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18. Dezember 2019

Musikalischer Impuls 11: Die Kunst der Ausklangs. Der Hammerflügel 

Ich schätze sehr den Hammerflügel, das Hammerklavier. Die Triller sind durchsichtig, und wenn ich mit dem Knie Pedal spiele, wirkt der Klang wie mit einem Schleier unterlegt. Romantisch. Die schwarzen Dämpfer sind fein, manche Hammerflügel erinnern an ein Cembalo.

Historische Tasteninstrumente oder Claviere sind wie eine Art Therapie für Pianisten wie mich, die sehr von Kraft und Virtuosität und Schnelligkeit kommen. Dagegen wirken Clavichord, Cembalo und Hammerflügel (für Mozart, Haydn…) wie zerbrechliche kleine Instrumente. Therapie für Leichtigkeit. Aber so zerbrechlich sind sie gar nicht; sie helfen, wieder zur Basis zurückzukommen, zu den Fingern, zur Ruhe; zurück zu kommen, Ton passieren zu lassen, Ton zu produzieren und zu formen. Differenzierten Klang mit Volumen, ohne unter Strom zu stehen.

Es ist beispielsweise gar nicht so leicht, auf einem Clavichord  einen runden, vollen Klang zu erzeugen, keinen eckigen. Das Training am Clavichord hilft für alle Tasteninstrumente.

Nur auf einem Clavichord kann eine bereits gedrückte Taste noch in Bebung (Vibrato) gebracht werden. Ton formen auch an den leichten, schier schwerelosen Tasten der unterschiedlichsten Hammerflügel, deren Erzeugungsweg zum Klang immerhin noch etwas länger ist als am Clavichord (hier nur die Tangente). Natürlich, der Tastenumfang ist viel geringer, jedoch kann man andere, unterschiedliche Farben kreieren. Ja, die Farbigkeit der historischen Instrumente gefällt mir, die vielen Schattierungen des Pianissimo.

Die Instrumente sind an sich schon Lehrmeister! Ja, ich wünsche mir ein Clavichord (gebunden oder ungebunden), ein (italienisches oder deutsches oder französisches) Cembalo mit zwei Manualen (zwei Achtfüße, oben einen nasalen und unten einen grundtönigen, und die Möglichkeit des Koppelns für einen voller wirkenden Klang; einen Vierfuß, den man dazu nehmen kann, und dass man eventuell ein Manual auf das andere legen kann). Und einen Hammerflügel. “Aber dann ist alles mit Instrumenten bei dir vollgestellt!” Nun ja. Die Instrumente kommen zu einem, sie finden mich. Man braucht nur Geduld. Das habe ich ja selbst erlebt. Der Steinway kam zu mir, die Übe-Orgel…

Wo lernt man besser als an diesen historischen Instrumenten, leicht ohne Arm zu spielen mit sanften, sensiblen Trillern? Dies sind alles Basis-Instrumente, keine Vorläufer. Vollkornbrot. Und dann noch das kreative Continuo-GB-Spiel mit anderen. Praktischer, künstlerischer Generalbass. 

Ich geniesse es, am Flügel ab und zu ganz ohne Pedal zu spielen. Natürlich darf Klang nie wie vier Tage altes Brot klingen oder wie “nichts und wieder nichts”. Der Unterschied ist eben zwischen nichts und etwas

Schön finde ich die dritte Ritter-Sonate an der Orgel. Sie ist eingängig für das Publikum, eingängiger als Reger und Liszt, und auch leichter zu spielen. Wobei ich eine Reger- und Liszt-Verehrerin bin. Oder im Organisten-Sprech: “Ich registrier mal auf.” Und das im Turbo-Studium. 

Empfehlen kann ich heute den Film Maos letzter Tänzer, erst war er der Schwächste, aber er hielt durch; er war inspiriert; dann wurde er der Beste. (Auch wenn der Film fast nur auf Männerkarrieren fixiert ist.) Und den mehrteiligen Film Mozart (ARD, Bluwal), auch wenn dem Wolferl homosexuelle Neigungen und einen höchst aggressiven Vater wohl angedichtet wurden. Sehr sympathisch kommt Amadeus nicht herüber. Seltsamerweise sind immer die Frauen und Mädchen “unmusikalisch” und “dumm” und “intrigant”. Aber seine Flötenuhr und seine Orgelwalze gefallen mir so gut. 

 

 

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