicht dort stehenbleiben. Dann geht es schließlich wieder um die Musik. Hierbei geht es um den schöpferischen Klangwillen. Dabei ist die Größe der Orgel nicht entscheidend. Darum geht es nicht.

Bachs Trio-Sonaten haben mit “der Größe der Orgel” nichts zu tun. Auch nicht mit “raffinierten” Setzeranlagen oder “geschickten” Registerkombinationen oder einem “Maschinendenken”. Immer neue Gebilde entwachsen aus den Triosonaten, Vereinigungen, Einheiten. Hier muss man einfach sehr gut spielen können, gut hören, musikalisch sein. Durch nichts wird der Mangel hier “verdeckt” oder kompensiert.

She’s taking me to moonlight, only to burn me with the sun…

Natürlich muss man sich auch mit der Wucht und der Größe einer Orgel und ihrer enormen Komplexität identifizieren. Das tue ich. Ich habe oft das Gefühl, die Orgel ist mir sehr ähnlich: komplex, variierend, voller Power und Schönheit, in gewisser Weise geheimnisvoll, überbordend, sowohl introvertiert wie auch extrovertiert, gewaltig. Dennoch ist – und ich habe oft das Gefühl, danach lechzt die Orgel – der sanfte, lyrische, virtuose, pianistische, kammermusikalische Zugang sehr wichtig, die Poesie an der Orgel, das Weibliche.

Manche meinen, je größer und komplexer die Orgel ist, desto männlicher wäre sie. Ganz im Gegenteil. Frauen sind ja nun eindeutig wesentlich komplexer als Männer und auch viel runder :).

Einige traditionelle Kirchenmusiker blocken, wenn es um Organistinnen geht, tun sich selbst aber keinen Gefallen damit: Es geht um die Zukunft der Orgel.

She’s taking me to moonlight, only to burn me with the sun…

Die Orgel ist wie eine Freundin, eine Seelenverwandte für mich. Der Flügel ist wie ein scheuer, brillanter Liebhaber, ein Lover, oder besser, wie ein Ehemann, die Orgel wie meine große Schwester.

Sie ist eine sprechend-singende, imitierende Verkündigerin.

Im August wird meine neue Bach-CD bei Hänssler Classic im Saarländischen Rundfunk vorgestellt: am 6.8. um 11.20.

Curinga, Calabria

Das Konzert in Curinga war sehr schön. Eine sehr spannende Tamburelli-Orgel von ca. 1845, Rotelli-Orgel in der Terme Romane Curinga (Römische Bäder von Curinga). Die italienischen Prinzipale (vor allem kombiniert mit Flöte) sind sehr weich und warm. Die Pronesti-Orgeln (Betonung auf dem i) von Salvatore Pronesti gefallen mir sehr, auch die historischen Orgeln von Rotelli, alle italienischen Napoli-Orgeln.

Zum ersten Mal spielte auf dieser italienischen historischen Orgel jemand Bach Goldberg-Variationen. Natürlich spielen die Italiener Bach anders, romantischer. Dennoch war alles sehr schön. Ich spielte zudem Muffat, Pachelbel, Frescobaldi, eigene Kompositionen, Sweelinck. Ich, meinen geliebten Steinway zuhause, spürte die Knie hart an dieser alten grünen Orgel, fiel fast rückwärts in die Tiefe, da die schwere Bank am Abgrund stand, welche Prinzipale und Lebensgefahr.

Weiche Flöte, hartes Holz.

Interview Luxembourg Remy Franck

Die Presse in Italien und auch von Pizzicato Luxemburg waren sehr gut.

Presse Italien

Musik ist ein Fächer, ein Schutzschild.

Musik kann nicht erzwungen oder bezwungen werden, sie liegt wie das Meer oder ein großer weiter Strand vor mir. Musik kann ich trinken. Der Strand ist wie ein mittelblonder geflochtener Zopf in all den Lichtern.

Mein Klang. Meditation.

Art is strength under control. Welt hören.

12. Mai 2019

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Dom Wetzlar

Es ist schön, nachts in schummrigen Dömen zu üben, gestern im Dom Wetzlar. Umringt vom ruhigem Marktplatz, Pflastersteinen und grünem Mailaub, vom Mond, regennasser Luft spielte ich Vierne. Heute ist das Konzert. Die Beckerath-Orgel in Wetzlar ist wunderschön, das Programm: Bach, Liszt, Buxtehude, Messiaen, eigene Werke. Bereits heute und gestern in den Gottesdiensten gespielt, auch am wunderschönen Steinway. Die ohnmächtige Vernunft wird von der Musik aufgefangen.

Bonn Orgelfirma Klais 

Heute war ich in Bonn, Orgelfirma Klais, es duftete nach Holz. Es war sehr schön zu sehen, wie diese großen wertvollen Pfeifen hergestellt und gelötet werden, Windladen, Bälgchen, die Kernstücke einer Orgel. Es war spannend, wie Tasten aus Holz und Knochen verarbeitet, Schnitzereien, Engel und Gehäuse gezeichnet und erarbeitet werden. Eine große Werkstatt. Drei bis vier Orgeln pro Jahr werden hergestellt im Wert von ca. 1,5 Millionen Euro pro Orgel, in alle Welt (Polen, USA, Deutschland, Schweiz…). Es stimmt, dass die Orgel das einzige Instrument ist, dass bereits Energie liefert. Der Organist braucht keine Energie zu geben: Dies hat enorme Nachteile. Manche Organisten können damit nicht umgehen, was sich in maßloser Macht und Lautstärke ausdrückt. Es ist geklaute, billige Energie, was Pianisten und Trompeter etc. so nie liefern könnten und würden. Nun habe ich selbst viel Energie. Meine Energie trifft auf die Energie der Orgel. Ich hoffe, dies wird ein wunderbares Duett. Philipp Klais hat alles wunderbar erklärt und gezeigt.

Es ist nun eine Woche her, dass ich in Amsterdam war. Ich liebe diese Stadt. 

Voll, dunkel und etwas aus den Fugen geraten blies die Beckerath-Orgel Frankfurt über mich hinweg; schnell fügte ich meine Fuge ein. 

 

Martin Perscheid 

 

2. Januar 2018

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Leipzig und Lutherjahr

Nachdem ich wieder neue Bilder bei Erwin Wiegele in Österreich im Atelier gemalt habe (Crayon, Coal, Acryl) bin ich nun im Mendelssohn-Haus in Leipzig.

Luther-Jahr mit Luthernudeln und Lutherol: “Personen mit päpstlichem Hintergrund sollten Lutherol nur in Rücksprache mit einem Beichtvater einnehmen…” 🙂 Dann Konzerte in Döbeln in der Nikolaikirche, auch dort eine Luther-Statue. Thema Angeschlagen. Und ich an der Orgel.

Ich freue mich auf Künstlerfotos mit Silvia Gralla. Durch die Orgel und Bach komme ich kaum noch dazu, Jazz zu spielen, denke aber gern zurück an meine Jazzkonzerte auf dem Umsonst & Draussen-Festival, im Omnibus Würzburg…

31. Dezember 2017

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Silvester 2017, Konzertjahr 2017

Das Jahr 2017 war sehr spannend:

Klavier-Recital im Rotary Club Rudolstadt, Klavierabend in der Heidecksburg, Lesung im Literaturhaus Darmstadt Vortragssaal Lesebühne, Buchmessen Frankfurt und Leipzig, Spinnwerk Leipzig, Blüthner-Haus, Lesung mit Nicola Vollkommer, Lesungen und Buchpräsentation in Berlin mit Presse in der Morgenpost, Madame Tussauds Berlin. Freude am Steinway aus Hamburg, B 604174. Selected by me 2016. Dann Nikolaikirche Döbeln, Lunzenau, Heilbronn, Konzert Silbermann-Orgel Meißenheim, Magdeburger Kulturnacht, Reil-Orgel Rosenheim, Konzert Spitalhof Reutlingen, Immanuelkirche München, Hegelsaal, Stadthalle Braunschweig, HinzundKunz & com.Dichter Leipzig, Bildungswerk Kloster Irsee, Aulendorf, Sonderhausen, Wildbad Rothenburg, Luther-Stammtisch Bad Blankenburg. Dann Orgelkonzerte Liebfrauenhöhe, 1. Preis Villacher Literaturpreis, Faaker See, Lyrik am Starnberger See, meine neue Bach-Klavier-CD in Leipzig und Schwerin Hänssler Classic, die Fotos für die neue Bach-CD mit Gabi Krayl, Pascal Rössler, Ingmar Wein, Orgelstudium Frankfurt, Roman. Ich freue mich nächstes Jahr auf London: wieder Tower Bridge. 

Nein, das ist kein Klavier. 

Das ist mein Hobby!