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10. September 2021: Klischees sind keine Missverständnisse, sondern geplante Strategie. (Schwarzer)

Klischees sind keine Missverständnisse, sondern geplante Strategie. (Alice Schwarzer)

Ich bin wieder in Deutschland. Leider. Und doch wieder vertraut normal. ICE. So kalt und modern. Ich bekam zum ersten Mal in meinem Leben eine „Corona-SMS“. Woher sie meine Nummer haben? Von den Reisetickets oder von den Passkontrollen? Bluetooth? Von mir jedenfalls nicht, unheimlich.

Im Nachtzug wurden wir gegen halb 4 Uhr morgens geweckt. Dann wurden alle Pässe kontrolliert. Seltsamerweise fühlte ich mich im Nachtzug sicher und geborgen und konnte gut schlafen. Langsam muss man wieder eine halb zerfetzte Maske hervorkramen.

Aber erst noch mal einen Kaffee trinken. Ich sitze in meiner schwedischen blaugelben, mega-nationalschwedischen Wolljacke von Kiina Kilgren und meinen schwedischen Socken und meiner Schwedentasche mit dem roten Dalarna Häst als lebendige nationale Flagge im ICE Hamburg nach Würzburg (so ganz anders als Snabbtåg SJ) und habe Sehnsucht und schaue finster drein. (Meistens verstehen Menschen meine Miene falsch und fragen mich besorgt, ob alles in Ordnung sei oder finden mich gar süß).

Künstler werden teilweise sogar verspottet und als „Schwurbler“ dargestellt, die zu Corona eine andere Meinung haben. Öffentlich eine andere Meinung zu haben als die gewünschte, scheint mehr und mehr verboten zu werden? Was mich auch wundert: Alte kranke Leute hat die Regierung nie besonders interessiert, manche alte Menschen sammeln Flaschen. Und plötzlich sind alte Menschen besonders wichtig geworden, so dass alles still steht?

Gesundheit wurde zuvor nicht gerade gefördert, Pflegerinnen erschreckend schlecht bezahlt, Krankenhäuser dicht gemacht, Ärztinnen arbeiten ein Wahnsinnspensum ab… und plötzlich ist unsere Gesundheit so wichtig geworden, dass alles still steht?

Ob es wirklich schon feststeht, dass unser Land nun so richtig rotgrünlinks wird, wird sich zeigen. (Noch linkser geht wohl kaum.) Ich vermisse das freie Schweden jetzt schon. Auch wenn ich nicht viel üben konnte.


Ausgewanderte Deutsche wie Michael sind teilweise aber auch nicht das, was ich mir unter Auswanderern, geschweige denn echten Schweden vorstelle: Nach 16 Jahren können sie immer noch kaum Schwedisch, sind nirgendwo angeschlossen oder eingebunden und leben in einer eigenen Welt.

Noch zu der Frage der Flöten: Laukvik zitiert eine Formulierung von Liszt und fügt erklärend ein, dass mit “sehr dumpf” nur Flöten und Gedackte gemeint sein können. Liszt kann den Begriff “dumpf” wohl kaum negativ meinen, sondern hat – etwas unglücklich ausgedrückt – dunkel und ohne Kontur o.ä. beschreiben wollte. Solche Klänge gibt es nur bei weit mensurierten Flöten und auch Gedackten. Prinzipale und Streicher können einen solchen Klang nicht bieten, denn das ist ja nicht ihre Funktion. Flöten und Gedackte können auch ganz andere Klänge bieten als dunkle – die Vielfalt der Bauformen und Intonationsmöglichkeiten ist da eher noch größer als bei Prinzipalen.

Ich höre gerade wieder Franz Kafka. Er hat ein erstaunlich beschauliches, bescheidenes und kurzes Leben geführt. Er hat nebenbei „Weltliteratur“ (teilweise in einer einzigen Nacht) geschrieben. In einem Flow. Wie er sehe ich das auch als fast „die einzige Art des Schreibens“ an. So möchte ich das auch tun. Und er wurde während seines Lebens angefeindet: Was er schreibe, sei peinlich. Aber er wusste dabei immer ganz genau, dass er ein sehr guter Schriftsteller ist.

Und: Ich weiß, ihr findet das wahrscheinlich lustig, aber ich höre auch gern Kinderhörspiele von Astrid Lindgren und Ottfried Preußler…

2 Antworten auf “10. September 2021: Klischees sind keine Missverständnisse, sondern geplante Strategie. (Schwarzer)”

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