12. Oktober 2024: Orgeln besitzen viele Zungen. Aber Gott sei Dank keine Lästerzunge. (AHS)
Foto: kleine Ladegast Orgel ev. Dom zu Merseburg (Kaiserdom)
Alle, die Geschichte und Orgeln lieben, wissen, dass Neues nicht unbedingt besser ist als Altes. Sehr viele Menschen aber halten alles Neue für automatisch besser.
Warme, helle Klangfülle. In Tonqualität und Klang stelle ich Ladegast-Orgeln über die von Cavaillé-Coll. Heutige Orgelbauer können kaum mithalten bei solch einem Talent.
Friedrich Ladegast, der Silbermann des 19. Jahrhunderts, wurde 1818 in Hochhermsdorf geboren, sein erstes Werk: eine einmanualige Orgel mit neun Registern für die Dorfkirche in Tanneberg. Während seiner Jugend studierte er Silbermann-Orgeln.
Anschließend ging er nach Straßburg, ein Zentrum der Silbermann-Nachfolge, dann nach Paris zu Aristide Cavaillé-Coll, dem bedeutendsten französischen Orgelbauer des 19. Jahrhunderts.
1847 gründete er in Weißenfels seine eigene Werkstatt. Es verging kaum Zeit, bis sich ergab, dass der Graf ihm in Geusa bei Merseburg den ersten Orgelbau (14 Register) zutraute. Damit begann sein großer Erfolg.
Diese Chororgel vorne rechts ebenerdig ist das älteste erhalten gebliebene Werk aus Ladegasts Werkstatt: Vollendet am 27. Nov. 1850. Sie wurde 1993 in der Michaeliskapelle Merseburger Domkreuzgang eingeweiht, 2001 dann vorübergehend im südlichen Domseitenschiff aufgestellt.
Sie stammt aus der leider aufgegebenen Dorfkirche Raschwitz, durch Holzwurmbefall geschädigt, wurde das Instrument 1992 geborgen (Fa. Rösel & Hercher / Saalfeld, Gehäuserestaurierung Hans Rothe, Burgliebenau).
Es ist sehr schön, an beiden Ladegastorgeln zu konzertieren.
Eine weitere Ladegast wurde mit der Leipziger Paulinerkirche auf Befehl von Walter
Ulbrichts 1968 gesprengt: Katastrophe.
Viele Deutsche verehren lieber französische Orgeln aus Paris und haben noch nie eine Ladegast-Orgel live gehört oder gespielt. Manche verziehen sogar die Nase, weil sie an „Ostdeutschland“ denken. Das muss man dann aber auch bei Bach, Schumann, Mendelssohn und Wagner… Denn dieser Teil Deutschlands hat mindestens so viel Kunst hervorgebracht wie die sogenannte „Wiener Klassik.“ (Wobei ich Beethoven und Schubert zutiefst verehre.)
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