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7. Oktober 2024: Geprüft wird die Liebe durch den Wettstreit mit dem eigenen Vorteil. (Al-Ghazali)

Foto: Knauf-Walcker-Rensch Orgel 1846 / 1930 / 1993 ev. Heilig Geist Kirche Menden Sauerland NRW, 3 M, Koppelmanual

Das Konzert in Menden in Heilig Geist war sehr schön, das erste dieser Reihe. Wunderschönes sonniges Herbstwetter. Die Kirche hell, schlicht und angenehm. Ein Kunstraum. Wunderbare, kristallklare Akustik mit ausgewogenem, brillanten Nachhall, eine perfekte Mischung aus Nichtzuviel und Nichtzuwenig. Ich habe einen großen Blumenstrauß bekommen, habe Zugabe gespielt, wir waren Eisessen und danach beim Italiener.

Der Umbau von der elektropneumatischen E.F. Walcker-Taschenladen-Orgel hin zur mechanischen Rensch-Orgel war die Initiative von Helmut Brandt. Der wunderbare freie Walcker-Spieltisch opus 2293 steht noch als Museumsstück oben rechts auf der Empore.

Man darf nicht verwechseln, wo sich das Koppelmanual befindet in der im Grunde zweimanualigen Orgel. An der Uni Greifswald z.B. war das Koppelmanual der Institut-Orgel Banzhaf unten im ersten Manual, hier im zweiten. Ein Koppelmanual ist eine Spielhilfe, um tutti-Wirkung und eine gewisse Dreimanualigkeit herzustellen.

Von hier scheint alles „ca. eine Stunde weg“, sei es nun Dortmund, Schwerte, Lüdenscheid, Hamm, Münster, Hagen, Unna, Köln… Das kann man von Würzburg nun nicht sagen, dass viele (große) Städte alle ca. eine Stunde weit weg seien. Wobei. Bamberg, Ansbach, Nürnberg, Erlangen, sogar Fulda, Hanau und Frankfurt.

Die kleine, runde A.J. Schiegnitz Orgel 1999 in der ev. Erlöserkirche in Menden steht neu ebenerdig rechts hinten im Westen. Die alte schöne Ahrend-Orgel wurde dort von der weißen Empore abgeräumt und nach Leer verkauft. Die neue Orgel besitzt ankerartige Registerzüge (geteilt) mit sanften Klängen und ist hochwertig und kompakt aus Holz verarbeitet.
Besonders gefallen mir Una Humana 8 und Gedackt 8. Trotz der wenigen Register klingt die Orgel voll und warm im Raum.

Ich schätze das geschmackvolle Design der Orgel, von Schiegnitz‘ Schwester, die in Österreich lebt, entworfen. Es ist sozusagen ein Geschwister-Projekt. Es ist meine zweite Schiegnitz-Orgel. An seiner größten in Heidelberg habe ich während meines KE-Studiums oft gespielt.

Man sitzt hier inmitten der Orgel neben den Holzpfeifen im Runden wie in einer Kapsel. Die helle, kleine, hübsch geschmückte Kirche besitzt eine warme Akustik. Schiegnitz, der aus Süddeutschland stammt, betreut auch die Rensch-Orgel in der Heilig Geist Kirche Menden, auf der ich gestern konzertiert habe.

Die Nummernschilder tragen hier MK: Märkischer Kreis.


6. Oktober 2024: Aber im wesentlichen steht es doch so, dass die Art, wie die braven lokalen Kirchenmusiker nach des Gottesdienst‘ Last auf der Orgel „improvisieren“, zu einer beinah berechtigten Kunstform erhoben werden kann. (E. Block)

Foto: Knauf-Walcker-Rensch Orgel 1846 / 1930 / 1993 ev. Heilig Geist Kirche Menden Sauerland NRW, 3 M, Koppelmanual

Shalom Israel!
Erntedank. Tauf-Erinnerung.

Heute erinnere ich an Hedi Feldhoff (1905-1964), Kirchenmusikerin hier in Menden ❤️ Sie spielte noch auf der wunderbaren elektropneumatischem Taschenladen-Orgel E. F. Walcker von 1930 mit freiem Spieltisch.

Meine 10. Rensch-Orgel und meine 11. Knauf Orgel ❤️

Ich mag das Sauerland, angrenzend an das Siegerland, und habe auch schon in Willingen gespielt. Der wunderschöne Knauf-Walcker-Prospekt mit der Rensch-Orgel innen hier im katholischen Menden in der kleinen evangelischen Kirche, Rensch, die die Knauf Orgel rekonstruiert und die viele Walcker-Knauf-Pfeifen behalten und erweitert haben, passt architektonisch perfekt in die Kirche und auf die Empore. Die Orgel besitzt ein Koppel-Manual auf dem zweiten Manual und wird von Orgelbau Schiegnitz betreut. Sowohl Rensch als auch Schiegnitz kommen aus Süddeutschland wie ich. Dessen größte Orgel von 2014 habe ich während meines KE Konzertexamen Orgel Studiums in Heidelberg oft gespielt. Durch Menden bei Dortmund fließt die (der) kleine Hönne.

Menden ist bereits norddeutsch. Alles nördlich des Mains gilt als norddeutsch. Alle sprechen mehr oder weniger hochdeutsch und sitzen norddeutsch in den Cafés.


5. Oktober 2024: Es ist Aufgabe und Pflicht jedes Künstlers, das zu sehen, was sich anbahnt. (Alexandr Blok) 

Foto: Schulze Orgel Oberweissbach

Ja, zu fühlen, was rumort im Unsichtbaren, im Jetzt, das auszudrücken, in Gegenwart und Vergangenheit. Ich bin unterwegs nach Menden ins Sauerland in NRW zum nächsten Konzert: Evangelische Heilig Geist Kirche Menden bei Dortmund mit der schönen Rensch-Orgel. Wunderbarer alter Prospekt aus einem Guss mit der Kirchenarchitektur, sehr schöne Akustik. Ich wurde in Dortmund abgeholt vom ICE. Strahlendes Herbstwetter.

4. Oktober 2024: Beneide ich die kecke Tastatur, die küssen darf das Inn’re deiner Hand. (Shakespeare)

Heute erinnere ich an Jehanne de Crotot, die 1347 als „Hexe“ angeklagt wurde, weil sie eine Geigerin war, die Männer mit ihrem Spiel verzauberte. Es gab eine Zeit, die uns noch heute prägt, in der Frauen nicht nur von der Kirche, sondern auch vor Gericht zerstört wurden, die Hand in Hand gingen, sogenannte „Spielleute“, besonders musizierende Spielfrauen (jongleresses) zu verteufeln, sie zu ächten, rechtlos zu machen. Frauen durften weder gelehrt sein noch wissen. Berufsmusikerinnen galten als „triebhaft“. Frauen würden „wilde Musik“ machen. So weiß ich, was die Wurzel ist, was ich auch 2024 manchmal erlebe.

Dass Musik oft nur Hintergrund ist, war auch im 18. Jahrhundert nicht anders. Die Orchester mussten pp spielen, damit die Männer beim Kartenspiel nicht gestört wurden. Musik war auch damals oft nur Klangkulisse, Nervenbalsam im höfischen Banausentum. Dieses höfische Banausentum ist heute längst zu ganz normalem Alltags-Banausentum ausgeartet.

Und ich erinnere an Maria Gabriella Sagheddu (1914).

3. Oktober 2024: Die Deutschen lassen sich leicht unter eine Hut bringen; aber unter einen, schwer. (Ludwig Börne)

Tag der Deutschen Einheit. ❤️

Dass das Klavier das Instrument sei, das zugleich Zuspruch und Zorn erfährt, stimmt zwar, aber mehr noch die Orgel. Es gibt einige instrumentalkritische Menschen in der Kirche. Doch was vor allem lange verteufelt wurde, war das weibliche Musizieren und Singen in der Kirche, welches als Zauberei galt, als Magie und als unzüchtig.
Frauen bekamen ein Schweigegebot. Was daran besonders schlimm ist: Es hat bis heute geistlichen Impact und muss immer noch irgendwie durchbrochen werden, was man der überwiegenden Zahl Männern an der Orgel erkennt.
In der Bibel ist von Tanzen, Jubeln und Singen die Rede, die Kirche aber hat oft einen männlichen Trauer- und Machtverein daraus gemacht. Von der Unzucht der Männer ganz zu schweigen.
Heute erinnere ich an Marina Munken und an Caroline von Schelling.

Kunst ist immer mehr als Entertainment und Unterhaltungsprogramm. Die Orgel ist zwar nicht so athletisch und stürmisch wie das Klavier, sie braucht mehr Ruhe. Dies bedeutet aber nicht, dass sie langweilig, laut, Krawall und pompös ist. Kunst ist Wissen. Aber je mehr frau weiß, desto erschreckender sind viele Zusammenhänge, auch in Sachen Musik.

2. Oktober 2024: Sexualität ist heilig und von Gott geschenkt. (Timothy Keller)

Foto: Walcker Orgel Stuttgart

Was ist Sieg? Schwaches besiegt das Starke. Weiches besiegt das Harte. (Laozi) Das ist Sieg. Gewinnen ist der Abend vor dem Verlieren. Das ist nicht Sieg.

Ich aber lese den erstaunlichen Jean-Paul Sartre, der den Nobelpreis abgelehnt hat (!) und der erkannte: Menschen begeben sich aus freien Stücken in die Hölle (Geschlossene Gesellschaft). Ganz so leicht ist das mit den „freien Stücken“ buchstäblich nicht. Aber es ist definitiv Sieg, Teufelskreise zu durchbrechen.

1. Oktober 2024: Die Kirche ist eine alte Frau mit vielen Runzeln und Falten. (Karl Rahner) 

Foto: Konzert Menden

Schon Oktober! 
Es regnet und ist recht warm.

Ich lese Natalia Ginzburg. 

Danielle Roster schreibt, dass Frauen aus der Musik schon seit dem frühesten Mittelalter ausgeschlossen und verdrängt wurden, da sie als „Inkarnation der Sexualität“ aufgefasst wurden, besonders, wenn sie sangen und spielten. Da würde sich „die ganze Wut der Leidenschaft entfesseln“ („Kirchenvater“ Basileus). In der Musikwissenschaft würde das Verhältnis Sexualität und Musik immer noch kaum diskutiert.

Besonders die Kirche trug dazu bei, dass singende Frauen, Komponistinnen und Musikerinnen als „schamlos“ im Sinne von „verführerisch“ (Bischof Hippolytus) galten. Heute hat dieses Denken andere Züge angenommen, ist aber ähnlich geblieben. Dies zeigt sich schon im Musik-Studium.

Ich finde, gute Ideen sind ebenso unvermeidlich wie gute Melodien. Man muss abwarten können, bis die Kraft einer Idee, deren Zeit gekommen ist, zupackt und durchbricht in Bewegung und Antrieb. Ideen sind eine Währung, und ich beschloss, sie einzusetzen. 

29. September 2024: Denk doch mal, ein Klavier. Die Tasten fangen an, hören auf. (Alessandro Baricco)

Foto: Alexanderkirche Ott Orgel

Ich lese Flugasche von Monika Maron. Heute erinnere ich an die Poetinnen Ricarda Huch und Ina Seidel. Bin wieder zurück von Konzert. Nun gehe ich ins Bett. Mein Herz ist voll mit Zeugs. 

Das Leben an sich ist ein Kunstwerk, in der Verschmelzung von Gottes Plan, der Menschen Empfinden, Tun, Leiden, wie eine Architektur, als sei jedes Leben eine Art Kathedrale. Das Netzwerk der einzelnen Leben ist kaum zu erfassen und komplex und hat immer die wichtigste Zutat: Odem. Wir reihen uns ein, wie eine Schar erleuchteter Autos auf dem Weg zum Event, eine Armee mit dem gleichen Ziel, mit der selben Dringlichkeit. Wir führen, wir folgen. Wir fahren Umwege, wir fahren durchs Labyrinth. Hallo Menschheit, wie geht es dir?

29. September 2024: Eine Frau muss doppelt so gut wie ein Mann sein, um halb so weit zu kommen. (Fannie Hurst)

Foto: Alexanderkirche Ott Orgel

Saarland und Pfalz, klein und dicht beieinander, mag ich gern. Der Rosengarten in Zweibrücken mit See, Palmen, Laube und exotischen Vögeln ist wunderschön und war im goldenen Abendlicht kurz vor dem Konzert ein Genuss. Viele wissen hier, dass ich bei Bernd Glemser Konzertexamen Klavier studiert habe, denn Bernd Glemser ist in Saarbrücken sehr bekannt. Als Frau ist es dennoch noch immer nicht leicht, selbst 2024 nicht – abgesehen davon, dass Profi-Musik ohnehin ein „hartes Geschäft“ ist – manchmal haben Kollegen Sorge, mit mir irgendwo hinzugehen, weil ich eine Frau bin, und dann getratscht wird, „xy war mit junger Frau im Park gesehen worden“. Als Mann wäre das alles kein Problem.

Das Konzert hat mir Spaß gemacht. Presse war da und es wurde gefilmt. Manchmal filmen und fotografieren mich Leute aber ohne Erlaubnis. 

Man braucht viel Askese, um in der Konzertwelt erfolgreich zu sein. Gleichzeitig bin ich nach Konzerten beinahe „hellhörig“ oder übersinnlich … als hätte ich dann nicht nur einen sechsten, sondern auch einen siebten Sinn. Ich sitze dann vor dem Feuer bei Gastgebern, und alles in meinem Kopf ist Farbe und Feuer. Ich liebe das Gefühl und den Zustand direkt nach Konzerten. Askese und Sinnlichkeit explodieren in einen dämmrigen, entspannten Zustand der Zufriedenheit. 

Ott Orgel Alexanderkirche Zweibrücken, Pfalz

26. September 2024: Das ganze Weltall gehorcht Gott. (Joseph Joubert)

Foto: Zweibrücken Ott-Orgel

Ist es nicht erstaunlich, dass Gott erlaubt, dass das ganze Weltall macht, was er sagt, aber uns winzigen Menschen erlaubt, komplett ungehorsam zu sein? Das ist für viele nicht zu fassen. 

Bin in der Pfalz angekommen. Das letzte Mal habe ich hier an der großen Rieger-Orgel konzertiert.

Sehr schöne Alexanderkirche nah Heilig Kreuz, wo mein Konzert 2020 war, nachts angestrahlt. Es war schön, auch hier zu spielen. Freue mich auf mein Konzert jetzt 2024 und den wunderbaren Rosengarten dort.

Das Besondere ist, dass man die Register hochschnellen, hochschnipsen lassen muss. Das Schwellwerk besitzt viele Farben und Zungen, die eher weder geschwellt noch tremoliert gehören. Aber das ist spannend. Die Zahlen der Register sind quer angegeben.

Heute erinnere ich an Karl May. Das war kein Amerikaner, sondern eine kreative deutsche Haut aus Sachsen, der ein völlig neues Genre gründete und sogar komponierte! Darüber unterhielt man mich auf der Autofahrt zur Kirche. Ob man nun Indianerbücher und Indianerfilme mag oder nicht … den Namen Karl May kennt jede, und auch ich habe Bücher von ihm. Doch Karl May hatte (um 1880 herum) Neider und Feinde, die ihm an den Kragen wollten.

Er, der heute Milliadär wäre, einer der meist gelesene deutsche Schriftsteller, war damals bettelarm. Dass er nicht „im Wilden Westen“ war und dennoch solche Romane schreiben konnte, ist keine Hochstapelei, sondern ein enormes Talent. Manche neidischen Bürger verwechseln aussergewöhnliche Begabung mit Betrug – weil sie sich nicht mal ansatzweise vorstellen können, was es für Gaben gibt, die sie selbst nicht besitzen. 

Ott Orgel Alexanderkirche Zweibrücken, Pfalz