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Ann-Helena Schlüter

9. Mai 2020

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Ich nahm die Wahrheit mal aufs Korn und auch die Lügenfinten. Die Lüge macht sich gut von vorn, die Wahrheit mehr von hinten. (Wilhelm Busch)

Super formuliert! Gut beobachtet. Ich stimme überein.

Ich fühle mich nicht, als hätte ich Berufsverbot wegen C-19, denn ich übe mehr als je zuvor, übe in Ruhe, habe bald Prüfungen, komponiere, schreibe, Dissertation. Aber ich freue mich so, wenn ich wieder reise. Ich weiß ja schon gar nicht mehr, wie ein ICE von innen aussieht :). Morgen!

Ach, ich liebe es, wie Bach fünfstimmige Polyphonie flächig gestaltet wie in Piece d’Orgue: Die Linien werden immer länger, um in züngelnden Flammen, Orgelpunkt  und Flügeln zu enden: Der dritte Teil ist der lauteste, Höhepunkt, Crescendo.  (Unbegreiflich, wie man dies flötig registrieren kann.)

Ich freue mich, dass neue Werke von mir in E eingestuft wurden. Aber es kommen noch ganz viele. Der Musikdienst der GEMA braucht sehr viele Monate zum Einstufen. Viele Männer-Kollegen werden überhaupt nicht geprüft, sondern gleich in E eingestuft. Es geht ja um Geld. Ich habe noch keine Antwort erhalten, warum dies so ungerecht und diskriminierend ist. Es ist eine reine Männerjury der GEMA, die Werke einstuft. Sie behaupten, das wäre “eben so gewählt worden”, dass es eine Männerjury ist.  Dabei sind die, die wählen dürfen, hauptsächlich Männer. Da achtet die GEMA darauf, dass es hauptsächlich Männer sind, die ordentliche Mitglieder sind, denn es geht um Macht und Männerdominanz. Die GEMA ist für mich sehr frauenfeindlich. Seitdem ich das angesprochen habe, bemühen sie sich mehr als sonst, nach außen frauenfreundlich zu sein in ihrem Magazin. Nur Show. Die Realität sind anders aus. Ich bekomme das zu spüren. Da ist man als Komponistin mit eigenen Werken allein mit dieser Männerjury der GEMA. Und ich weiß, wie es ist, Männern allein gegenüberzustehen (siehe Frankfurter “Kirchen”musikabteilung).

Ob man gläubig ist oder nicht und das Theologische wird nicht geprüft in der “Kirchen”musikabteilung. Manche haben eine Bibel noch nie von innen gesehen. Die Kirche wird benutzt für die eigene Plattform. Weil man es woanders nicht geschafft hat (Theater/Bühne/Solokarriere). Diese Plattform nennen die Kirchenmusiker dann “Musik an der Kirche”. Es ist ein Benutzen und könnte man auch “Sport an der Kirche” oder “Nähen an der Kirche” nennen. Und das sind nach eigenen Worten “erfahrene” Kirchenmusiker. Die Frage, in was sie erfahren sind. Erfahren, die Kirche für das Eigene zu nutzen. Sie könnten das Evangelium nicht erklären, denn sie kennen es nicht. Es sind im Grunde Atheisten.

8. Mai 2020

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Offenheit für die Zukunft, die noch im Verborgenen liegt, im Geheimnis des Augenblicks. (Doro Zachmann)

Es ist schön und spannend, wie fein anders Bach seine crescendi aufbaut: Es ist nicht das (von mir geliebte) ungeduldig Dramatische wie Rachmannninof; Bachs Klage und Schmerz, beispielsweise in der Passacaglia c-Moll, sein Largo (handschriftlich im c-Moll Jesu meine Freude) darf nicht durch zu viel Ungeduld (Agogik) zerstört werden, sonst steht mein Ausdruckswille in Konkurrenz zu Bachs Musik und seinen Mitteln des Ausdrucks. Hier geht es um Ausspielen. Ich liebe das Tragische in der Passacaglia, die Art, wie Bach c-Moll ausführt. Unser seinen Händen verwanden sich die Tonarten wie bei niemand anderem: c-Moll, F-Dur, G-Dur… Ich habe gleich seine Paradestücke im Kopf. 

Mir gefällt der Begriff “gut abgesetztes legato” an der Orgel, dass man sagen und das Gleiche meinen kann mit: gut artikulieren und gut (ver)binden, da Phrasierung und Artikulation Hand in Hand gehen.  

Am Flügel ist Dynamik ohnehin gegeben durch die schwingende Vergänglichkeit des Tones, da der Ton schon kurz nach dem Niederdrücken leiser wird. Hier wird das Tempo real durch Agogik angezogen. Speed! I love it! An der Orgel aber kann und muss das Tempo oft durch Artikulation, nicht durch Agogik angezogen werden. Warum? Das Tempo kann oft durch Akustik, Raum und Pfeifen nicht so real schnell und scharf angezogen werden. Das kommt vielen Organisten entgegen, da sie ohnehin nicht schnell spielen können. Deswegen haben manche überhaupt das Instrument Orgel ausgesucht, nicht aus Liebe wie ich, sondern weil sie ohnehin nicht die Technik und Virtuosität haben, die es beispielsweise für den Flügel braucht (und weil sie dies am Klavier schnell bemert haben). An der Orgel kann man den Mangel beinahe kaschieren. Aber eben nur beinahe. Denn auch an der Orgel kann und muss man virtuos spielen. Man braucht das virtuose orgelspezifische non legato und inneren Drive und Feuer. Glut und Feuer geht vielen ganz ab. Natürlich liebe ich bei der Orgel das Grave, das ist für mich etwas Besonderes. Aber es wäre falsch, anzunehmen, die Orgel sei nur Grave, schwer, groß, schwerfällig, tief und laut. Aber manche Spieler scheinen das tatsächlich zu denken. 

Vielleicht beschreibt Bach eher eine Art generelles Leid als ein subjektives. In seinen Werken spiele ich Linien, Fluss, aber auch Ruhe, dass man Töne, Triolen und Triller eher spät als früh bringt, lerne, wie er ausgeschrieben verziert, Schwerpunkte, Markierungen und dennoch Leichtigkeit. 

Thomaskirche  Leipzig 

7. Mai 2020

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Ein wahrer Freund ist, wer dich sehn lässt deine Flecken und sie dir tilgen hilft, eh Feinde sie entdecken. (F. Rückert)

Neid muss man sich verdienen… so sagt man, um mich zu trösten. Aber trösten tut das nicht allzu viel. Von Fans und Feinden umgeben – das neue normal. Und viel komponiert. Ein neues Stipendium dafür erhalten. Ich muss sagen, das viele Hören ist anstrengend. Hören kann schon fast eine Art Folter sein.

6. Mai 2020

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Artikulation ist Aussprache und Ansprache. Auch mit aktiver Artikulation (man hat viel zu sagen) sollen Ruhe und Linie gewahrt bleiben. (AHS)

Ich freue mich, wenn ich wieder von Rapsfeldern umduftet werde. Wenn ich wieder am Meer bin. Wenn Konzerte wieder regnen und blühen. Ist jetzt eine Blütezeit für Kunst? Kunstpause.

Es gibt übrigens ein neues Header-Bild, wenn man bei Termin-Suche nach einem Konzertdatum sucht.

5. Mai 2020

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Nichts denken als dich.

Oder sollten sich Künstlerinnen nicht an andere hangen?

Nichts denken als dich.

Denn ist nicht Entfernung nur auseinandergerückte Nähe? Eingetaucht in die mystische Passacaglia c-Moll.

Mit Grace war ich heute draußen auf dem sonnigen Platz. Ich bin ja lieber draußen mit dem Pferd. Wir kommen gut zurecht, sie und ich, nur bei einer Sache sind wir nicht einer Meinung: Galopp. Dies ist meine Lieblingsgangart, aber nicht Gracies. Nur mit Mühe bringe ich sie dazu, anzugaloppieren. Ich weiß, dass ich noch nicht soweit bin, ein Pferd zu haben, das abgeht wie Schmitz’ Katze, aber Gracie braucht sehr viel Überredungskunst. Ich habe auch das dumpfe Gefühl, dass sie mich an der Nase herumführt und genau weiß, was ich will. Nunja, trotzdem wird sie belohnt und bekommt ihr Leckerli.

4. Mai 2020

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Unsere Gesichter sind Masken, die man uns verlieh, damit wir unseren Charakter dahinter verbergen. (O. Wilde)

Nun verbergen Masken unsere Masken. Wer die Wirtschaft so lange abschnürt, gefährdet wohl das Leben von noch mehr Millionen von Kindern und Menschen durch Armut und Hungertod. Ich frage mich, wie die Konsequenzen auf der anderen Seite sein werden. Virus-Zahlen werden möglichst hochgetrieben, andere (schlimme Todes-) Zahlen spielen keine Rolle (mehr). Am Virus sehe ich die Ungerechtigkeit. Was als wichtig erachtet wird und was nicht; welche Menschengruppen. Wann wird es Gerechtigkeit auf der Welt geben? Natürlich freue ich mich, dass man Künstler wie mich fördert, und natürlich bin ich insgesamt behütet und gefördert und beschützt. Aber ich vermisse das Konzertieren sehr, das Reisen. Das Live-Spielen. Den Kontakt mit dem Publikum. Die Bühne. Ich habe in den letzten Jahren nicht so lange pausiert von Konzerten wie jetzt. Vieles ist wie im Nebel.

Doch alles hat seine zwei Seiten: Ich habe nun die Zeit, mich neuen Werken zu widmen. Und ich habe mich sehr in Pierce d’Orgue verliebt. Ich weine beim Üben. Was bedeutet nur dieser Mittelteil, der so intensiv spricht? Es kommt mir vor wie ein Liebeslied, voller Zärtlichkeit, ich bin eingewoben. Pfingsten. Heiliger Geist. Es passt ja wie immer. Egal, was ich anfasse. Ich suche “aus Versehen” immer den Heiligen Geist aus. Der mysteriöse dritte Teil: Lentement (auch wenn viele hier jagen), züngelnde Flammen, Wellen, Cluster – du liebe Zeit, was ist das für Musik? Prozession, Dreieinigkeit, Länder, Tage – alles so gewichtig, und doch von Bach inmitten von Grave leicht und zärtlich. Ich muss sagen, Band 7 der blauen Bach-Bände hat es in sich – “VERSCHIEDENE EINZELWERKE” – und was für welche! Meine d-Moll-Sonate. Und ja, Passacaglia c-Moll. Man muss dem Geistlichen dieser Werke auf den Grund gehen. Sonst ist es sinnlos. Was mich sehr berührt, ist, dass Bach bis ins tiefste H geht- manche klassische französische Orgeln hatten solche tiefen Pedaltöne; auch italienische wohl; und einige große in New York heute. Aber hier in Deutschland ist es nicht so leicht, eine Orgel zu finden, auf der ich Piece d’ Orgue mit dem tiefen Pedal-H spielen kann. Und Bach ging es sicher genauso. Dennoch schrieb er es so. Signatur? Zu zeigen, dass Gott alles, auch das Unmögliche, erreicht und abdeckt? Die Fülle in jeder Richtung?

Es ist schön, mit Organisten weltweit verbunden zu sein und voneinander zu lernen und solche Dinge zu diskutieren. Durch das Virus ist man mehr vernetzt als vorher. Empfehlen kann ich das Buch Das Harvard-Konzept  – wobei Frauen nicht immer so verhandeln wie Männer. Es ist eindeutig ein Männerbuch. Die Beispiele sind meist für Männer gedacht. Ich muss ein Buch für Frauen über Verhandeln schreiben, einfach aus meiner Erfahrung.

3. Mai 2020

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Den Prozess des Werdens können wir jeden Tag üben. (AHS)

Endlich wieder Reiten nach der langen … ? Was war das eigentlich? Bzw. ist? Nun, jetzt habe ich Grace. Eine süße Haflingerstute (14), die ihren Namen alle Ehre macht.  Da, wo ich hektisch bin, baut sie viele kleine Zeitlupen ein. Ich lasse mich auf Grace’ Körperspannung ein, sie nicht nur auf meine. Ich liebe es, wie sie abschnaubt. Überhaupt mag ich sie. Man lernt durch das Reiten das Behutsame, die Zeitlupe, das Loslassen. Die schöne Seite der Schwerkraft. Die Ruhe. Auch Feldenkrais hilft, zu entspannen. Das Ziel hier ist für mich das mentale Üben und Spüren: Die Decrescendi in der Musik… Abschnauben, entspannen…

Wenn man motiviert ist, geht das Meiste auch digital. Eigentlich zeigt sich erst hier, wie motiviert und pädagogisch kreativ Lehrende sind.

Ich habe im BR gehört, wie viele Professoren gerade jetzt ihren Lehrverpflichtungen nicht nachgehen. Aber es gibt auch SPITZENMÄSSIGE.

Reiten geht natürlich nicht digital, und vieles andere Wichtige auch nicht. 

Dirigieren macht Spaß. Ich vergleiche Buchbinder mit Barenboim, mit Järvi. Diese besondere Sprache der Musikalität habe ich noch nicht ganz verstanden, die Funktion, diese “Kontrolle”. Die Musik, Musikalität überschwemmen mich. Es geht aber dabei nicht um meine Musikalität. Ob ich irgendwann mal vom Flügel aus dirigieren werde?

2. Mai 2020

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Die Improvisation vermittelt in der Musik auf die unmittelbarste Art Idee und Tat, Wollen und Können, Drang und Vollendung. (Jean Guillou)

Natürlich kommt es sehr darauf an, was mit Improvisation gemeint ist. Ist damit gemeint, Stile anderer gut nachzumachen? Choralvorspiele, Fantasien und Suiten “im Stile von”, im Stile einer bestimmten Epoche oder eines bestimmten Künstlers? Für mich ist das noch zu wenig. Auch und gerade wenn man das gut beherrscht, so sind es doch vor allem Methoden, Techniken und sogar Stereotypen, die angewendet werden. Für mich ist das nicht Improvisation, sondern nur das, was man im eigenen Stil improvisiert und erschafft. Das, was man wirklich selbst ist. Oder könnte man sich vorstellen, dass Beethoven, Mozart und Bach im Stil anderer improvisiert haben? Vielleicht um zu zeigen, dass sie es konnten. Aber im Grunde ging es ihnen nicht darum, Stile anderer zu kopieren, sondern Neues zu schaffen. Trotzdem werden heute Leute, die hauptsächlich andere kopieren, als “große Improvisatoren” bezeichnet. Eventuell schließt es sich aber sogar aus: Die, die Neues schaffen wollen, wollen (und können) nicht Meister darin werden, andere perfekt zu imitieren. Sogar Improvisations-Festivals und Improvisations-Unterricht/Wettbewerbe sind oft darauf aus, nur andere zu kopieren. Auch durchgestylte Improvisation ist für mich nicht wirklich kreativ. Es ist nicht falsch, das zu können, sogar eine gute Übung; aber nicht das Ziel; man sollte eben vorsichtig sein, all das als (große) eigene Improvisation zu bezeichnen. Für manche ist Liturgisches Orgelspiel schon Improvisation. Das kann es sein, wenn man einen eigenen Stil hat – doch meist…

Es ist ein besonderer und kreativer Prozess, einen eigenen Stil zu finden. Am Schluss improvisiere ich in fast jedem Konzert. Viele sagen zu mir: “Die Klangwelt, die du in deinen Improvisationen und Stücken aufbaust, so etwas habe ich noch nie gehört.”

Ja, ich werde meist noch mit anderen verglichen. Es ist auch nicht so leicht, in dieser Welt als Frau meinen eigenen Stil zu finden. Es ist ein Prozeß. Selbst die Kompositionswelt ist eine Art Lobby. In Frankfurt darf man nur Komposition studieren, wenn man die ganz bestimmte Richtung des Lehrers folgt. Da ist natürlich wenig bis gar keine Freiheit gegeben. Leider aber betrifft so etwas wohl sehr viele Städte. Und manches ist “in”, anderes gilt automatisch als “veraltet” – das sind nur Strömungen. Man muss sehr rabiat den eigenen Weg gehen. Man darf manchmal gerade nicht auf andere hören. Selbst Beethoven war so und zig andere. Aber da handelt man sich eben Ärger ein. Dabei sollte jeder reife, musikalische Mensch wissen, dass es anders nicht geht, wenn man Neues schaffen will. Die meisten aber haben zu viel Angst, Neues zu schaffen. Sie sind zu beschäftigt, sich bei anderen anzubiedern. 

 

1. Mai 2020

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Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

Gesegneten Feiertag! Ja, man ist auch nicht automatisch Christ, nur weil man in der Kirche arbeitet, musiziert oder predigt. Man wird natürlich auch kein Christ, nur weil (oder wenn) man nicht in die Kirche geht. Es kommt immer auf den inneren Menschen an. Deutschland ist wahrscheinlich das einzige Land mit Kirchensteuer dieser Art, aber ich finde das nicht falsch, im Gegenteil. Ich liebe schöne Kirchen und Orgeln.

Anbei etwas andere expressive Kunst: SCHATTEN-CODE

30. April 2020

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So weit deine Selbstbeherrschung geht, so weit geht deine Freiheit. (M.v. Ebner-Eschenbach)

Das ist richtig. Für mich ist es schwer, nicht wütend zu werden, wenn ich erfahre, dass Kantoren mich bewusst nicht an die Orgel lassen. Mit widersprüchlichen und haarsträubende Ausflüchten verweigern solche Männer die Orgel, die ihnen nicht gehört. Ausländische Organisten lassen sie an die Orgel, da sie Trading-Tausch-Konzerte durchführen, was ihnen von Vorteil ist. Haben diese Männer keinen persönlichen Nutzen davon, weil ich das Stipendium für Orgel-Videos habe, nicht sie, nutzen sie ihre Macht, um Nein zu sagen. Ich erinnere mich, dass Hans-Ola mir schrieb: “Menschen, die dich nicht an ihre Orgel lassen, sind A….” Es gibt noch mehr Kandidaten, die nur die, deren Nase passt, an die Orgel lassen. Da ist viel Klüngelei, Lästern und Machtgerangel am Werk. Auffällig ist hier immer wieder, dass Frauen kaum dabei sind, die an diesen Orgeln spielen. Ich glaube, die meisten dieser Männer sind nicht gewöhnt, dass eine Frau sich so etwas nicht gefallen lässt und sich wehrt. Ab einer bestimmten Etage im Leben trifft man fast nur noch auf Männer. Denn die meisten Frauen, die ich kenne, haben auf das Machtgerangel in dieser Etage keine Lust und ziehen sich zurück. So steht man da oft allein gegen Männer. Dann fragen mich Männer: “Wo sind denn führende Frauen auf diesem oder jenem Gebiet?” Wo sollen sie sein? Sie sind weggeekelt worden oder gehen von allein. Ich merke doch, wie es wird ab einer bestimmten Etage. Diese Männer sagen mir nicht direkt, was sie denken, weil sie mit Frauen im Beruf nicht umgehen können, sondern es läuft meistens hintenrum oder in höflichen Ausflüchten, die ich sofort durchschaue. Die Kirchen darüber anschreiben? Macht leider keinen Sinn, weil diese ja mit diesen Kantoren den Rest ihres Lebens zusammenarbeiten müssen und sich hüten, es sich mit diesen zu verscherzen. Es müsste eine Stelle (in der Kirche) geschaffen werden, die sich mit solchen Fragen beschäftigt und an die man sich wenden kann. Es ist eine gesellschaftliche, ethische, moralische und rollenspezifische Frage. Wie kann die Kirche es zulassen, dass diesen Kantoren ein solch diskriminierendes, egoistisches, unchristliches Verhalten eingeräumt wird? Ich komme mir vor die David gegen Goliath in solchen Dingen. Aber wer hat damals gewonnen? David. Traurig, dass viele Kirchenmusiker ein Lästerhaufen sind, der sich gegenseitig zerfleischt. Was ich da täglich mitbekomme, ist schlimm. Ich muss lernen, damit entspannt umzugehen. 

Eine neue Komponistin habe ich entdeckt: Ruth Zechlin. Super, gefällt mir. 

Der Weg dazwischen: dass ein Werk von ganz nett zu sehr gut wird, ist anstrengend. Der Weg von ganz neu hoch zu sehr gut – das ganz nett überspringend – ist kurzzeitig noch anstrengender.

Weinberge