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Ann-Helena Schlüter

20. August 2020

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Selbstvertrauen ist Vertrauen auf Gott. Er wird mich schon nicht stecken lassen. (Bettina v Arnim)

Mir fällt auf, dass Frauen so eine andere Sprache sprechen als Männer, dass diese oft leicht von Frauen irritiert sind. Daher arbeiten sie lieber mit Männern? Oder weil die Ehefrauen nicht wollen, dass Männer mit Frauen arbeiten? Jemand sagte mir, “eine berufliche Beziehung zwischen Mann und Frau sei intensiver als eine sexuelle.” Ich verstehe nicht, was das soll. Durch solche Aussagen werden Frauen oft von Männern und von Frauen angegriffen und behindert. An wen soll man sich als Frau dann noch wenden? Es gibt kein drittes Geschlecht. Aber es gibt Gott. Denn wenn dies tatsächlich gedacht wird, dass Frauen nicht intensiv mit Männern zusammenarbeiten dürften, dann sind auch Frauen daran beteiligt, andere Frauen beruflich nicht vorwärts zu bringen, weil sie “Angst um ihre Männer haben”. Zudem fiel mir folgendes auf: Frauen werden seit Jahrhunderten, in Filmen, von der Mutter, in Büchern etc. bis heute dazu erzogen, anderen Frauen zu misstrauen, sie nicht zu mögen und nur für Männer  da zu sein – für “den einen” – und der soll andere nicht anschauen, “denn die anderen Frauen sind dann schuld, wenn etwas ist” – etc. Dieses Denken kommt sicher von Männern und wurde den Frauen eingetrichtert, damit Frauen keine Freundschaft untereinander pflegen, nicht zusammen halten, sich gegenseitig misstrauen und damit dem autoritären Männer-Hype Auftrieb geben. Frauen müssten aufgeklärt werden, wie das wirklich läuft. Es ist für manche Männer sogar unheimlich, wenn Frauen lächeln. 

Gelesen habe ich zur Entspannung den Thriller Ein gutes Mädchen – allerdings kam mir die Geschichte halb geklaut  vor von einem Film, den ich im Flugzeug gesehen habe – eine schreckliche Geschichte. Empfehlen kann ich den Film 10 Days in A Madhouse – ich wünschte mir, ich wäre so mutig wie sie. 

19. August 2020

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Ich fürchte mich zu kennen und kann mich doch nicht ignorieren. (Voltaire)

Beim Registrieren werde ich immer perfektionistischer. Ich bin fast nie ganz zufrieden. Am nächsten Tag ändere ich einiges wieder um. An einem Tag ist mir vieles zu laut, am anderen zu leise. Aber es macht Spaß. Sehr gut schmeckt beim Üben Nachtisch-Tee von Tee-Fee. Sehr gefällt mir der Film Fräulein Smillas Gefühl für Schnee. Sie erinnert mich an mich. 

Es hat mir gefallen, wie Riccardo Muti, Joana Mallwitz, Gianluca Capuano und Kent dirigiert haben. Dagegen Barenboim hat mir nicht sehr gefallen, auch nicht sein Sohn, den er als Konzertmeister pusht, denn er wirkte genauso gelangweilt wie sein Vater. In Barenboims langer Vita und auch in der Vita seines homosexuellen Solisten waren nur Männer erwähnt. Auch das hat mich nachdenklich gemacht. 

Männer scheinen eine Dauereinrichtung in Festivals zu sein. Sie haben die Festivals gegründet. Aber sie haben auch Autos, Strassen, Asphalt und Hochhäuser gegründet. Es gibt nur diese eine Welt, keine zweite. Wenn Männer sich so weit ausbreiten und alles unter den Nagel reißen, wo sollen sich Frauen ausbreiten, wo Frauen etwas gründen? Und wie kaputt ist unsere Welt durch das viele “Gründen” der Männer? Gibt dieses massive Ausbreiten das Recht, Frauen zu unterdrücken? Das, was sie Frauen eintrichtern ist, dass sie folgsam und brav sein sollen. Das nennen sie “Respekt” ihnen gegenüber. Doch dieser “Respekt” wird Frauen in der Männerwelt zum Verhängnis.

Darin, Frauen ihren rechtmäßigen Platz (zurück) zu erobern, kann eine Frau leider nicht damit rechnen, von anderen Frauen Unterstützung zu bekommen. Die Abhängigkeit, die Angst, die Tradition der Rollenverteilung und die Sehnsucht nach Männern ist für die meisten Frauen Grund genug, nicht zu helfen, dass alle Frauen gleichberechtigt behandelt werden. Ich weiß, dass es früher sehr viel schlimmer gewesen sein muss. Doch das ist für mich kein Trost, im Gegenteil. Noch 1887 wurden Mädchen in Anstalten misshandelt und ermordet, wie in Blackwell’s Island, NY. Leider geschah dies mit Hilfe von Frauen, die wiederum meinten, durch das Zusammenhalten mit Männern das Wohlgefallen dieser und durch Strenge gegenüber Frauen sich selbst ein besseres Leben und Vorteile zu verschaffen. 

Ich sehe an weiblichen Vorbildern, dass man als Frau wohl einen extremen Weg gehen muss, um auf diese Missstände hinzuweisen und die Wahrheit ans Licht zu bringen. Es ist schwer, mutige Frauen zu finden. Doch ich liebe es, wenn Frauen zusammenhalten. 

Ich hoffe, ich erlebe diesen Sommer keinen weiteren Machismo-Schock. 

18. August 2020

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Die Großen hören auf zu herrschen, wenn die Kleinen aufhören zu kriechen. (Schiller)

Schöne Fiakerfahrt in Salzburg in der Sonne – nun, unser wettergegerbter Kutscher, der „schon mal Lang Lang fahren durfte“, konnte leider wenig zur Stadt sagen, obwohl er seit Jahrzehnten hier fährt (als ich ihn fragte, wer der Name auf einem Schild sei, antwortete er, das wisse er nicht, das Schild sei ihm noch nie aufgefallen). Die beiden Haflingerstuten trabten lieb an der Salzach entlang und dann immer rund um den großen Dom. Es ist wirklich ein Wunder, dass diese hübsche Stadt, etwas größer als Würzburg, nicht stark getroffen wurde im Krieg.

Abends war dann wieder Konzert im Festspielhaus. Wenn es dort jedesmal heißt, man würde empfehlen, “die Maske” auch im Konzert zu tragen und dann dennoch 80 Prozent “die Maske” abnehmen, dann muss das doch peinlich für die Veranstalter sein. Es haben hauptsächlich wenn, Frauen die Maske weiter getragen, gehorsam wie sie sind, während die vielen alten Männer (die Risikogruppe) keine Maske trugen.

Auf allen sieben Konzerten fiel mir auf, da ich ja auch weit vorn saß, dass der “harte Kern”aller Orchester samt fast aller Außensitzen von Männern dominiert waren. Dort in diesem inneren harten Kern schlagen sich die Männer grinsend auf die Schulter, tuscheln und planen miteinander, schauen sich auch beim Spiel verschwörerisch an und bedanken sich hinterher beieinander. Die Frauen lächeln am Rande schweigend dazu. Sie sind im Grunde außen vor. Das alles hat mich sehr nachdenklich gemacht. Die beste Aufführung war mit Abstand Cosi fan tutte – von Frauen geleitet. Warum haben Männer so Angst vor dem Können von Frauen?

Viele Organisten spielen vielleicht richtig artikuliert, aber ohne Seele, ihre Töne singen nicht, es klingt sehr spitz, herzlos, nicht süffig, ohne Rundungen, alles Knochen, lieblos. Man merkt, dass sie die Musik an sich nicht gelernt haben.

17. August 2020

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Zu glauben, dass Gott nicht existiert, ist ein Fehler, den nicht mal der Teufel begangen hat. (Steve Zschunke)

Das Diwan-Orchester mit Barenboim (der eher apathisch dirigierte) konnte ich von der Mitte erster Reihe aus gut sehen. Ich saß direkt vor ihm.

Die ständigen Umbauten von Maskenmännern zwischen den Werken zerstörte die Atmosphäre.

In der Mozartmatinee am Morgen im Haus Mozart Felsenreitschule saß ich wieder in der ersten Reihe. Die Sopranistin Julia Lezhneva hat mich zu Tränen bewegt. Leider saß neben mir jemand, der während der Konzertes Dirigier-Sportübungen machte. Ich versuchte, mir seinen Anblick durch meine Haare und durch das vorgehaltene Programm zu ersparen.

Hier in Österreich heißt die Apfelsaftschorle Apfel gespritzt, oder man wird gefragt: “Mit Soda oder Leitung”? Das heißt, nicht mit Mineralwasser, sondern mit gezuckertem Wasser oder mit Leitungswasser, gar nicht mit Mineralwasser. Das Leitungswasser kostet hier übrigens 1,20. 🙂 Man bekommt sogar Orangensaft gespritzt. In eine Karaffe mit Strohhalm. Ich mag am liebsten Marille gespritzt. Und ich mag die Mozartkugeln, die hier echt handgemacht sind, am liebsten die von Holzermayr, mit viel Marzipan. Nicht die aus dem Handel. Marzipan wird ja in Deutschland geradezu ausgerottet. Kein Bäcker hat etwas mit Marzipan. Hier in Salzburg gibt es keinen Bäcker ohne. So soll es sein. Dann gibt es hier Spinatknödel mit Parmesan. Sehr lecker.

Dass die Salzburger Festspiele möglich sind, liegt natürlich daran, dass sie in Österreich stattfinden. In Deutschland hätte die Presse so Druck gemacht, dass sie nicht möglich gewesen wären. Seit hundert Jahren laufen die Festspiele, sogar 1944 hatten sie die Spiele geplant, doch aufgrund der Attentats wurden alle Häuser geschlossen. Damals soll Strauss gesagt haben, nach seiner öffentlichen Generalprobe am 16.8.44, als er all die geschlossenen oder zerbombten Opernhäuser und Konzertsäle sah: “Das ist das Ende der Opernwelt”. Doch schon 1945 gingen die Spiele weiter! Jetzt hat der Zustand auch etwas Kriegsähnliches. Manche betonen jeden Tag, “es würde nie wieder so werden wie früher.” Erinnert mich an Strauß. Leider sind die Festspiele noch immer sexistisch. Ich weiß nicht, wann dies jemals anders wird. Ich komme mir vor, als würde ich gegen einen dicken Vorhang ankämpfen, in dem es schrecklich mieft.

Üben tue ich täglich auf einer Haydn-Orgel im Stadtteil Salzburg-Herrnau. Die Kirche hat eines der größten Altarbilder der Welt. Dann bald ab nach Hause.

16. August 2020

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Dort, wo die Gefahr am größten ist, wächst auch das Rettende. (Anonym)

Dies habe ich heute auf einer Litfaßsäule in Salzburg gesehen, es hat mir sehr gefallen.

Ich war heute in Mozarts Cosi fan tutte im großen Saal des Salzburger Festspielhauses – es war die bestgesungenste Oper, die ich je gehört habe! Und ich habe schon viele gehört, auch Cosi fan tutte zweimal. Auch Bayreuth war nicht besser. Heute war die vorletzte Aufführung dieser Oper. Die Sängerinnen waren gleichzeitig phantastische Schauspielerinnen, ich habe noch nie so viel gelacht in einer Oper. Besonders diese Despina – die Zofe – einfach köstlich. Ich habe mich ausgeschüttet vor Lachen. Und die beiden Mädchen, Dorabella und Fiordiligi, haben wunderschön gesungen, hell, rein, ohne dieses übertriebene Opern-Vibrato, dazu sehr emotional und spannend. Es war nicht einfach nur steif und perfekt, wie sie oft ist, die militärische Klassik. Es war endlich etwas, was ans Herz ging.

Das Beste aber war Joana Mallwitz, endlich eine Dirigentin! Und was für eine. Sehr gut. Sie dirigiert nun meine Schwester in Nürnberg. Ich habe so viel “Bravo” gerufen, dass ich ganz heiser bin. Ich hatte einen sehr guten Platz vorne, ich konnte ihre eleganten Bewegungen sehr gut sehen, konnte das ganze Orchester im Graben beobachten, jeden. Diese junge Frau hat sich, um ins Männersystem zu passen, die Haare ganz kurz geschnitten und nach hinten mit Gel gestrichen! Damit sie ja wie ein Mann aussieht oder nahe herankommt. Traurig, was Frauen auf sich nehmen müssen. Dabei ist sie sehr weiblich.

Dennoch hatte sie es mit den Wienern nicht leicht. Dieses Wiener Orchester hat lange keine Frauen im Orchester zugelassen, sie hatten auch heute nur ein einzige Frau im Graben! – und werden nun gar von einer jungen Frau dirigiert! Man kann sich vorstellen, wie schwer sie es gehabt haben muss. Ich habe diese Männer genau beobachtet, zwei Stunden lang. Einer kam zu spät – bei den Salzburger Festspielen! – , und viele haben getuschelt und gegrinst. Bei Ricardo Muti heute morgen (Beethovens Neunte) waren sie alle wie eine Eins. Was für eine Truppe! Angeschaut hat sie nur der Pianist am Hammerklavier, dieser war sehr gut.

Dennoch hat sie alle Einsätze perfekt dirigiert. Und was schreibt das Programmheft? “Sie ist die erste Frau in der Geschichte der Festspiele, der eine ganze Aufführungsserie anvertraut wird.” Anvertraut. Was für ein Armutszeugnis für die Salzburger Festspiele, die seit 1945 hundert Jahre gebraucht haben, eine Frau eine ganze Serie dirigieren zu lassen.

Dabei gibt es so viele hochbegabte Frauen. Die Salzburger Festspiele sind leider noch immer sehr männerlastig, noch immer ein sexistisches Festival mit vielen alten Männern – dadurch wirkt alles so grau, steif und militärisch. Alle Komponisten: Männer. Fast alle Solisten: Männer. Fast alle Dirigenten: Männer. Fast alle Instrumentalisten: Männer. Fast alle Texte in den Programmheften: von Männern. Die einzigen, die promotet werden, sind Sängerinnen, weil Männer nicht wie Frauen singen können. Könnten sie es, hätten sie diese Partien auch übernommen.

15. August 2020

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Wo der Wille nur erwacht, dort ist schon fast etwas erreicht. (Hofmannthal)

Ich freue mich auf die Presse von Erlangen. Die schöne Walcker-Jann-Orgel ist erneut eine “Universalorgel” im besten Sinne.

Bin nun in Salzburg gelandet. Salzburger Festspiele.

Salzburger Festspiele

Kent Nagano heute in der Felsenreithalle mit Mahlers Lied von der Erde war sehr interessant, ich habe seine Bewegungen genau verfolgt.

Das Stück Jedermann von Hofmannsthal im Festspielhaus gestern Abend war spannend. Es wird wohl seit hundert Jahren jedes Jahr gespielt. Es wirft natürlich den Mann an sich in ein schlechtes Licht. Schön ist, dass es ein christliches, weises Stück ist. Jedoch wird dies wohl meist verkannt, diesen wahren Aspekt. Da sitzen nämlich die reichen Jedermänner im Publikum mit ihren teuren Karten und verstehen nicht, dass sie selbst gemeint sind, dass sie selbst umkehren müssen. Der Mittler, der mitgeht, ist Jesus, keine Menschen, keine Werke, auch nicht der eigene Glaube. Denn der kann gar nicht existieren ohne Jesus. Man muss wissen, an wen man glaubt und warum. Dies wurde nicht genug herausgebracht. Das Evangelium blieb dadurch an entscheidender Stelle im Stück auf der Strecke, wahrscheinlich durch die Inszenierung. Daher bekam der schwule Teufel am Schluss den meisten Applaus. Ich war berührt, dass am Ende, als wir das Haus verließen, Christen Zettel verteilten, auf denen das Evangelium stand. Passend zum Stück.

In Salzburg gibt es an sich keine Maskenpflicht, was einen ja schon mal aufatmen lässt. Frische Luft zu atmen ist Luxus geworden. Überall höre ich Französisch, Italienisch und Bayerisch. An sich sprechen die Österreicher auch bayerisch.

Das neue Museum für moderne Kunst (Museum der Moderne) auf dem Mönchsberg ist sehr schön; moderne Kunst war es natürlich nicht. Daher passt der Titel des Hauses nicht ganz. Aber es wurden viele Frauen ausgestellt, endlich. Wunderbare jüdische Künstlerinnen, deren Werke mir sehr gut gefielen: Lotte Laserstein, Else Lasker-Schülers Zeichnungen und Louise Kolm-Fleck. Wobei der Mann, ein Thöny, die größte Fläche bekommen hat. Seine Bilder gefielen mir nicht. Zudem kam es mir suspekt vor, dass von ihm berichtet wurde, er hätte “ganz nach seiner Gewohnheit im Exil New York jahrelang im Hotel gewohnt, so wie in Graz.” Wie konnte er sich das leisten? Wurde nicht erwähnt. Es wurde im Grunde die gesamte Realität weggelassen. Die Lebensrealität. “Sein Problem war, wie er die Lichter der Stadt malen sollte.” Aha. Dieses Problem hätten andere Juden, die sich eine Überfahrt nach New York nicht leisten konnten, sicher auch gern gehabt.

Endlich hat Salzburgs Stolpersteine auch den jüdischen Künstlerinnen Patz gemacht, wie Alma Rose. Da Frauen nicht so aggressiv wie Männer auf Erinnerung von sich selbst pochen, werden sie oft vergessen, wird erschreckend lang über sie geschwiegen. Aber nun ist Salzburg aufgewacht. Ich hoffe nur, dass die Bewegung, Frauen ihren rechtmäßigen Platz zu geben, nicht zerstört wird. Es gibt ja nun genügend Männer, deren Kultur es nicht ist, Frauen zu ehren. Und Frauen sind oft zu leise darin, andere Frauen zu ehren.

Heute freue ich mich dennoch auf Barenboim abends und Mozart frühs.

Schön war es, im Cafe Tomaselli “Mozarts Mandelmilch” zu trinken, “die er immer trank, im Kirschenzimmer, wenn er Noten schrieb”. Okay, klar. Schön war es trotzdem, vor allem, die Fiaker zu sehen, die mit ihren lieben Pferden vorbeitraben. Heute Abend gibt es Mahler. Die facebook-Gruppe Pinnwand Kirchenmusik schaltet Beiträge von Organistinnen kaum frei, so dass die Gruppe zu 90 Prozent aus männlichen Beiträgen besteht.

14. August 2020

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Einsamkeit ist das Los aller hervorragenden Geister. (Schopenhauer)

Dieser soll ein düsterer Frauenhasser gewesen, schon vor 150 Jahren. Ich muss sagen, Philosophie ist schön, aber der Glaube ist viel mehr. Man ist bei Gott ein sehr kreatives Ich, was manche Philosophen nicht verstehen (wollen). Diese meinen, nur ohne Gott und ohne seine Ordnung sei man wer, oder besser – ein Mensch. 

Das Konzert in Erlangen war sehr schön und ausverkauft, coronabedingt durften nur 100 mit Voranmeldung hinein. Die große blaue Walcker-Jann-Orgel von 1961 (Jann 1996) mit Engeln verziert und drei Manualen (HW, OW, SW) und schönen Zungen steht auf einer Empore, auf der es beinahe 30 Grad war. Sie hat auch typische Register der Orgelbewegung, zum Beispiel Pommer 4 im Pedal. In meinem schwarzen Kleid konnte ich in dieser Hitze nicht spielen, ich habe mir etwas Luftiges angezogen, üben tue ich meist nackfüßig. Erlangen ist eine sehr schöne Stadt, etwas kleiner als Würzburg. Um mich abzukühlen, habe ich mir kurz vor dem Konzert auf die kalten Steine ganz unten beim Orgeleingang gelegt. Das war der einzige kalte Ort. Da auch Leute oben sitzen durften, hat mich eine Dame dort im Dunklen liegen sehen. Sie kam auf mich zu, ob alles in Ordnung sei. Ich sagte, dass ich meditiere. Oh, sagte sie. Das verstehe sie. Es kostete mich Überwindung, kurz vorher in dieser Hitze Socken und Orgelschuhe anzuziehen. 

Piece d’ Orgue Fantasia G-Dur gefällt mir immer sehr gut, vor allem “die längste Tonleiter der Welt” am Schluss. Ich habe nun auch einmal gehört, wie man den dritten Teil von Piece d’Orgue cembalomäßig und leise (sogar langsam) spielen kann. Es geht auch, wobei ich die fulminante Lösung lieber mag. Es mag ja gerade der Witz sein, dass die Tempobezeichnungen immer langsamer werden, die Leidenschaft aber immer hitziger wird. Festgestellt habe ich, dass man immer vorsichtig sein muss, das Pedal nicht zu laut zu registrieren, denn dann wird es träge, vor allem die 16′. Leider macht es mir noch immer keinen Spaß, Stücke von hinten zu üben. 

Das Talent arbeitet, das Genie schafft. (Schumann)

Das Schaffen macht Spaß, das Arbeiten weniger, scheint aber doch auch dazuzugehören. Schön finde ich an Liszt Ad nos, dass das Thema überall ist, in sämtlichen Gesten, Schattierungen und Nebenstimmen – Ingesamt kann man sagen, dass es hilft, möglichst wenig Mätzchen oder Kokolores an der Orgel zu machen. Hier und da kann man sich ein Sahnebonbon leisten. Aber nicht die ganze Zeit. Vor allem nicht am Anfang: Das Stück beginnt mit einem dunklen Bühnenbild. Ruhig.

Die Orgel ist wie ein Pferd. Es möchte nie grob behandelt werden und auch nicht immer getrieben werden.

Ich merke, dass ich bei der Registrierung dieses Stückes sehr perfektionistisch bin. Oder jedenfalls ändere ich jeden Tag um. Immer fällt mir etwas Neues auf und ein. Ob man jemals die perfekte Registrierung findet?

Manche sind durch mich ermutigt und inspiriert, auch einen Blog zu schreiben.

Empfehlen kann ich das Buch Himmelblau und Rabenschwarz.

12. August 2020

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Kein Gebiet ist so klein, dass sich darauf nicht Größe entfalten könnte. (Sprichwort)

Gut, dass ich manches schon vorgeschrieben habe, sonst käme ich mit meinem Blog gar nicht mehr hinterher…

Bei dieser Hitze Orgel zu üben ist schon schwer.

Ich freue mich auf mein Orgelkonzert heute in Erlangen und dass ich von vielen höre, dass sie meinen Blog schön und herzergreifend finden.

Interessant ist die englische Orgelmusik von Herbert Howells. Als nächstes möchte ich Reubke-Sonate lernen.

Ich liebe alle Ladegast-Orgeln, die ich gespielt habe: in Leipzig, Schwerin, Rudolstadt, Merseburg und Köthen.

Wichtig ist, dass man immer mehr Orchester hört beim Orgelspielen. Dass es nicht “nach Orgel” klingt. Schon gar nicht bei Ad nos. Ich stelle mir die Celli, Oboen und Klarinetten vor. Das ist an der Orgel leichter als am Flügel. Wenn nur die Pfeifen nicht wären.. 🙂

Empfehlen kann ich den irischen Film Das Leuchten des Regenbogens. 

11. August 2020

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Moses gab den Auftrag, Posaunen anzufertigen; mit Flöten- und Harfenklang hat das auserwählte Volk Loblieder gesungen. Wir sollen loben und jubeln. (AHS)

Es war wunderschön im Merseburger Dom. Ich habe vier Tage dort Tag und Nacht geübt. Es war sehr anstrengend, aber ich war trotzdem glücklich. Was für eine Orgel, vier Manuale, sehr selten in Sachsen-Anhalt, eine Orgel von 1855. Schweitzer war nie hier, hat aber die Orgel aus der Ferne gelobt. Die Orgel mit dem wunderschönen Rückpositiv ist voller Engel. Die Registerzüge gehen genau bis zur Zahl 100. Setzer gibt es natürlich nicht, auch keinen Barker. Wenn man die Manuale koppelt, hat man zu kämpfen, was mir aber Spaß macht, besonders bei Bach Fantasie G-Dur Piece d’ Orgue. Die Orgel ist nie zu laut. Meine fünfte Ladegast. Nur einmal sagte man am letzten Tag, die Besucher könnten ihren Audio-Guide nicht mehr verstehen. (Da fragt man sich, was wichtiger ist, der Audio-Guide oder Liszt?) Ich liebe die Undamaris, die Flöten und die 16′ und  32′, besonders in den Manualen, die Schallmay (Zunge) und alle Zungen. Die Prospekt-Fassade ist überwältigend, doch noch schöner sind die Klangfarben aus dem Herzen des Instruments. Auch die kleine weiße Ladegast (ein Manual) unten habe ich gern gespielt- ich liebe die historischen, runden Registerknöpfe und die Gambe. Sie erinnerten mich an meine Thüringen-Orgel-Zeit Anfang des Jahres.

Unterricht, Hochzeit, Gottesdienst, Konzert: Der Dom ist so einladend, hell, mit Originalsteinen und Grabplatte, die über 1000 Jahre alt sind, mit einem Rabenkäfig (die beiden großen schönen Raben, ein Paar, tun mir allerdings sehr leid – sie brauchen und wollen eigentlich Freiheit, können in dem Käfig kaum fliegen, sind aber sehr musikalisch und machten meine Zungengeräusche nach) und einem wunderschönen Kreuzgang.

Hinter dem Dom liegt direkt das Schloss, dahinter der Schlosspark mit Brunnen und gelbem Sommerschloss, in dem eine Malerin arbeitet, und untendrunter fließt friedlich die Saale, umsäumt von alten, wertvollen Riesenbäumen. Franz Liszt war hier, an diesem Fluss, bei diesen Bäumen, in diesem Dom, an dieser Orgel, auf der Orgelbank, auf der ich sitze. Ich wohnte direkt am Dom, auf dem Platz, und musste nur ein paar Schritte zum Bäcker gehen. Zudem gibt es zwei nette Restaurant, eins davon eine ehemalige Kunstgalerie, eins ein Kartoffelhäusle, wie es wohl in Sachsen-Anhalt einige geben soll. Auf die “Zaubersprüche” kann ich allerdings verzichten.

Die Ladegastorgel ist unvergesslich, eine der klangschönsten Orgeln, die ich je gespielt habe, eine historische Universal-Orgel im besten Sinne, ein Bach-Orgel, eine Liszt-Orgel, eine, auf der Mozart mit brillanten Flöten und Muffat herrlich klingen aufgrund der wunderschönen Streicher und Prinzipale, genauso wie Scheidemann mit wunderschönen Zungen, eine Orgel, auf der man auch wunderschön Messiaen spielen kann. Auf facebook habe ich sie mit Videos vorgestellt.

Die Orgel, auf der Ad nos uraufgeführt wurde: Also habe ich hier an dieser Domorgel Liszt Ad nos und Liszt B-A-C-H tage- und nächtelang geübt und die Aeoline 16 auf dem vierten Manual samt allen weiteren Klängen der Orgel in mein Gedächtnis eingegraben. 5700 Pfeifen, 81 Stimmen (an Registerzügen): Friedrich Ladegast hat ein Wunder erschaffen.

Sehr schön ist auch das Stahlspiel auf dem 3. Manual (Glockenspiel). Man muss 9 Sperrventile nach dem Einschalten ziehen, damit die Orgel spielt, fünf rechts (davon drei rosa) und vier links (davon zwei rosa), darunter auch die Basskoppel. Die Registerknöpfe sind wunderschön, Rosa für Pedal, dem viertem Manual und Rückpositiv (erstem Manual), weiß für HW und OW. Liszt hat hier registriert, als Winterberger Ad nos uraufführte.

Wir besuchten am Samstag auch Naumburg, die Bachstadt, ganz nah von Merseburg, mit der weltweit größten Bachorgel, der Hildebrandt-Orgel in der Marktkirche Wenzelskirche von 1746, die Bach selbst geprüft und gelobt hat: Weiß verziert, wappengeschmückt, samt dem herrlichen, nicht allzu großen Naumburger Dom (UNESCO) mit der kleinen, ebenerdigen Eule-Orgel, klangschön, in einer herrlichen Akustik. Dort habe ich eine Stunde Bach gespielt, während mir viele Leute zugehört haben, die meisten Rucksacktouristen.

Es waren sehr heiße Tage, doch in den Domen war es schön kühl.

Ich habe meinen Spieltrieb auf meine Ohren übertragen. Leider sind manche Griffe in Liszt und Messiaen unerträglich gross für meine Hände, es klingt dann wie Fischsuppe, wenn ich keine kreative Lösung finde.

“Haben Sie so kleine Pfoten? Zeigen Sie mir mal, wie Ihre Fischsuppe klingt.”

Ich hätte gern mal ein Salzwasser-Aquarium. So schön.

Ich finde die Welt der herkömmlichen Kirchenmusiker oft so steif. Schrecklich. Ich komme mir da wie ein exotisches Wesen vor.

Manchmal haben die Kirchen massive Schlüsselbunde. Wenn man da mal einen sucht…

“Wir haben kaum noch Schlüssel übrig, da wir so viele Messner sind.”

“Das macht Sinn.”

“Wahn-Sinn, da haben Sie Recht.”