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Konzerte

28. Oktober 2020

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Mit der Welt in Beziehung treten, sich Welt anverwandeln in einem vibrierenden Resonanzdraht. (Hartmut Rosa)

Wieder in Stade. Schnitger-Love. Mittlerweile ist mir die Orgel vertraut, ich begrüße sie mit zärtlichen Gefühlen. Aber natürlich ist sie mir auch noch fremd. Beides. Vertraut und fremd. Man muss sich erst wieder gewöhnen, wieder einrichten, wo HW (2. Manual) ist: ganz außen, welche Klänge wo im Rückpositiv, wie der Umfang und was nicht geht.. was muss ich arrangieren, ah, die kurze Oktave –

Wir haben später die Zungen gestimmt, die leisen, die ich möchte, also Dulzian im RP und natürlich das besondere Krummhorn im OW (3. Manual). Es ging recht zackig.

Was macht es beispielsweise schwer, an dieser Schnitger Trio-Sonate zu spielen? Es ist die etwas unbequeme Möglichkeit des Sitzens, dazu die nicht leichtgängigen Manuale (was mir ja entgegenkommt) und die noch fremden Klänge, die hinter dem Rückpositiv noch etwas abgewürgt klingen, so, als säße man in einem Tunnel, was natürlich in Alkmaar noch viel stärker ist, die große Schwester, die sehr große Schwester … dort ist das Rückpositiv so riesig, noch größer als in Hamburg, dass man gar nicht mehr das Gefühl hat, mit der Orgel verbunden zu sein, gar überhaupt noch an einer Orgel zu sitzen, man sitzt in einem Spaceschiff, in einer Höhle, in einem Tunnel, in einem Schrank. Und irgendwo in der Vorstellung schwebt eine riesige Orgel in einem, um einen, über einem.

Ich brauche meist Momente mit mir allein mit der Orgel, um mich zu akklimatisieren. Sie ist mächtig und dennoch klein, sie ist rustikal, aber sie ist zart (insbesonders das b1 im Pedal).

Das Hotel ist schön, Stade eine wunderschöne Stadt. Michael hat schon heute Abend alles aufgebaut. Ich bin über Harburg umgestiegen. Ich erinnere mich, wie schüchtern ich der Orgel das erste Mal begegnet bin, 2018.

Gefallen hat mir, was Martin Böcker über Monet und Musik sagte. Je nachdem, zu welcher Jahreszeit man ein Bild malt – zu welcher Tageszeit –  ändert sich das gleiche Motiv sehr stark. Genauso ist es mit Interpretationen vom gleichen Werk. Orgelspielen ist wie Malen. Ich glaube, das ist genau das, was ich liebe an der Orgel. Ich habe eine Gänsehaus bekommen, als er das sagte, denn es spricht mir aus dem Herzen.

Ich habe, weil mir das immer wieder wichtig erscheint, nachgedacht, wie wichtig Musik für mich ist. Ich glaube, ich kann gar nicht an mich heranlassen, wie wichtig Musik für mich ist. Ich würde mittlerweile sagen: Musik ist für mich wie Atmen. Ist für mich Atmen. Allerdings ist es das dann doch nicht alles: Ich brauche auch lebendige Herzwesen: Gott, Menschen. Ich kann merken, dass  durch die Kunst meine Seele sich immer noch formt und wächst. Ich kann manchmal richtig spüren, wie meine Seele Wachstumsschmerzen hat. Wachstumsmuskelkater. Ich glaube, noch schöner als die Welt zu bereisen ist, sein eigenes Wesen kennenzulernen: Wer man wirklich ist. Besonders wenn man Dinge tut, die man noch nie getan hat oder wenn man über sich hinauswächst oder wenn man hinter dem steht, was man tut oder wer man ist, oder wenn man erkennt, was noch fehlt. Und wie dankbar ich sein kann für all die, die mich unterstützen, in dieser Welt.

Zum oberen Zitat: Resonanz. Das funktioniert mit Musik sehr gut, besonders in Konzerten. Hier eröffne ich Resonanzräume, Resonanzzonen. Es bebt von Resonanz, von Widerhall, von Berührtwerden. Das ist mehr als Kompetenz, Können, Performanz. Das ist Beziehung.

Climate Change für Orgel 2020

Erzeuge, aber nimm nicht in Besitz. Fördere, ohne zu beherrschen. (Lao-Tse)

Das Konzert gestern war sehr schön, wieder hatte ich Standing Ovations. Die Leute sind begeistert und schauen mich von oben bis unten an, als würden sie sich wundern, dass ich die große Orgel gespielt habe. Ich gebe zu, ich wundere mich selbst darüber. Ein von Mozart durchwebtes Programm von 75 Minuten. Beide Fantasien f-Moll und das Andante. Der März hat sehr gut begonnen.

Man hätte in einem Päuschen Mozartkugeln anbieten können, ganz recht. Es war ein Frauenpower-Konzert: Thalea ist die beste Blätterin, oder Blätteresse, die ich je hatte, und Anke eine der tollsten und bescheidenste Kantorin. Man erkennt am Blättern, wie musikalisch jemand ist. Ich habe bei Thalea gar nicht gemerkt, dass sie blättert, so gut war es, samtig und unsichtbar. Da die Orgel etwas auf einem Podest steht, musste sie um mich herum springen, da meine Noten besonders geklebt sind, lange Bandwürmer, da ich immer darauf gefasst sein muss, allein blättern zu können. Ich bin froh, dass Tobias auf die Idee kam, die Noten als Kompaktes, Ganzes zu blättern, indem man sie übereinander legt, vor allem bei Mozart und Liszt B-A-C-H.

Die Setzer habe ich alle selbst bedient, das ist mir sicherer. Dennoch habe ich das Gefühl, es gibt Heinzelmännchen (böse) in Orgeln: Es ist oft mindestens ein Setzer spurlos verschwunden. Ich habe sogar das Gefühl, es sind Heinzelmännchen in Noten: Plötzlich sind Fingersätze verschwunden. Es ist immer ein spannendes Abenteuer.

Was macht denn so Spaß an einem Orgelkonzert? Das Unberechenbare, das Bedienen der Tasten, Schweller und Setzer mit Händen und Füßen, das Glücksgefühl, wenn eine Setzerkombination noch da ist und funktioniert, das Einregistrieren, ja, das Verstehen der Orgel und des Raumes und das Sich-Verbinden mit Orgel und Raum, denn der wichtigste Registerzug ist die Akustik, die Artikulation, die Frage, wie es den Zungen geht und ob etwas verstimmt ist, das Verschmelzen und Kommunizieren und Aufeinanderabstimmen der Werke, das Mischen der Farben –

Kurz, das Technische und Komplexe an der Orgel, und dass Leute hin und wieder gern ohrenbetäubend gerauscht sein wollen inklusive mir. Ja, der Klangrausch. Nach fünf Stunden Einregistrieren höre ich auch nichts mehr. Ersetzt jede Disco und jedes Rockkonzert.

Empfehlen kann ich die Heizdecke stoov – sie ist relativ kabellos. Zum Üben gut zu verwenden (jedoch nicht im Konzert. Im Konzert geht auch keine Miniheizung. Aber das braucht man dann auch nicht mehr). Meine Stücke Snö und Längtan kamen auch gut an.

Was schrieb Mozart? “Als ich Herrn Stein sagte, ich möchte gern auf seiner Orgel spielen, denn die Orgel sei meine Passion, so verwunderte er sich groß und sagte: Was, ein solcher Mensch wie Sie, ein großer Clavierist und Pianist, will auf einem Instrument spielen, wo keine Expression ist?” So ähnlich sprechen Leute auch zu mir. Aber die Orgel hat Expression. Man muss sie nur zu beherrschen wissen.

25. Februar 2020

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Folge nicht den Fußspuren der Meister. Suche, was sie gesucht haben. (Basho)

Diese Erde scheint am Ende, überall Horror-Nachrichten, und was mache ich? Ich spiele Orgel und Klavier. Ist schon seltsam. Aber solange noch Vögel singen?

Früher mussten die Organisten genau lernen, wie man mit Walze spielt. Heute nicht mehr. Viele mögen Walze nicht so gern. Ich schon. Man muss eben darauf achten, dass die Walze meist auf alles greift, auf die Lichter, die helfen, weil sie anzeigen, wo sie sich befindet, und ganz genau und vorsichtig abwägen können – auch wissen, wie sensibel sie zu bewegen ist (meist nach unten laut und nach oben leise). Früher wurde auch gelehrt, wie man völlig selbständig blättert und ohne Hilfe registriert. Das mache ich meist ohnehin schon selbst.

Ich mag meine alten Noten gern, sie sind wie ein altes Nachthemd, in dessen vertrautem Duft man selbst im fremdesten Hotelzimmer gut schläft, oder wie mein altes Konzertkleid, das mir selbst in der kältesten Kirche oder an der fremdesten Orgel vertraute Gefühle weckt.

Ich habe festgestellt, dass manche Menschen recht ruppig mit ihren Instrumenten umgehen, Kameras oder Handys auf den Flügellack knallen etc. Das würde ich nie tun. Mit Sorge lass ich nur Samtenes in die Nähe meines Flügels.

Schade, dass sich Künstler und Kantoren manchmal wenig verstehen. (Manchmal aber sehr gut. Es gibt ja auch wirklich nette, besonders dann, wenn Kantoren selbst Künstler sind.) Ich erlebe leider, dass manche langjährigen und erfahrenen Kantoren nicht wissen, was ich meine, wenn ich von Orgeln spreche. Die nicht kennen, was ich fühle, die nie diese Leidenschaft kannten, die nach Schema F klingen, als wären sie von gestern; die leider nicht außerhalb der Box denken gelernt haben. Kantor ist Kontor?

Auf manchen Orgelreihen haben noch nie Frauen gespielt, wurden noch nie Frauen eingeladen. Und das, obwohl “hochkarätige” Leute sie betreuen. Auch das Kessel-Festival (wenn auch ganz andere Sparte von Musik, eher Rock, Pop, Jazz) hat als Haupt-Acts 2020 zu 90 Prozent erneut nur Männer eingeladen. Als ob die Bühne nur Männern gehört. Und Männer nur Männern etwas zutrauen. Ein Hauptproblem sind auch frauenfeindliche Frauen. Warum gönnen viele Frauen Frauen keinen Erfolg?

Katastrophal sind in meinen Augen sogenannte Kirchenmusikausbildungsstätten, in denen sich bewusst hauptsächlich männliche Dozenten tummeln. Und von denen kein kleiner Teil ihre Ehefrauen (und Kinder) sitzenlassen oder den Ruf haben, Affären mit Studentinnen zu haben oder in wilder Ehe leben. Wo Frauen flüchten, weggemobbt werden, sich umbringen oder kaum eine Position von Macht erhalten. Was für charakterlich zerstörte, unglückliche Absolventen werden wohl später als Kirchenmusiker oder Lehrer eingesetzt, die gelernt haben, hintenrum zu sein, dass Lästern “zum guten Ton” gehört, dass  Männer die erste Geige spielen, die andere ablehnen und mobben und die meinen, dass man mit dem Strom schwimmen muss, weil man sonst keine Chance hat, sonst nicht dazugehört. Diese (frisch gebackenen) KantorInnen können Gift und Höllenkandidaten für die Kirchen werden und bringen eher den Teufel mit.

Leider kann ich den Film Die Polizistin nicht empfehlen. Ich war entsetzt.

Ich freue mich auf meine neuen Konzerte:

14. Februar 2020

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Bach überwindet die Schwerkraft. (A. Schlüter)

Geburtstag 🙂

Merci an alle, die für mich und mein neues Lebensjahr beten, mich unterstützen und fördern.

Habe viele schöne neue Orgeln erhalten für meine Hauptwerk-Orgel: Ledziny, Cracov, Kdozsov, Straßburg, Erfurt, Anzio, Giubiasco, Rasczcye, Green Positiv, italienische Orgeln  und andere (3 Manuale, 2 Manuale oder eins). Ich habe nun 22 Orgeln. Es ist schön, dass auch die Akustik gesampelt wurde.

Anbei neue schöne Plakate:

Plakate Downloads Ann-Helena

13. Februar 2020

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Viel langsam üben. Dann kurz schnell üben. Dann wieder viel langsam üben. (Itzhak Perlman)

Was brauche ich eigentlich alles Schönes zum Üben? Gespitzte Bleistifte, Spitzer, Tesafilm, über den man drüber schreiben kann mit Bleistift und Buntstift, einen gemütlichen, wolligen, warmen “Hausanzug” oder Schlafanzug, Pulswärmer, Tee, Kaffee, Schere und ein Kopiergerät, wenn man Noten zurechtschneiden muss wegen Blättern etc., bequeme Orgelschuhe und Socken, Metronom, Uhr, Notizbuch, Kerze, Zeit, einen nahen Ort, wo man sich gleich kurz hinlegen und ausruhen kann, einen Plan. Und da ist ein Berg von neuem Repertoire. Waiting. Heute aber war ich etwas kränklich. Ich liebe die Trio-Sonate d-Moll, sie liegt mir, und ich freue mich, dass sie kein Buch mit sieben Siegeln ist oder eine Reihe von Dogmen, sondern wunderschöne Musik. Ich freue mich auf mein Konzert in Heilig Kreuz Würzburg am 1.März. Der Klang dort ist einfach fluffig.

Den Fim Johannes-Passion von Hugo Niebeling (ArtHaus) kann ich nicht empfehlen. Es ist für mich unerträglich, Bachs Musik (unglaublich gut interpretiert) als Hintergrundmusik zu missbrauchen. Es ist für mich Blasphemie, wenn geprobt wird, wie und wo Jesus am Kreuz hängen soll und wie er aussehen soll (mit welcher Perücke), während im Hintergrund die Chöre mit Inbrunst die Johannes-Passion singen. Noch dazu ist Jesus hier so schlecht geschauspielert, dass er fernab der Bibel wird: Cholerisch, stolz, eigensinnig, laut, glatzköpfig, nur menschlich-männlich. Damit ist der Sinn des Passion verfehlt. Bachs Musik ist so gut, dass man hierzu auch Hund und Katz filmen könnte, aber ich brauche diese Ablenkungen nicht. Ich möchte die Musik hören. Und nicht davon abgelenkt werden. Schon gar nicht von schlechten Versuchen, daraus ein Musical zu machen. Wenn es wenigstens gut gemacht gewesen wäre…

Nach dem Konzert Marktkirche Wiesbaden

10. Februar 2020

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Musik überhaupt ist für Kenner. Und es sollte jeder ein Kenner sein. (N. Harnoncourt)

Der Klavierabend im Großen Saal Petrus-Gemeindehaus Heilbronn, evangelische Kirche Böckingen (neobarocke Plum-Orgel), war sehr schön und gut besucht. Ein kleiner Bechstein. Das gläubige Kantoren-Ehepaar Astfalk ist einfach spitze, Bettina und Thomas. Super Künstlerbetreuung. Ich habe mich wohl gefühlt.

Ich spielte Chopin, viel Beethoven, Bach, meine eigenen Stücke, erzählte etwas über mein Leben und das der Komponisten, sang auch meine Lieder.

Klavierabend ev. Kirche Heilbronn-Böckingen

Böckingen ist ein wichtiger Stadtteil Heilbronns und sehr eigenständig.

Das besondere Geschenk war, dass ich morgens im Gottesdienst in Bad Wimpfen an der historischen wunderbaren Ehrlich-Orgel mit ihren 1363 Pfeifen spielen durfte. Das habe ich erst gestern Abend erfahren und war sofort Feuer und Flamme. Ich habe schon von dieser Orgel gehört und brenne für wundervolle historische Orgeln. Ich bin sofort mit der Orgel gut zurecht gekommen. Viele sollen wohl erst mal dran “baden gehen”. Aber ich hatte gleich eine gute Verbindung. Vielleicht durch Schnitger und Walcker Hoffenheim, Gabler Ochsenhausen und Klosterkirche Maihingen. Ich mag die süddeutschen und auch die alpenländischen Orgeln, die aus Wien und aus dem Allgäu…

Was ist das Besondere an dieser Ehrlich-Orgel von 1747/48? Sie ist sinnlich, empfindsam. Es ist zunächst der Raum. Die Akustik ist wie Samt und Seide. Die Akustik an sich besitzt schon Obertöne: Sie ist brillant im Diskant und abgefedert und gehalten in der Mitte und in den Tiefen. Mitten hinein in diese wundervolle Akustik klingt dieses Juwel, die Orgel von Johann Adam Ehrlich, niemals zu laut, selbst wenn alles gezogen ist, und sie füllt die große Stadtkirche Bad Wimpfen. Ihre Obertöne mischen sich samtig, perfekt aufeinander abgestimmte Farben, ein Klang voll kerniger und sanfter Brillanz in einer Akustik aus Samt und Seide. Mit der fauchenden Gambe. Mit der schönen Zunge im Pedal – klingend, als hätte die Orgel viele unsichtbare Zungen. Die sie ja eben nicht hat, aber sie “kompensiert” sie mit ihren Farben. Die Kirche und auch der Ort sind ebenso wertvoll, die Wandmalereien mit den Aposteln, Altar, Gewölbe, Fresken und Decke, die weißen Musikerengel an der Orgel.

Es tönt so, als hätte das Plenum im Hauptwerk oben einen Sechzehn-Fuß im Prinzipal. Jedoch auch das wird durch Farben erwirkt, also den Eindruck geweckt. Den geschmackvollen Eindruck von vielen Zungen und Sechzehnfüßen, die gar nicht da sind. Auf diese Weise wird die kleine Ehrlich-Orgel sehr groß. Ein Klang-Wunder. Ein süddeutscher Diamant.

Vollkommen klingen hier Pachelbel, Steigleder, Muffat, Kerll, Froberger, Knecht, Krebs, Böhm, Zachow, Vogler, aber auch Sweelinck und Bach. Das Pedal ist sehr angenehm, auch wenn der Umfang manchmal gerade etwas zu klein ist, beispielsweise für Bachs Trio-Sonaten.

Das Unterwerk besitzt eine warme, helle Flöte. Durch die Kälte heulte das Hauptwerk zunächst etwas, und die Tasten sind in der Mitte aufgewölbt.

Es gibt dort ein kleines Büchlein namens Störungsprotokoll, das noch ganz frisch ist, und in dieses kann man eintragen, was einem aufgefallen ist. Das um diese Jahreszeit die Zunge verstimmt ist, muss man nicht notieren, das ist normal. Man muss diese Orgel einfach liebhaben! Ich freue mich, dass ich als bisher einzige Frau auf der Webseite zum Orgelverein zur Orgel zitiert werde. Orgelverein Bad Wimpfen

Auch die große, rote Ehrlich-Orgel in der katholischen Dominikanerkirche Heilig Kreuz ist eine Pracht in perfekter Akustik, vielleicht sogar noch wertvoller, noch stimmiger – wenn sie nicht lieblos kaputt-restauriert worden wäre von einer Firma, die daraufhin pleite ging. Es würde um die 600.000 € kosten, diese Orgel wiederherzustellen. Diese Summe ist nicht groß. Es muss möglich sein, dieses Geld für diese wundervolle Orgel aufzutreiben. Und dann: Orgelbau Rensch? Oder eine andere wundervolle Firma in der Nähe?

Ich bewundere, mit wieviel Sorgfalt und Liebe der Orgelverein vor Ort sich um diese beiden Orgeln kümmert gegen alle Widerstände. Im Dezember spiele ich dort ein Konzert: Ein festliches Weihnachtskonzert mit Kerzen, am 26.12. – Gott ist voller Überraschungen. Noch 24 Stunden davor wusste ich von all dem nichts.

Ich sehe schon, mein Tourblog wird manchmal zum Orgelblog. Am 11. Juni spiele ich wieder Klavier in Heilbronn, in der Harmonie (Stadthalle).

8. Februar 2020

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Wir Musiker müssen an der Kante der Katastrophe wandeln, das ist das Risiko, das wir suchen. (Harnoncourt)

Das Konzert in der Marktkirche an der Walcker-Orgel mit ihrem majestätischen Prospekt war sehr schön und gut besucht, mind. 400 Leute. Es gab viele Bravo-Rufe und Standing Ovations. Es waren auch bekannte Gesichter darunter, die extra wegen mir gekommen sind. Mein eigenes Stück Snö (Schnee) kam sehr gut an: Es schneite in der Kirche, und die Flocken rieselten herunter. (So empfanden es die Leute.) Eine wunderschöne Walcker-Sauer-Oberlinger-Orgel, 1863 Neubau, Umbau 1900, 1929, 1938, 1970.

Bach kam auch gut an. In meine letzten leisen Liszt-Takte von B-A-C-H läuteten die melodischen Glocken.

Ich habe viele CDs verkauft. Jedes Orgelkonzert ist noch ein Abenteuer für mich. Eine Bergwanderung hoch zum Gipfelkreuz. Jedes Mal passiert Unvorhergesehenes. Ich gerate in eine Lawine, ein Sturm kommt auf. Ich genieße das Adrenalin.

Da ich Liszt nur mit der Walze gespielt habe, also ohne Setzer und allein, war die Orgel teilweise mit seinem Bombardewerk wunderschön laut, da die Walze, ganz nach unten gewalzt, an der Orgel so ziemlich alles zieht, was sie hat. Aber ich genoss das oben. Und das Publikum unten offensichtlich auch, denn alle waren sehr begeistert. Ich hatte das Gefühl, die Orgel gibt alles. Wunderschön ist auch die Doppelflöte 8, die Schwebung Unda maris mit der Gambe 8 und die Acht- und Sechzehnfüße, das Herz der Orgel. Und der 32-Fuß.

Diese vielen Achtfüße kommen mir vor wie Samt und Seide: Die Schwebung wie Samt, die Flöten wie Seide. Viele dieser Achtfüße, auch die Doppelflöte 8, sind original Walcker-Pfeifen von 1863. Ich empfinde jede Orgel an sich als etwas so Wichtiges, Künstlerisches, dass es mir beim Spielen vorkommt, als wären all die Pfeifen in meinem Bauch. Ich werde die Orgel. Die Akustik ist natürlich recht enorm in dieser großen Kirche. Die Chororgel wirkte sehr weit weg für mich. Wenn man direkt darunter steht, soll sie wohl angeblich spucken. Aber ich war wie Kilometer entfernt und habe doch Connection aufgebaut. Zu allen Werken möchte ich an der Orgel, an der ich spiele, Verbindung haben. Die Chororgel und die Walze (und der Schweller) waren meine besten Freunde. Und das Pedal ist herrlich übersichtlich und angenehm. Auch Max Reger war hier Gast!

Ich selbst weiß, das ich Potential habe, crazy gut zu spielen. Aber eine Orgel hat seine Tücken. Da ich nicht fünf Sekunden wartete, bevor ich die Chororgel nach der Hauptorgel anstellte, war ich plötzlich auf der Setzeranlage der Chororgel gelangt, die mit 99 beginnt. Das wusste ich nicht. Nur, dass ich keine Setzer mehr hatte. Daher stieg ich komplett auf die Walze um, die sehr fein und sensibel bedient werden muss und immer einen freien Fuß braucht. Mir macht die Walze viel Spaß.

Aber ich habe daraus gelernt: Habe ich das nächste Mal Probleme mit irgendeiner Setzeranlage: Die Orgel erst mal noch einmal ausstellen.

Zudem erkannte ich final: Meine Noten müssen übersichtlicher sein. Aus meinen Liszt-Noten kann nicht mal ich mehr spielen. Und das will was heißen. Sie sind im Grunde von meinen Reisen und von meinen Eintragungen und Überlegungen voll, verknickt, zerfetzt und zerlöchert. Manche Töne konnte ich heute nur noch erraten.

Es gab Registranten, die sich weigerten, bei diesen Noten Registrant zu sein. Sie sind natürlich ein Kunstwerk, aber sicher gäbe es auch Leute, die denken, ich hätte diese Noten mal eben aus dem Müll gefischt. Manche meinten, meine Noten sehen aus wie Regers handschriftliche Werke. Ob dies meine eigene Komposition sei. Ich muss also alle Noten doppelt haben. Auch einmal frisch für mich und für eventuelle Helfer. Auch meine Kopien gegen Blätterer müssen besser angeordnet sein. Ich gebe zu, ich bin gern oben allein an der Orgel, ohne Helfer. Doch so oder so: Die Kopien dürfen nicht “ins Gesicht der Noten” segeln und mich und Helfer “wahnsinnig” machen oder mir das Gefühl geben, ich muss so schief gucken, dass ich eine Nackenstarre bekomme. Dennoch genieße ich es, allein an der Orgel zu sein. So sehr, dass ich auf Blätterer, Registranten etc. verzichte und lieber alles allein mache. Mir sagte jemand, dass es absolut erforderlich ist, es auch allein zu können. Sich selbst allein zu registrieren, sich selbst zu blättern zu können. Früher wäre das wohl auch geprüft worden im Studium. Ich lasse eigentlich nur gern mir sympathische Menschen als Helfer zu (auch wenn das nicht immer geht). Ich brauche an der Orgel einfach viel Raum für mich und mag es nicht, wenn mir jemand auf die Finger starrt oder nervöser ist als ich. Heute aber hatte ich einen netten Blätterer bei Bach g-Moll 542 (auch wenn er einmal vergaß zu blättern).

4. Februar 2020

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Das Innen wird unaufhörlich zum Außen (James Allen)

Alles, was wird, muss organisch wachsen, kann nicht einfach “eingeführt” werden. Vor allem das Gute. Ich suche nach dem Blick. Das Sehen und Hören ist Sein und Tun.

Anbei neue Texte hier auf meiner Seite Autorin.

Die Kommunikation in der Literaturwelt hat völlig andere (ungeschriebene) Gesetzmäßigkeiten als die Welt der “Klassik”. Es ist nicht leicht, hier zu jonglieren und sich den unterschiedlichen Sprachen und Gepflogenheiten der Kunstrichtungen anzupassen, vor allem, wenn sie konträr gehen.

Meine Webseite hilft mir dennoch, mein Leben zu bündeln und ist mein wichtigster Terminkalender.

Der französische Film Johann Sebastian Bach baut seinen Plot auf allen nur erdenklichen Legenden über J.S. auf, und nicht nur das: Die Legenden werden ausgeweitet, ausgeweidet hin zu reinen Erfindungen. Trotzdem ist er schön gefilmt mit schönen Menschen; und es macht Spaß, Bach französisch sprechen zu hören und wie er dabei Arnstadt, Pachelbel und andere Wörter ausspricht, französisch natürlich. Da ist Buxtehudes Tochter in Lübeck, die ihn im Nachthemd verführt, und wilde Streitereien in Arnstadt (wo ich bald sein werde)… und natürlich zuvor der große Bruder, dem den ganzen Tag nichts anderes einfällt, als den Schlüssel zu verstecken, so dass der junge Bach mit großen blauen Augen im Mondenschein schreiben muss und krank wird… Trotz all dem Kitsch wird deutlich und leuchtet hervor, dass Bach ehrgeizig, zielsicher, revolutionär war, wenn auch nur ein Fünkchen Wahrheit in den Legenden steckt, keineswegs der brave, langweilige, konservative Mann, der “nur in seiner Musik revolutionär” war – nein, er verärgerte eindeutig Leute, sorgte für Unruhe, hatte ständig Konflikte, nichts war ihm gut genug, er legte sich an, blieb nirgends lange, widersetzte sich, machte, was er wollte, entschied sich ungewöhnlich und war auf der Suche. Wie auch immer er dargestellt wird – so nüchtern wie möglich oder mit ausgeweiteten Legenden – , er ist und bleibt mir ungeheuer sympathisch. Und zwar vor allem auch als Mensch. Seine Musik sowieso. Und sie ist voll mit Leidenschaft und Willensstärke. Niemals könnte ein langweiliger, konservativer Mensch so schreiben! Seine Musik trieft geradezu vor Schönheit, Sehnsucht und Leidenschaft. Und zwar triefen im absolut positivsten Sinne. Ich mag Menschen mit Willensstärke. Ich freue mich auf Dornheim, Mühlhausen, Köthen, all die Orte, in denen er gearbeitet hat, getauft oder verheiratet wurde. All die Orgeln. Bachs Leben war alles andere als langweilig. Sein Leben war sehr, sehr intensiv. Der Film bringt nicht das Wichtigste herüber: Seine Liebe zu Gott.

Empfehlen kann ich das kleine Buch Eine kleine Lady über Harriet Beecher Stowe (Onkel Toms Hütte) von Dorothee Dziewas – es ist schon hilfreich, zumindest einen kleinen Geschmack auf das wohl gewesene Private großer, verstorbener Autorinnen zu erhaschen, eine Art Vorgeschmack für die Vorstellungskraft. Zur Zeit Harriets durften Frauen noch nicht studieren, das ist unvorstellbar. Was für eine Welt, in der wir leben.

23. Januar 2020

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Wenn ein Mensch verliebt ist, zeigt er sich so, wie er immer sein sollte. (Simone de Beauvoir)

Es war sehr schön im Funkhaus, die Konzerte sind super gelaufen. Sie waren ausgebucht, in den Großen Sendesaal passen aber auch höchstens vierhundert Menschen. Die Kinder waren absolut niedlich, aufmerksam und gut vorbereitet. Der Flügelstimmer ist jeden Morgen am Flügel; gestern war vorher noch eine Seite gerissen, beim h2: Den Ton brauche ich in Beethoven sehr oft (Läufe). Überhaupt ist Beethoven ein Fan von Läufen über die ganze Tastatur. Gleich geht es heute wieder los mit zwei Konzerten, diesmal mit Roland Kunz als Moderator.

Anschließend spielte und übte ich auf der sehr schönen, dreimanualigen Beckerath-Orgel mit dem weiß verschnörkelten Gehäuse von Stumm in der stolzen Ludwigskirche, die auf einem großen, freien Platz trohnt. Der Innenraum der Kirche ist genauso dekoriert, und weiße Frauen tragen lächelnd das Dach. Das Pedal der Beckerath-Orgel ist schwerer zu spielen als an der Kleuker-Orgel, da die Pedaltöne nicht unter den Manualtasten stehen: Das g liegt unter a und h – also sehr verschoben. Zudem ist eine Extra-Leiste im Pedal eingebaut zwischen f und e. Aber Mozart klingt herrlich, die Akustik angenehm. Da ich so schnelle und fliegende Finger durch das Klavierspielen habe, erwische ich oft die leichten Setzer zwischen den Tasten. Da ich Setzer gesetzt hatte, ist dies verheerend, wenn diese ohne mein Wissen weitergesprungen sind. Daher müssen die Finger nah, dicht und schleichend wie eine Schlange über die Orgeltasten gleiten. Ich spiele hier am Samstag die Mittagsmusik.

Ich denke, auch für Klavierabende in Kirchen ist es sehr hilfreich, zusätzlich Organistin zu sein, um mit der Akustik und dem Raum hervorragend umgehen zu können. Dieses Hören des Raumes lernt man an der Orgel sehr gut. Denn sonst kommen Klavierabende in großer Akustik schlecht an, weil alles verschwimmt. Man muss den Raum verstehen und erkennen.

Sehr schön ist auch, dass ich so nah am Orchester sitze und Beethoven mit ihm spiele. Seitdem atme ich anders an der Orgel und verstehe viel mehr, dass sie ein Orchester sein will oder gar ist auf eine andere Art und Weise. Dass sie nicht wie ein Flügel atmet, diese Wunderklangmaschine, die als Solo-Instrument brilliert, sondern als Orchester atmet. Gerade bei Mozart an der Orgel tritt dieses Orchesteratmen an der Orgel deutlich zu Tage.

Ich freue mich auf die Konzerte heute, morgen und übermorgen, es ist sehr schön, den spritzigen Beethoven Rondo c-Moll mit Orchester zu spielen.

Musik ist der Wein, der zu neuen Erzeugungen begeistert, sagt Beethoven.

22. Januar 2020

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Atmen ist Anfang und Ende vom Musizieren. An der Orgel besonders.  (AHS)

Oder wie MM zu sagen pflegte: Dinge gehen schief, damit du zu schätzen weißt, wenn es gut läuft. 

Ein weiterer Tag im Funkhaus Saarbrücken. Jedes Musikbusiness hat seine eigenen Gesetze, die man erst mal kennenlernen muss. Ein Rundfunkorchester ist anders als ein Opernorchester. Kirchen sind ganz anders als Sendesäle. Konzertsäle auch. Die Welt hinter der Bühne noch mal anders. Mir tun manchmal die normale Mitarbeiter gut: Die, die das Headset festkleben, Flügel aufmachen, Stühle stellen. Sie sind so einiges gewöhnt und wirken sehr bescheiden und demütig und gleichzeitig sensibel und nehmen die Dinge gelassen und mit Humor. Da, wo für mich die Welt untergeht, erzählen sie mir vor Nena, die ihre Zigaretten im Essen ausdrückt oder lächeln; ein Blick sagt manchmal mehr als tausend Worte. Es ist schön, dass manche Menschen im Musik-Business Bodenhaftung, Zeit und Trost haben. Ich komme mir manchmal vor wie ein Ballon, der wegfliegt, wenn man ihn nicht festhält. Ohne Gnade und Erbarmen hat man das Leben verfehlt.

Dennoch, so oder so ist das Business hart. Die Maschinerie interessiert es nicht sehr, ob man Schmerzen hat, müde und erschöpft ist oder Gespenster sieht. Solistin ist Solistin. Ist Leistung. Und dennoch lächeln. Die Herausforderung ist, inmitten dieser Welt zu finden, wer man wirklich ist. Denn es geht doch darum, mit Musik Gefühle auszudrücken. Ich freue mich auf die Konzerte und bin gespannt. Zudem bin ich froh, dass es viel Obst und Tee gibt. Gerade Bananen pushen mich.

Ja, wie Marilyn Monroe zu sagen pflegte: Dinge gehen schief, damit du zu schätzen weißt, wenn es gut läuft. Oder: Bedauernswert die Frau, die nichts zu bereuen hat.

Kolbermoor Orgeltage

Abends habe ich dann einige Stunden in der schönen Johanneskirche (mit Steinweg-Flügel) an der großen Kleuker-Orgel geübt (46 Register, weiß, geformt wie ein Engel, 3 Manuale). Es ist wohl eine Universalorgel (allerdings aus den 60igern) – also eine von den Orgeln, die heute durchaus manchmal “verteufelt” werden. Aber sie machte mit ihren schönen Zungen einen top Eindruck auf mich. Das Pedal ist weit und übersichtlich, das c über c usw. An sich ist die Orgel barock intoniert, eng und spitzig. Aber auch sehr schön für Mozart und Liszt. Es tat mir richtig gut, von der einen Welt in die nächste zu wechseln, von der turbulenten Rundfunkwelt in die stille, nächtliche, einsame Kirche mit Akustik und Zungen. So war es wohl auch für Bach? Vom Hofe in die Kirche. Back and forth. Es ist zwar anstrengend, zwischen den Welten zu wechseln. Aber ist es nicht viel verheerender, von den Gesetzen einer Welt gefangen, abgestumpft und abhängig zu sein? Die Kirche liegt nah am beleuchteten Rathaus und nahe am Hotel. Es gibt eine elektronische Bibel in der Kirche, und der Vers, der (rot) angezeigt wurde, sprang mich richtig an.

Morgen früh heisst es: Um 8 Uhr Einspielen.

Und hier noch mal eine Erinnerung vom Michel in Hamburg: