
25. März 2025
Wenn jemand Worte falsch betont (aus meiner Sicht), bin ich so fasziniert, dass ich abgelenkt bin vom Inhalt. Überhaupt, wenn jemand oder jefraud besondere Worte benutzt oder Worte, die ich nie benutze, oder sie ganz anders betont, brauche ich erst mal eine Weile, schon allein deswegen, weil ich falsche Betonungen in mir drin korrigiere oder weil ich die neue Betonung aufgreife, wenn sie mir gefällt.
Wenn jemand zum Beispiel selbstbewusst LebensMITTELladen sagt statt LEBENSmittelladen, zudem weil ich dieses Wort nie benutze, dann kann mir jemand wer weiß was vom Lebensmittelladen erzählen – ich bin erst mal irritiert. Noch mehr, wenn jemand MUsigg sagt statt Musik. Oder wenn jemand von der MUsigg im LebensMITTELladen erzählt. (Anders ist es, wenn jemand die Sprache nicht beherrscht.)
Und es gibt sprachliche Habits, die ich sofort übernehme, weil sie mir gefallen und die ich auch dann anwende, wenn sie überhaupt nicht angebracht sind. Zum Beispiel das sächsische „nü“ (steht für alles) oder das schweizerische Odrrr? (hier liebe ich das rollende r) oder das englische isn‘t it?, das ich übersetzt übernehme und transkribiert mit nach Hause nehme, was normale Leute gar nicht nachvollziehen können, wenn ich das im deutschen Sprachgebrauch anwende.
Da ich als Kind eine Leseratte war, habe ich oft daheim im Erzählstil des Buches geantwortet, das ich gerade las und als wäre alles Teil einer Geschichte, wenn man mit mir gesprochen hat, zum Beispiel: Ja, sagte sie und reichte ihm die Butter. Oder: Sie schwieg und rollte mit den Augen.
Oder: Sprach’s und flüchtete aus dem Zimmer.
Das „Sprach‘s“ gefiel mir dabei am besten, was den Rest der Welt unglaublich genervt hat.