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2. Mai 2020

Die Improvisation vermittelt in der Musik auf die unmittelbarste Art Idee und Tat, Wollen und Können, Drang und Vollendung. (Jean Guillou)

Natürlich kommt es sehr darauf an, was mit Improvisation gemeint ist. Ist damit gemeint, Stile anderer gut nachzumachen? Choralvorspiele, Fantasien und Suiten “im Stile von”, im Stile einer bestimmten Epoche oder eines bestimmten Künstlers? Für mich ist das noch zu wenig. Auch und gerade wenn man das gut beherrscht, so sind es doch vor allem Methoden, Techniken und sogar Stereotypen, die angewendet werden. Für mich ist das nicht Improvisation, sondern nur das, was man im eigenen Stil improvisiert und erschafft. Das, was man wirklich selbst ist. Oder könnte man sich vorstellen, dass Beethoven, Mozart und Bach im Stil anderer improvisiert haben? Vielleicht um zu zeigen, dass sie es konnten. Aber im Grunde ging es ihnen nicht darum, Stile anderer zu kopieren, sondern Neues zu schaffen. Trotzdem werden heute Leute, die hauptsächlich andere kopieren, als “große Improvisatoren” bezeichnet. Eventuell schließt es sich aber sogar aus: Die, die Neues schaffen wollen, wollen (und können) nicht Meister darin werden, andere perfekt zu imitieren. Sogar Improvisations-Festivals und Improvisations-Unterricht/Wettbewerbe sind oft darauf aus, nur andere zu kopieren. Auch durchgestylte Improvisation ist für mich nicht wirklich kreativ. Es ist nicht falsch, das zu können, sogar eine gute Übung; aber nicht das Ziel; man sollte eben vorsichtig sein, all das als (große) eigene Improvisation zu bezeichnen. Für manche ist Liturgisches Orgelspiel schon Improvisation. Das kann es sein, wenn man einen eigenen Stil hat – doch meist…

Es ist ein besonderer und kreativer Prozess, einen eigenen Stil zu finden. Am Schluss improvisiere ich in fast jedem Konzert. Viele sagen zu mir: “Die Klangwelt, die du in deinen Improvisationen und Stücken aufbaust, so etwas habe ich noch nie gehört.”

Ja, ich werde meist noch mit anderen verglichen. Es ist auch nicht so leicht, in dieser Welt als Frau meinen eigenen Stil zu finden. Es ist ein Prozeß. Selbst die Kompositionswelt ist eine Art Lobby. In Frankfurt darf man nur Komposition studieren, wenn man die ganz bestimmte Richtung des Lehrers folgt. Da ist natürlich wenig bis gar keine Freiheit gegeben. Leider aber betrifft so etwas wohl sehr viele Städte. Und manches ist “in”, anderes gilt automatisch als “veraltet” – das sind nur Strömungen. Man muss sehr rabiat den eigenen Weg gehen. Man darf manchmal gerade nicht auf andere hören. Selbst Beethoven war so und zig andere. Aber da handelt man sich eben Ärger ein. Dabei sollte jeder reife, musikalische Mensch wissen, dass es anders nicht geht, wenn man Neues schaffen will. Die meisten aber haben zu viel Angst, Neues zu schaffen. Sie sind zu beschäftigt, sich bei anderen anzubiedern. 

 

Eine Antwort auf “2. Mai 2020”

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