15. September 2025: So eine Multiplex-Orgel ist gar nicht so leicht zu spielen, weil man überall auf aux-Kippschalter trifft, die subkoppeln, Super, Hyper, Sub.
Foto: Nollet Sebald Gaida Orgel St. Michael Kirchberg Hunsrück 2025
Heute erinnere ich an Jessica Hocks.
Große Nollet-Sebald-Gaida Orgel kath. St. Michael Kirche Kirchberg, Hunsrück, Rheinland-Pfalz, 3 M, 34 R
Kirchberg ist die älteste Stadt im Hunsrück. Und steht erhoben auf einem Berg. Und diese wundervolle Kirche besaß die erste Stumm-Orgel überhaupt! Diese war von 1717. Bevor 1754 Nollet aus Trier kam.
Zu dieser Zeit war die Kirche eine Simultan-Kirche.
Wir wissen, dass die Disposition dieser kleinen ersten Stumm-Orgel einen 4-Fuß im Pedal hatte wie in Rhaunen und einen 4 Fuß Salicional (was revolutionär ist), die er Spitzflöt nannte. Die 1717 errichtete Stummorgel war eine vollmechanische Schleifladenorgel, so auch die Nollet-Orgel.
Das elektrische Schleifladen-Instrument nun mit 4 Auxiliarreihen = Einzeltonladen befindet sich im historischen prächtigen Gehäuse von Roman Benedikt Nollet aus dem Jahr 1754. Wie diese barocke Nollet-Orgel geklungen hat, wissen wir leider nicht mehr. Und leider erst recht nicht, wie die erste Stumm-Orgel klang!
Seit 2016 besitzt die Sebald-Gaida-Orgel einen neuen freien Spieltisch und eine Setzeranlage.
Die mechanische zweimanualige Sebald Orgel (Schleiflade) von 1969 war mit 16 Registern ausgestattet, nun hat sie 20 „echte“, aus denen Gaida per Multiplex und Elektronik 34 gemacht hat zusammen mit der Chororgel hinter dem Hochaltar, die (ähnlich wie in Cottbus Oberkirche) als Teilwerk oder Fernorgel hinzugefügt wurde zum Spieltisch. Die Orgel wurde komplett elektrifiziert.
Die Pedalregister wurden auf Einzeltonladen gestellt und als Auxiliarregister in mehreren Fußtonlagen in allen Manualen spielbar gemacht. So etwas kann man auch multiplex nennen. Der OSV war nicht begeistert.
Die rotweisse Kirche im Hunsrück ist sehr schön. Auch der Taunus gefällt mir gut.
Jahre lang musste man sich mit der Behelfsorgel neben dem Altar begnügen, während Orgelbauer Thomas Gaida aus Wemmetsweiler mit seinem Team die Renovierung vornahm. Daraus wurde leider ein Neubau, die Barockorgel war angeblich nicht mehr zu retten. Der Neubau kostete ca. 130.000 Euro.
Brillante, wundervolle Akustik. Durch die „Chororgel“ an die Hauptorgel angegliedert, erlebt man einen tollen Dolby Surround Effekt im Saal. Allerdings kann man die Chororgel nicht wirklich so nennen. Sie steht vollkommen verborgen hinter dem Hochaltar, dieser geschmackvoll angestrahlt. Hinter dem Hochaltar ist es sehr eng.
Im Grunde steht in diesem engen Spalt nur ein Brett mit kleinen Pfeifen auf einem hohen Holzgestell. Dennoch ist es eine super Idee von Gaida, vor allen in diesem schicken Nachhall, einen Dolby Surround Effekt auf diese Weise durch eine tricky Chororgel zu gestalten.
Mein Konzert war sehr schön. Es war ein warmer Spätsommerabend.
Früher stand hier die erste wunderschöne Stumm-Orgel, in der Größe wie die in Rhaunen, ein einmanualiges Instrument des jungen Stumm. Stumm hatte sogar eine Interims-Orgel angeboten in der Bauzeit, seine Wohnzimmer-Orgel.
Warum Nollet sie entfernt hat, weiß ich nicht. Aber die Kirche hat also eine bewegte Zeit hinter sich.
Nun fand ich eine völlig andere Orgel vor: eine moderne multiplex-Orgel. So eine Orgel ist gar nicht so leicht zu spielen, weil man überall auf aux-Kippschalter trifft, die subkoppeln, Super, Hyper, Sub. Auch wenn ich dies von anderen Orgeln kenne: Hier ist es besonders extrem, aus dieser verhältnismäßig kleinen Orgel ist eine Mammut-Orgel geworden.
Ich habe jedenfalls noch nie eine solche Multiplex-Orgel mit Chororgel in einem barocken Gehäuse gespielt! Es gibt echt immer etwas Neues zu entdecken!
Es hat viel Spaß und Freude gemacht, hier zu spielen. Tolle Zungen!
Viele mögen Verzögerungen durch Kegelladen oder Pneumatik nicht. Ich mag es sehr gern.
Tremulante habe ich natürlich vermisst.
Der Turm einiger Kirchen der Gegend wird übrigens gerade für 1,4 Millionen Euro saniert. Momentan dürfen die Glocken nicht geläutet werden, und das ist für eine Wallfahrtskirche unschön.
Diese teuren Turmsanierungen betreffen einige Kirchen im Hunsrück.
Der schöne Hunsrück ist übrigens nicht gut angeschlossen an den Rest der Welt, schlechter als Mecklenburg oder Pommern, und das will schon was heißen. Die malerischen Orte im Hinterland mit ihren Fachwerkhäusern liegen oft wie „tot“ da: kaum Cafés, keine Menschen. Geschäfte haben dicht gemacht. Aber Döner und Asia.
Der Airport Hahn ist übrigens furchtbar hässlich und im Off.

