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21. September 2013

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Degaiciai

Wenn ich Straßenschilder sehe mit Städte-Namen, wie Palanga oder Siauliai oder Ryga, dann kommt es mir vor, als sähe ich Namen von Personen, die es kennenzulernen gilt.

Bei meinen Verwandten in Degaiciai, einem kleinen Dorf in der Nähe von Telsiai, wird alles durcheinandergesprochen. Mein Onkel Clas spricht Schwedisch mit Clas Aleskas, meinem kleinen Cousin, der im September acht wird, und seine Mama, Maryte, spricht naürlich litauisch mit ihm. Und die beiden Eltern sprechen Englisch miteinander. Das heisst, dass Clas Aleksej dreisprachig aufwächst. Aber nicht nur das, Clas Aleksas spricht noch eine vierte Sprache fließend: Deutsch. Diese spricht er etwas mit Akzent, aber würde ich ihn mitnehmen nach Deutschland, er würde es sofort akzentfrei sprechen lernen. Schwedisch und Deutsch sind etwas ähnlich. Er lernt es über das deutsche Fernsehen, Kika. Er spricht sehr gerne Deutsch mit mir. Es ist manchmal schwer für mich, zu sehen, dass ein so hochbegabtes Kind in einem Dorf außerhalb der Welt lebt, von Hunden, Küken und Wiesen umgeben. Selbst innerhalb von Litauen kennen die Menschen bereits Telsiai nicht mehr. Die Schule meines kleinen Cousins sieht aus wie eine vor hundert Jahren aus einem Film.

Widerspiel

Lothar Zenetti schreibt, zu glauben macht nicht satt, im Gegenteil, es verhindert, dass man satt wird. Es macht sogar hungriger. Doch Hunger und Durst nach Gerechtigkeit weckt Glaube und ist der beste Koch. Und wenn wir dann Wasser schöpfen, wird es Wein.

Es ist nicht gut, mit geglückten Halbheiten zufrieden zu sein. Jedoch der Zwang zur Perfektion macht Kunst trotzig und nicht offen.

Nur im hungrigen Sattsein wird Musik weich und nicht gewaltsam in der Suche.

Das Klavier ist ein wissenschaftliches Instrument. Darauf zu forschen ist ein großer Teil jeder pianistischen Entwicklung. Forschung und Wissen sind kreativ, jede Forschung.

Warum kommt es mir dann vor, als würde man in Instituten eine Subwelt fern der Realität betreten, eine geheimnisvolle Bibliothek der Geschichte, ein Archiv der Ideologie, aus der man Formeln und Regeln zusammenträgt, als würde man an den wirklich wichtigen Dingen vorbeiwissen, an der Musik vorbei?

Um nicht betriebsblind zu sein, um sich Kreativität zu erhalten, sollte man auch auch im Ausland und in der freien Marktwirtschaft tätig sein. Viele Menschen scheinen ihr ganzes Leben in Schule und Uni zuzubringen und damit in einer umzäunten Welt der Anpassung, Abhängigkeit, Machtspielchen.

08. Dezember 2010

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Ravensburg

Das Konzert in Ravensburg/ Wilhelmsdorf lief wunderschön, der Saal war weihnachtlich geschmückt um den schwarzen Yamaha Flügel. Das Hotel war auf einem Berg, ich konnte die Schweizer Alpen und den Bodensee sehen, im Nebel, in der Sonne, im Schnee. Die Zieglerischen Diakonie-Werke hatten zum ersten Mal ein klassisches Konzert, erzählte mir Heiko Bräuning.

Dennoch liebten die Leute besonders meine Lieder und Piano-Improvisationen. Kurz vorher hatte ich einen Spreisel ausgerechnet in die rechte Zeigefinger-Fingerkuppe gerammt, aber wir bekamen ihn raus. Ich hätte sonst nur schmerzvoll spielen können.

Nächste Woche spiele ich dort in Fernsehgottesdiensten Bibel-TV an einem weißen Yamaha: Stunde des Höchsten auf dem Höchsten, Bodensee. Es wird gefilmt von dem Kamerateam um Immanuel Heims.

01. Februar 2010

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Klang

Morgen fahre ich nach Nürnberg und Fürth und freue mich, zu sprechen und zu spielen, Tage voller Klang, ich möchte gern über Glauben und Leben als Künstlerin sprechen und wie schwer das oft ist. Bald werde ich auch als Sprecherin in Neubrandenburg und Leipzig sein im März. Ich spreche eigentlich auch gerne über das, was in mir ist, ich habe das Gefühl, ich habe so viel zu sagen, was anderen helfen kann. Heute habe ich den Film Mein linker Fuß gesehen (Christy Brown) — oft konnte ich mich teilweise identifizieren mit dem jungen Mann, der gleichzeitig hochbegabt und sehr klug war und doch in mancher Hinsicht wie ein Krüppel war. Ich glaube, Schriftsteller sind insgesamt sehr klug, da sie sehr sensibel zusammenfassen können müssen, wenn sie nicht gerade irgendwo schweben. Manchmal schwebe ich beim Bachspielen. Gerade Sensibilität macht oft zu einer Art ‘Krüppel’.

27. Januar 2010

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Ballett

Im Ballett Schwanensee in der Meistersingerhalle Nürnberg gestern, das Russische Staatsballett — und bin enttäuscht. Erstens kam die Musik vom Band, von den Lautsprechern. Da entstand keine Atmosphäre. Außerdem waren die Lautsprecher so schlecht eingestellt, kein Dolby Surround, es hätten zumindest noch Boxen hinter uns angebracht werden müssen, so säuselte die Musik leise und quäkend oberflächlich in den großen Saal. Für mich aber ist die Musik bei Schwanensee das Wichtigste, dann erst kommt das Ballett. Tschaikowksy und ein großes Orchester schaffen erst einmal die Atmosphäre und den Rahmen. Durch die leise CD-Musik hörte man das Klappern der Schuhe der Tänzer, alles wirkte so leicht, so geübt, so gehüpft. Noch dazu war die CD-Aufnahme nicht das, was ich von Qualität her kenne. Ich weiß nicht, welches Orchester da auf Band war, aber ich kenne Schwanensee viel schneller, viel leidenschaftlicher gespielt. So waren die Tempi für mich auch viel zu langsam. Ich dachte, ich sitze in einer Übung ohne Schwere, ohne Gewicht, ohne Tiefe. Die Professionalität der Tänzer war groß und fast kalt, dass ich kein Gefühl, keine Füße und Hitze mehr spüren konnte. Da die Karten teuer waren, war das Publikum eher das biedere. Da trifft dann das große Professionelle auf das große Biedere, wegen dem Geld. (Für große Rockkonzerte wird ja auch sehr viel ausgegeben.) Als Kind hörte ich Schwanensee und träumte die Geschichte dazu. Nichts wird für mich je wieder so schön gespielt und erträumt werden wie das, was ich gehört habe als Kind, als die Erinnerung daran, ich kann das nicht mehr finden im Vergleich als Erwachsene. Ich musste weinen bei Tschaikowksy als Kind. Und jetzt, gestern, wäre ich fast eingeschlafen. Es war nett, es war gut, aber es war auch so nichtssagend.

Die Meistersingerhalle habe ich oft besucht, als ich ein Kind war, da wir ein Abo hatten, ich war mindestens einmal im Monat dort im Orchesterkonzert, und die Halle war so groß und leuchtend, und jetzt war selbst die Halle fast renovierungsbedürftig und klein. Es gab auch kein Eis mit heißen Himbeeren mehr in der Pause, sondern nur Brezeln und Bier. Aber natürlich fiel mir das nur am Rande auf.

Insgesamt dachte ich, hm, irgendwie kann das nicht alles gewesen sein, Kunst ist für mich mehr, viel mehr. Es kam mir vor, als wäre der Konzertsaal lechzend nach Kunst.

05. Dezember 2009

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Trinitatiskirche

Heute abend ist das Konzert in der Trinitatiskirche. Heute und gestern stand ich mit Foto in der Zeitung. Das Videodrehen gestern war spannend.

Durch die vielen schwedischen Filme träume ich schwedisch. Gestern Generalprobe mit Martin Zenck. Die Goldberg-Variationen begann ich in den USA zu studieren, in Phoenix an der Arizona State University. Dass ich dort studierte, war ein geführter Weg.

Die Waldstein-Sonate erinnert mich immer an meinen Papa. Meine pianistische ‘Haupttechnik’ verdanke ich ihm. Das Herz einer Künstlerin hat mir Gott geschenkt, aber mein Vater und auch meine Mutter, die mich bis vom vierten bis zum sechsten Lebensjahr unterrichtet hat, haben dennoch einen großen Beitrag in mir dazu geleistet, ein künstlerisches Herz zu bekommen. Das Leben als Künstlerin ist nicht immer leicht, doch erstaunlich ist, dass man als Musikerin Beziehungen aufbaut zu den Stücken, die man spielt; zu diesem Werk, Beethovens Waldstein-Sonate, hat sich eine besondere Liebesbeziehung entwickelt.

Beethoven hatte eine schwere Kindheit gehabt, wurde dennoch ein Komponist voll Disziplin, Leidenschaft, Konzentration, Fleiß und Vision. Seine Sonate op. 53 ist für mich ein pulsierender, freundlicher, hoffnungsvoller Lichtblick in seinem Schaffen. Der Drive dieser Musik weist weit voraus, ist in seinem drängenden, sehnsuchtsvollen, rhythmischen Streben nach vorne und nach innen prophetisch für die Einheit der Stile der Musik: die, die schon war und die, die ist und die, die noch kommen wird. Denn alle diese Musik ist schon da, sie muss nur noch entdeckt werden.

31. Juli 2009

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Kids und JS Bach

Die Bachvermittlung macht mir immer mehr Spaß. Musikvermittlung ist wichtig.

Tonstudio Würzburg

In einem Studio Lieder aufzunehmen wie in einem Saal ist noch einmal eine ganz andere Sache, an die ich mich langsam gewöhne. Es ist viel enger. Ich nehme spontan Klavier und Gesang gleichzeitig auf, ich will mich entspannen, damit meine Stimme weich klingt, weich wird, denn dann entspannt mein Atem, es dauert eine Weile, bis ich nicht mehr abgelenkt bin. Recording ist auch Vermittlung.

29. April 2009

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Lettland

Lettland ist sehr interessant. Einerseits hoere ich, dass 60 Prozent der Bevoelkerung Russen sind oder zumindest russische Eltern haben, und andererseits ist es nicht richtig, wenn ich Osteuropa sage, sondern wenn, Nordosteuropa. Was ich aber weiss, ist, dass Riga eine wunderschoene Hauptstadt ist, in der fast die Haelfte der Menschen Lettlands wohnt, dass die Menschen gastfreundschaftlich, interessiert, liebevoll sind und dass ich mich nach einem Tag wie zuhause fuehle. Besonders die Akademie, die Musikhochschule, ist ein ruhiger, gleichzeitig kreativer Ort, in dem die jungen Kuenstler nicht hip sind oder gestresst, sondern einfache und hart arbeitende Leute mit beiden Beinen auf dem Boden.
Überall auf den Straßen ist Straßenmusik in Riga (ich schreibe nun wieder an meinem eigenen Laptop: so habe ich die Umlaute mitgenommen. Diese Laute brauche ich ja auch). Das Institut der Musikwissenschaft ist interessant, vor allem, weil die Musikwissenschafter an der Akademie studieren, nicht an der Universität; in Deutschland ist Musikwissenschaft nur an der Uni möglich, und leider herrscht zu oft Konkurrenz anstatt Zusammenarbeit zwischen Universität und Musikhochschule. Eine persönliche deutsche Stadtführung durch Erasmus-Studenten der Musikwissenschaft hat mir die Stadt nahe gebracht.

Auch der wunderschöne Dom mit der weltberühmten Walcker-Orgel ist evangelisch.

22. März 2009

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Hagen. Volumina

Es ist interessant, wie unterschiedlich Menschen aus ganz Deutschland sind, wenn Meisterklassen zusammenkommen wie jetzt in Hagen — als würden wir aus anderen Ländern sein, Norddeutschland, Bayern, Franken, Ruhrpott, Ostdeutschland: Wobei ich diese Menschen sehr mag, sie haben etwas liebevoll ruppiges im Humor und sind schlagfertiger als ich, aber ohne zu verletzen. Und ich konnte wieder einen Zwischenstopp einlegen in Köln, um alte Freunde zu besuchen, die mich schon seit Jahren kennen. Ich habe in Köln einige Jahre gewohnt, während ich studiert habe.

15. März 2009

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Klangwerte und Resonanz

Am letzten Abend, kurz vor dem Konzert, bekam ich ein neues Lied, wie immer, samt Text, obwohl ich versuche, das zu vermeiden.

Lieder aus dem Gesangbuch sind eigentlich Sprache. Es ist schön, viel zu spielen und dennoch Ruhe zu haben.

Wir sind, weil wir hören. Wir sind keine Augenbeute.