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Deutschland

Öttingen

Das Konzert im Residenzschloss in Oettingen (Bayern) war sehr schön, das Schloß ist romantisch und der Saal auch. Ich hatte viel Ruhe auf der Bühne und genoß die Akustik, über mir die Renaissance Engel und die Bilder der Götter der Jahreszeiten, und als ich das Thema der Goldberg-Variationen als Zugabe spielte, was mehr Konzentration fordert am Ende eines Klavierabends als ein virtuoses Stück, so weich, so zart, als wäre ich in einer Seifenblase, als würde ich mich jemandem vierhändig spielen, er spielte unten, ich spielte oben, merke, dass die Symbolik eine Rolle spielt: ob nun Götter der Nacht oder Soli Deo Gloria. Es erstaunt mich, wie unfassbar geduldig Gott ist. Er lässt sich nicht reizen. Manchmal ist alles eine Frage der Sichtweise. Er ist der Mittelpunkt, nicht wir.

Heidelberg

14. Juni 2009

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Deutschland

Es war kein Schock, wieder in Deutschland anzukommen, da nach einer Woche Regen in den meisten Teilen Deutschlands, während ich in Korsika war, der Tag, an dem ich am Kölner Flughafen eintraf, der erste sonnige Tag nach sieben Tagen war. Ich wurde abgeholt, meine Mom reiste mit dem Zug nach hause, wir fuhren nach Velbert mit dem Auto, 20 Minuten von Wuppertal und Bochum entfernt, und ich schlief erst einmal ungewollt einige Stunden, am Ziel angekommen. Zwei Wochen Mittelmeer muss sein, sonst ist die Umstellung doch anstrengend, wenn man dort spielt. Das Konzert in Velbert war für mich ein Genuss und nicht so anstrengend wie in Calvi, wo man die Sonne und den Wind noch überall in seinem Körper spürt.
Die FeG Velbert sieht von außen wie eine kleine weiße Villa aus mitten in einer schönen ruhigen Wohngegend. Simone Ramshorn, Bildende Künstlerin, die als Künstlerin im Leitungskreis ist und Leben.live gegründet hat, mich vom RAD Künstlerbewegung her kennt, wo wir beide seit 5 Jahren tätig sind, ich im Bereich Musik, sie im Bereich Bildende Kunst, und eingeladen hat nach Velbert, gestaltete auch den Jugendbereich der FeG innen wunderschön und künstlerisch, zum Beispiel mit Styroporplatten bemalt in Weiß, Acryl in Tönen von hellem Terracotta, feeling aus dem Mittelmeerraum verbreitend, an die Wand geklebt, dass sie wie Gestein wirken an der Wand. Der kleine brandneue schwarze Kawai Stutzflügel, den ich einweihte, klang schön und nicht eng, wie ich (bei einem Stutzflügel) befürchtet hatte. Ich bekam einen riesigen Strauß Pfingstrosen und hellrosa Rosen, die Köpfe haben dick wie Pfirsiche. Die Pfingstrosen, die ihre Farbe ändern.

Nach dem Konzert saßen wir noch gemütlich unter der Marquise von Ramshorns im Garten und tranken Rotwein. Von Korsika war ich leider bereits gewöhnt, Wein (wie Wasser) zu trinken, glücklicherweise meistens Rosé. Freunde waren eingeladen und erzählten von ihren Reisen nach Neapel, Indien, Neuseeland. Für mich ist der Bruch zwischen klassischen Stücken — ich spielte Bach, Chopin, Franck und Haydn — und eigenen Stücken, Songs, die ich singe und spiele, Improvisationen und Lyrik vom Flügel aus gelesen mittlerweile normal geworden. Für viele Menschen aber ist dies ganz neu und sehr überraschend, für beide Seiten: für die Klassiker und auch für die, die sich kaum mit Klassik oder Musik beschäftigen. Morgen sind die Kinder dran. Ich freue mich vor allem über die vielen Kinder, die kommen werden mit Schlagzeug, Querflöte, Bongos, Cachon, Gitarre, auch klassischer Gitarre, und natürlich die kleinen und großen Pianisten. Natürlich bin ich auch gespannt auf Simones Atelier in der Stadt. Es macht mir Freude, zu Kunstwerken Lyrik oder Songs zu schreiben oder dazu frei zu improvisieren wie bei der KunstwerkWoche in Lungern, Schweiz, wo wir als Band spielten. Vielleicht werden wir uns nochmal in Schottland in einem Turm treffen und kreativ sein, abgeschieden vom normalen Leben wie im Künstlerdorf La Pigna bei Calvi.

Algajola

Zuvor gab es eine Wanderung durch Corbara mit seinem Kloster nach San Antonino, zurück über Areggio, Pigna und Algajola. Ich ritt zur Freude des kleinen Künstlerortes mit einem Esel durch die Stadt. Im Jahr habe ich ungefähr 80 bis 100 Konzerte.
Wenn ich die Kinder beobachte am Strand in Calvi, die mit mir spielen wollen und so zutraulich auf mich zukommen, dann habe ich das Gefühl, es stehen weiche tropfende Seelen vor mir, pure Kunst, und ich sehe in ihre leuchtenden, schmelzenden Augen, die voller Liebe sind. Ich beobachte, wie die französischen und korsischen Familien mit ihren Hunden im Meer spielen; die Hunde sind belastbar und freudig, sie holen einen gelben Ball mit schwarzen Punkten, als würde es um ihr Leben gehen, schwimmen wedelnd, wobei sicher angestrengt, bis weit hinaus, von den Felsen springend. Manchmal kommen korsische Jugendliche und rasen mit ihren Motorrädern am Strand entlang, oder es kommen Männer und Frauen, die mich wecken und fotografieren wollen. Manchmal liegt ein Hund dicht neben meiner Matte und schläft in der Sonne, ohne zu blinzeln. Es ist der Hund von irgendeinem der Strandrestaurants. Kurz, man könnte den ganzen Tag dort liegen, ohne sich zu langweilen. Wenn ich im Saal übe, hören oft Franzosen oder Korsen oder Deutsche zu. Sie scheinen es zu geniessen und sich daran zu erfreuen.

Gedanke 5: Genau auf Kurs.

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Genau auf Kurs

“Das Leben ist nicht ein Sein, sondern ein Werden. Nicht eine Ruhe, sondern eine Übung. Nicht Gesundheit, sondern Gesundwerden. Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber.

Es ist noch nicht getan oder geschehen, es ist aber im Gang und im Schwang. Es glüht und glänzt noch nicht alles, es reinigt sich aber alles. Ich muss leiden und stillehalten, dass Er mich schaffe. Gott selbst ist der Abgrund. Ich kann nicht tiefer fallen.” (Martin Luther)

Erfurt

Gerade weil Musik Text ist, ist Kunstmusik wie Klassik oder E-Musik (ernste Musik)  für viele Menschen anstrengend. Sie verstehen den Text nicht. Unterhaltungsmusik und Filmmusik sind oft leichter zu verstehen.
Kunst sehnt sich nach Qualität und Ergriffensein.

Dafür kollidiert sie manchmal, eckt an. Bei Kunst spielt ein Falsch und Richtig keine und doch eine Rolle — ein falscher Ton ist in diesem Moment ein falscher Ton, da gibt es nichts zu rütteln, so wie alle unterschiedliche Sprache dieser Erde Basis-Grammatikregeln aufweisen — und man muss sie kennen, um Neues auszuprobieren, um überwinden und übertreten zu wollen für ein bestimmtes Ziel. Kunst ist dennoch nicht gleichzusetzen mit Perfektion und Professionalität, mit perfekter Leistung, als sei diese schon Kunst. Es gibt so viel musikalische Professionalität, die nicht berührt.

Dass die musikalische Entwicklung von Kindern oft zu sehr gesteuert wird, hin zur Bühnenmusik beispielsweise, hat Nachteile. Wenn ein Publikum aus Neid oder Furcht geradezu a-musikalisch oder konsumierend wird, werden sich noch weniger Menschen trauen, ihrem künstlerischen Potential wirklich nachzugehen. Bühne braucht Zeit.