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Johann Sebastian Bach

14. Januar 2020

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Musik ist flüssige Mathematik. 

Nur in einem weiten Herzen kann Musik wohnen. Das eigene enge Herz muss deswegen verlassen werden. (Ann-Helena Schlüter)

Das Abschlusskonzert von Latry in der Kulturkirche Altona war spannend.  Auswendig hat er diesmal nicht gespielt. Ich mochte, dass die Kirche warm und schön beleuchtet war und gut besucht. Franck vielleicht etwas zu französisch gespielt. Alle Kursteilnehmer aus allen Ländern super nett.

Sehr mag ich sowohl von Vierne als auch von Widor die Sechste. Ich schätze von Vierne zudem: Impromptu, Arabesque, Berceuse, Carillon, Westminster, Irrlichter (Feux follets), Wassernymphen (Naiades), Mondschein (Clair de lune), Toccata, Abendstern. Aber auch alle (Final)sätze der Symphonien. Einfach diese Vorstellung, dass die Orgel wie ein Orchester atmet und fließt und rubatiert, die Einheit der vielen Pfeifen und Gruppen – so viel mehr Pfeifen, als ein Flügel Tasten hat. Dass ich die Orgel umarme. Dass die Tasten meine Finger sind. Ich habe viel gelernt. Man muss sich an diese französische Romantik erst gewöhnen. An die Lautstärke. An die Linien. Das Springen von Beethoven am Flügel und Bach an Cembalo, Orgel und Klavier hin zu Vierne und Widor – groß – aber ich bin froh, diese vielen Welten zu schmecken. Sie schmecken gut.

Sehr empfehlen kann ich heute den französischen Film Die Eleganz der Madame Michel. Ein berührender (herzzerreißender) Film mit wunderschöner Filmmusik. Und den schönen und traurigen schwedischen Film Astrid (ebenfalls mit sehr schöner Filmmusik). Über Astrid Lindgren und die Schwierigkeiten einer hochbegabten Frau in dieser heuchlerischen Welt. Und wie sagt der, der sie (minderjährig) geschwängert hat? “Ich musste für Unzucht nur 1000 Kronen zahlen und nicht ins Gefängnis. Ich bin mit einer Geldstrafe davon gekommen. Es ist offenbar ein billiges Vergnügen, ein Lustbold zu sein.”

Deutlich ist Astrids Berufung zu erkennen. “Wage es zu springen durch den Tod in das Leben, durch die Dunkelheit ins Licht.”

Berufung. Hätte ich keine eigenen Instrumente, könnte ich so viel üben? Käme ich nicht aus einer Musiker-Familie, wäre ich so gefördert worden? Hätte ich kein wunderbares Team und Berater und Ermutiger, hätte ich so viele Konzerte? Hätte ich keine Unterstützer und Förderer, könnte ich so viel reisen, lesen, wissen? Was aber machen all die begabten Menschen, die kein Geld und Unterstützer haben? Wo sollen sie üben, wer unterrichtet sie, wer bereitet sie vor, wer ermutigt sie? Wer bezahlt ihre Ausbildung?

In a world full of people, only some want to fly, isn’t that crazy? singt Seal. Allerdings.

Übrigens, das Wort vermasseln finde ich lustig. Es gibt lustige deutsche Worte.

Französisch scheint automatisch katholisch zu sein. Meine Vierne-Noten von Bärenreiter sind innen geziert mit Wasserspeiern von Notre-Dame (Chimère), die wie Teufel aussehen.

Next concerts:

Mittwoch 22.1. um 9.30 und 11.30 Großer Sendesaal, Funkhaus Halberg Saarbrücken, u.a. Beethoven Klavierkonzert Nr. 3

Donnerstag 23.1. um 9:00 und 11:00 Großer Sendesaal, Funkhaus Halberg Saarbrücken, u.a. Beethoven Klavierkonzert Nr. 3

Freitag 24.1. um 9:30 und 11:30 SWR Studio Kaiserslautern, Emmerich-Smola-Saal, u.a. Beethoven Klavierkonzert Nr. 3

http://www.bach-festival.de

Bach-Festival Arnstadt, 2021 und 2020, Bachkirche, Wohltemperiertes Klavier, Steinmeyer-Orgel, Wender-Orgel, Gerhardt-Orgel: Die Kunst der Poesie, Rondo-Magazin

21.03.2020 12.00 Uhr in der Johann-Sebastian-Bach-Kirche
Mittagsmusik auf der Wender-Orgel und Steinmeyer-Orgel, Werke von Bach, Bruhns und Buxtehude. 21.03.2020 17.00 Uhr in Bachs Traukirche in Dornheim. Bachprogramm auf der Gerhardt-Orgel (aus Bach Kunst der Fuge und Wohltemperierten Klavier I)

Erklärungen zum WTK I und zur Kunst der Fuge 
Aus dem WTK I :

Präludien und Fugen C-Dur, D-Dur, e- Moll, g-Moll, h-Moll 

Aus der Kunst der Fuge:

Contrapunctus I bis VII 
Vier Kanons
Contrapunctus XIV

Improvisation zu B-A-C-H

20. Dezember 2019

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Bachfestival Arnstadt

“Prinzipien und ihre Konsequenzen sind noch wichtiger als Werte. Und Integrität ist wichtiger als Loyalität oder ihre höchste Stufe.” (Covey)

Jede Taste ein Finger und jeder Finger eine Pfeife.

Ich freue mich auf Arnstadt. Bachstadt. Und ich freue mich auf meine Konzerte.

Heute wird ein spannender und besonderer Tag. Es ist übrigens wirklich wahr: Die neuen Klais-Orgeln sind in vielem wie Steinways, und die Saal-Orgeln sind einem Flügel gleich. Auch wenn ich die Pfeifen spüre und höre. (Diese Nebengeräusche hat kein Flügel.)

Sehr viele Orgeln sind fern von einem Flügel, was ich auch sehr gut finde, so soll es sein; es sind ja auch viele Klaviere fern von einem Steinway wie der Mond von der Sonne. Jedoch vermisse ich an den (Saal-) Orgeln oft viele schöne Vierfüße. Es gibt meist nur wenige, und sie sind miteinander (beinahe) identisch. Gerade für Mozart braucht es viele schöne unterschiedliche Vierfüße. Orgel und Flügel zu spielen bedeutet: mehrsprachig zu sprechen. Das Wissen über Musik darf natürlich nicht zur Sucht werden.

6. Dezember 2019

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Musikalischer Impuls 3: (Gesegneten Nikolaus!)

Widerspruch, Gegensätzlichkeit und Einheit

Leonard Bernstein (New York Young People’s Concerts 1965) ist nicht der Meinung, dass Musik eine konkrete Bedeutung hat. Er behauptet sogar, dass eine Note noch keine Musik sei. Dieser Meinung bin ich nicht. Stille ist schon Musik.

Musik lässt intensive innere Bilder entstehen, oft sogar Lyrik in mir. Besonders bei Bach, Brahms, Beethoven.

In Bachs Musik finden wir je mehr als ein inneres Bild, sogar mehr als ein spezifisches inneres Bild: Es ist die intensive Botschaft des Evangeliums, manchmal alles in einem Takt. Bachs Musik drückt in meinen Augen das Evangelium aus: Immer wieder neu vertont er Erlösung und Trost in seiner Musik. Dadurch lebt er, was er ist.

Bachs Musik ist ein sozialer Spiegel, ein Skript, ein Stamm, Wurzel, Vermächtnis und Liebesbrief.

Aus was besteht Musik? Aus Tonleitern, aus Melodien, Harmonien und Akkorden… Laut Bossert und Eggebrecht ist in unserem Abendland der Akkord Schwerpunkt, während in anderen Ländern der Akkord nicht zentriert im Mittelpunkt steht, sondern beispielsweise schwebende Pentatonik…

Leonard Bernstein spricht von horizontalen und vertikalen Intervallen, Bossert von vertikalen (Akkorde) und horizontalen (Linien, Melodien) Gegensätzen, die die Musik an sich von alleine aufweist. Ich lese das Horizontale und Vertikale auch im Weiblichen und Männlichen, in Braut und Bräutigam und in der oft sehr unterschiedlichen Kommunikation unter der Zweiheit der Geschlechter, die eine Einheit sein soll, sein kann (zum Beispiel durch Geburt): Unterschiedlichkeit als Trennfaktor oder als Verbindung, Trost und Einheit. Das ist die Frage.

Ich sehe: Bach nimmt diese Gegensätzlichkeit in der Musik, um die Gegensätzlichkeit in Leben und Glauben auszudrücken. Aber nicht nur die Gegensätzlichkeit, sondern auch die Einheit, in die die Gegensätze, Widersprüche und Widersprüche letztendlich fallen. Überall im Leben finden wir diese Widersprüche, die sich auflösen in Trost und Einheit: Beispielsweise in dem Weihnachtslied Maria durch ein Dornwald ging: “Da haben die Rosen Dornen getragen”. Ist Gott nicht der größte Philosoph? Der größte Künstler und der größte Mathematiker. An Gott vorbei zu philosophieren ist geradezu lächerlich. Hier eine Zusammenfassung und meine Schlussfolgerung: Was vertont Bach? Was ist das Evangelium? Und wie vertont Bach?

Bach vertont,  dass Jesus als Mensch und Gott unerschaffen und wesenseins mit dem Vater und gleichzeitig wesens-eigen, also eine eigene Person ist. Die Worte wesens-eins und wesens-eigen (Bossert) finde ich besonders eindrücklich. Für mich ist der Heiland am Kreuz ein Widerspruch, der aber der Weg schlechthin wird. Unsere Erlösung, der Plan Gottes für unsere Rettung ebenfalls schon maximaler Gegensatz zu unserer Natur. Dass Gott unsere Sünde auf sich nahm: Für viele Menschen ein völliges Paradoxum. Und wie vertont Bach, dass der Heiland unsere Schuld auf sich nahm? Ist es nicht bereits perfekt, dass Musik an sich schon Gegensätze verbindet?

Wie drückt Bach das Symbol der Gebrochenheit aus?

Den gebrochenen Körper Jesu am Kreuz drückt Bach laut Bossert unter anderem durch gebrochene Akkorde, durch den Styl Brisé, maximalen Querstand, durch Pausen, die Töne zerschneiden (Tmesis: Zerschneidung in zwei Gebilde) und durch das Kreuzmotiv aus, wenn sich Linien zerschneiden. Ich glaube, Musik an sich wie unsere Schöpfung drückt die Gebrochenheit unserer Welt aus, das Elend und den Schmerz seit dem Sündenfall. Allein gebrochene Tasten an Orgeln drücken Gebrochenheit aus. Leonard Bernstein beschreibt Kirchentonarten als Kick, verbindet Sibelius, Bach und Beatles und ebenso Gegensätze.

Doch Bach ist für mich der musikalische Verbinder, Brücke, Medizin und Salbe, vom Geist überflutet, der der Tröster ist, der nicht nur lehrt, sondern lebt, was er ist und sagt.

Bachs Musik ist nicht nur Heftpflaster und Aspirin, sondern Raum zwischen Reiz und Reaktion.

5. Dezember 2019

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Musikalischer Impuls 2:

LO – wie übe ich “Liturgisches Orgelspiel”?

Ob Bach anders komponiert hätte, wenn er in Hamburg die Stelle bekommen hätte? Hätte er beispielsweise Manualwechsel konkret notiert, da er eine ganz andere Orgel zur Verfügung gehabt hätte? Und ich frage mich manchmal, wie menschlich-bodenständig Bach eigentlich war. Da er musikalisch gesehen so revolutionär war! LO brauchte er sicher nicht zu üben.

Hier 12 Punkte zum Üben von LO / Liturgisches Orgelspiel: 

  1. Tonleiter harmonisieren, zurück Pachelbelbass
  2. was auch passiert, denke generalbassmäßig von unten her
  3. keine Angst vor Sextakkorden, nur eben nicht die Terz verdoppeln
  4. ein Gefühl bekommen für Gegenbewegungen
  5. Fugata üben, beide Hände unten, Kadenzen, Luft dazwischen, evtl. Pedaleinsatz
  6. Suiten üben
  7. Terzfall und Kadenzen enge und weite Lage üben und verbinden, auch mit Stimmtausch

Empfehlen kann ich heute den neuen Kino-Weihnachtsfilm Last Christmas. Hier kann man lachen und weinen! Perfekt!

Und einen Tipp für Adventskalender: Das Lukas-Evangelium hat 24 Kapitel, jeden Tag eines lesen bis Weihnachten!

Ebenfalls spannende Lektüre: Wild von C. Strayed.

25. November 2019

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Die norddeutschen Orgeln

Ich freue mich, sowohl die norddeutschen als auch die süddeutschen Orgeln sehr gut kennenzulernen. Muffat kann man durchaus auf Ahrend-Orgeln spielen, vor allem auf den mitteltönig gestimmten. Man muss den Klang herstellen – schauen, ob dies überhaupt geht.

Das Besondere an den norddeutschen Orgeln ist, dass man sowohl auf dem Rückpositiv als auch auf dem Hauptwerk, auf allen Werken sowohl mit Solostimmen brillieren als auch klar und zart begleiten kann, die Orgeln sind so aufgebaut, dass immer alles gezeichnet klingt. Wichtig ist hier, dass man keine Achtfüße (oder gleiche Füße) gleichzeitig ziehen sollte, ausgenommen in der Registrierung mit Zungen (für den runden Klang) oder in Ausnahmefällen (Gedackte gleichzeitig für Schwebung).

Vogelerkundungen VI

Der Kampf mit den Tauben war recht intensiv. Ich musste sogar Orangen nach ihnen werfen. Das Vogelfutter steht nun ganz dicht an der innersten Balkontür, um es vor den dicken Tauben zu schützen. Das bedeutet, die Kohlmeisen müssen mit sehr viel Mut kommen. Aber sie kommen. Sie flattern leicht hysterisch in der Luft am Anfang, aber sie kommen. Leider scheinen mir die Tauben deutlich aufmerksamer und “klüger” zu sein als die kleinen Kohlmeisen.

Neuer Track aus der Bach-CD (von Naxos, YouTube und hänssler Classic provided):

Orgelkonzert Kunst der Fuge, Heiligenstadt, Oberfranken

Es war schön, gestern die Kunst der Fuge in Heiligenstadt zu spielen, an der schönen, roten Orgel mit Gold in St. Michael/St. Veit. Es war ein besinnliches Konzert mit Andacht. Im Gottesdienst habe ich heute dort auch morgen gespielt. Ich liebe es hier, denn alles ist voll Herbst, die Menschen sind sehr lieb auf dem Land, ich habe hier schon das dritte Mal gespielt und viele Fans und Freunde gewonnen, wir gehen reiten und mit dem Esel Fridolin und Leo, dem Golden Retriever, spazieren, der schon alt geworden ist, ich füttere und pflege die Tiere, wir kochen und essen. Die Gegend ist so unschuldig, zart und weit, selbst die Glocke wird noch selbst geläutet, allerdings schon um sechs Uhr, und ich werde von Fridos Iah geweckt. Wenn ich Klavier übe, deckt mich Leo mit der Gardine zu. Er bringt mir auch ständig meine Stiefel.

Vogelerkundungen II

Es kommt mir manchmal vor, als würde es schneien, weil die Vögelchen auf meinem Balkon immer so hoch und runter fallen. Der Mutigste, Dickste und der am Stück 15 Minuten bleibt heißt Johann. Eine Kohlmeise. Er pickt herum und macht dabei einen runden Rücken.

Stadttauben mag ich übrigens nicht sonderlich.

12. November 2019

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Hauptwerk-Orgel, 3 Manuale (Os-Organum)

Ich freue mich sehr, dass meine Hauptwerkorgel eingetroffen ist. Nagelneu, aus Hessen, schwarz, 3 Manuale, Pedal, Setzer, Fußsetzer, viele schöne Orgel-Samples, auch aus Kirchen, in denen ich schon konzertiert habe. Es duftet nach Holz und Leim, wenn ich nach Hause komme. Die Hauptwerkorgel hat natürlich sehr gute Boxen, einen Kopfhörer, Computerbildschirm und eine niedrige Bank (für mich). Sie steht gegenüber meinem Flügel, und die beiden beschnuppern sich, der Steinway und das Virtuelle. Natürlich ist die Orgel nur zum Training gedacht, besonders für abends und nachts. Sie ist ja keine Pfeifenorgel. Aber meine Nachbarn würden sich bedanken. Natürlich kann man gewissen Anschlag, gewisse Artikulation, gewisses Reagieren NUR mit Pfeifen lernen – das wichtigste also. Aber um das Wichtigste zu lernen, habe ich ja meine Kirchenorgel (Klais) und andere. Besonders an historischen Orgeln lernt man, wie die Komponisten damals an ihnen komponiert haben – wie, was, welche Klänge und warum.