Es gibt keine Kunst ohne Virtuosität. Sie kann sich verschieden äußern, aber da muss sie sein, wenn überhaupt von Kunst gesprochen werden soll. (Theodor Fontane)
Wieviel Kunst gibt es an der Orgel? Ich merke, manche Zuhörer sind recht scharf auf Manualwechsel auch bei Bach. Ich finde das oft eine billige Lösung. Man sollte auch die Passagen so deutlich erkennen können. Und ja, ich liebe virtuose Tempi. Es spielen ja genug langsam. Warum ich auch? Natürlich werde ich Bachs berühmte Toccata in verschiedenen Versionen interpretieren.
Denn ich finde es beinahe Stümperei, wenn man nur eine einzige Version von Interpretation eines Werkes anbieten kann. Jedes Stück hat so viele Gesichter. Was ich an der Ladegast Orgel Schwerin mag, ist, dass es selbst tatsächlich Kraft kostet, eine Taste auch nur gedrückt zu halten.
Ich freue mich, dass ich 2022 im Orgelkalender vom benno-Verlag bin, der viele Jahre bisher nur Männerzitate und Männerorganisten brachte.
Anbei mein Artist Page Hänssler Classic: Haenssler Classic Ann-Helena
Früher war ich nicht begeistert von Theodor Fontane, ich fand seine Worte zu nüchtern und kühl. Aber ich habe meine Meinung geändert. Ich mag nun seine Texte. Mit vielem hat er Recht.
Wenn ich mich in meinem Blog zu Dingen kritisch äußere, dann nicht, weil ich jammern, klagen, kritisieren, an den Pranger stellen, mich beschweren will, sondern um eine Stimme gegen Unrecht zu sein. Denn wenn ich nichts sage, wer wird etwas sagen? Genau. Niemand. So ist es meine Pflicht und Verantwortung. Viele Frauen schweigen, und viele Männer setzen sich nicht für Frauen ein, weil sie Vorteile davon haben, es nicht zu tun.
Was mir auffällt: Fast jede Lyrik und Märchensammlung und Prosa haben irgendwann das Thema, dass Ehefrauen von Ehemännern körperlich misshandelt werden: Es scheint anhand der Literatur ein “normaler” Tatbestand zu sein, sogar in Kinderliteratur und bei Loriot. Laut Kati Winter und Weißer Ring leidet mindestens jeden dritten Tag eine Frau durch ihren Ehemann an häuslicher Gewalt. Das dies “akzeptiert” wird, erschütternderweise auch von Frauen, ist selbst 2020 unsere Welt!
Auch alle großen Nachfolge-Stellen in der Kirchenmusik in Deutschland wurden 2020 erneut nur und ausschließlich durch Männer besetzt. Fast alle Kirchenmusikabteilungen in Deutschland sind nur mit Männerdozenten bestückt. Viele Stellen in der deutschen Kirchenmusik in Kirche und Hochschule wurden bis heute noch nie von Frauen besetzt, und es erscheint geradezu unmöglich, trotz Gesetze gegen Diskriminierung, dass Frauen hier jemals eine Chance haben auf eine Orgel-Professur oder eine Kantoren- oder Orgelstelle: Thomaskirche Leipzig, Nikolaikirche Leipzig, Musikhochschule Stuttgart, Musikhochschule Frankfurt am Main, Kirchenmusikhochschule Heidelberg… Man muss hier gegen Mauern kämpfen? Männer und ihre Lobby machen die Gesetze und Regeln, wen sie wollen und wer “gut genug” ist. Und alle schauen zu. Unter und seit Ludger Lohmann ist das Stuttgarter Team schon zu lange nur aus Männern bestückt, eine lange Reihe Männerjury, oft aus seinen männlichen Schülern bestehend. Ich empfinde, dass die deutsche Orgelwelt, die auch Carpenter kritisiert, ein frauenfeindlicher Männer-Verein ist, der sich gegenseitig die Stellen und Tauschkonzerte zuschustert. Ich erinnere mich, dass ich bei Lohmann in Merseburg Ad nos registrierte. Lohmann erkannte mich lange nicht, weil ich so jung aussah.
Ja, an mechanischen Orgel klingt das Handwerk muskulöser und analoger. Die tonale Motorik des klangebenden Körpers lässt sich hören.
Das lese ich als früherer Benno-Mitarbeiter gern. Aus einer Diözese stammend , die ne DomkantorIN hat, oder muss ich sagen Frau Domkapellmeister (Vorsicht Ironie)