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17. Dezember 2019

Musikalischer Impuls 10:

Der Unterschied zwischen Orgel und Klavier

“Jeder von uns trägt ein unermessliches Potential in sich, das jedem Vergleich mit anderen widersteht.” (Stephen R. Covey)

Bei der Orgel müssen sich Laien zunächst oft an den Klang gewöhnen, der etwas blurry wirken kann. Der Klavierklang dagegen wirkt schneidend klar und brillant, auch wenn tatsächlich ein großer Teil der Obertöne durch die Filzhämmerchen absorbiert und gedämpft wird. Bei einem Cembalo dagegen werden die Saiten durch einen Federkiel oder ein Plastik-Pendant angerissen. Hier reden wir daher von unterschiedlichen Stimmsystemen. Bei einem Flügel geht es lediglich um eine leicht modifizierte Gleichstufigkeit durch Spreizung.

Die Orgel übertrifft das Cembalo noch in ihrer Obsession für Obertöne. Obertöne stehen nicht unbedingt für Klarheit, aber auch an der Orgel können klare Klänge produziert werden, in allen Lautstärken.

Am Steinway braucht man, so sagen die Organisten, sehr viel Kraft. Ich empfinde das gar nicht so. Aber was ich empfinde: Ich brauche viel weniger Kraft an der Orgel. Ich habe zu viel Kraft, Hilfe! Die Orgel bebt.

Mir hat ein Umblätterer mal gesagt: Meine Energie wäre auf ihn übergegangen, hätte ihn geradezu angesengt, es wäre “ein tolles Gefühl” gewesen. Er wäre verbrannt. Hm. Also, ich weiß nicht. Dass ausgerechnet die große Orgel so viel weniger Kraft braucht. Völliges Paradoxum. Und doch gerade nicht. Es ist eben ein Blasinstrument. Ökonomisch an der Orgel bleiben. Mir hilft, mir meine Seele als eine konische Pfeife vorzustellen; ich spüre die Länge meiner Seele; eine, die auf dem Kopf steht. (Wo der Pfeifenfuß genau steht, weiß ich nicht.) Sie strahlt in meine Gliedmaßen, besonders in meine Hände. Wenn meine Daumen, mein Nacken (Schaltstelle), mein Gehirn, meine Mitte und meine Handinnenflächen frei und entspannt sind, ist es auch mein Klang. Feldenkrais hilft. Mein Körper reagiert ganz automatisch. Die Mitte ist hinten, im Rücken. Ich muss nichts festhalten. Ich mag auch sehr gern Alexandertechnik.

Mixturen und Quintregister beschäftigen mich gerade. Quinta 3 ist 2 2/3 (der Tastenton C erklingt als Ton G, also als Quinte). Andere Quintregister in weiterer Flötenmensur werden meist Nasat genannt, selten Quinte. Mixtur III oder Cornett III (dreifach) haben drei Pfeifenreihen, drei Chöre, wie man sagt: Es klingen pro Taste drei Töne, meist im Oktav- und Quintabstand. Zimbel ist eine hohe Mixtur. In der französischen Tradition wird sie immer zur Mixtur gezogen, in Norddeutschland eher selten.

Sie besitzt unterschiedliche Zusammensetzungen, meist häufige Repetitionen. Es gibt aber auch Solo-Zimbeln, die mit Gedackt kombiniert für solistische Zwecke genutzt werden. Mixturen beispielsweise: 16, 8, 4, 2 2/3, 2, 1 1/3, 1, 1/2, 1/3, 1/4. Orgelbauer lieben Verdoppelungen, daher gibt es zusätzlich meist auch Einzel-Aliquoten, wie man die Terz- und Quintregister nennt. Aufgrund von Einzel-Aliquoten bräuchte es keinen 4-Fuß-Chor in der Mixtur. Gibt es aber oft, wegen der Lust auf Verdoppelung.

Im Grunde ist eine Mixtur ein großer Vielfach-Chor, mit Repetitionspunkten. Selbst in den alten Blockwerk-Orgeln gab es riesige Mixturen (12fach, 25fach) , die man hinzuziehen und wieder abstoßen konnte. In den alten italienischen Orgeln gab es dagegen nur Mixtur-Einzelreihen zum Kombinieren.

Ich liebe Beethovens Waldstein-Sonate, auch den alternativen zweiten Satz Andante Favori. Neben der Orgel wiederum am Flügel zu sitzen und den genialen Beethoven zu spielen ist sehr schön, Pathetique, Appassionata, Mondschein… Genial! Im Kontext immer genialer.

Seltsamerweise empfinden manche Songwriter Beethovenspielen als “Nachspielen” und “Nachspielen würde ja jeder können; Chillout-Songs wären viel besser.”

Nun. Muss ich dazu etwas sagen?

Empfehlen kann ich heute den Film Nowhere Boy über John Lennon. Und ich mag die Filmmusik von ganz alten Schwarz-Weiß-Filmen wie beispielsweise Zu neuen Ufern. 

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