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21. Juli 2020

Musik ist immer auch Politik; auch Bachs. (Stefan Bohman)

Ähnlich sagt es auch Törnblom. Beides Schweden. Meine Musik ist im Grunde auch etwas Politik.

Es ist spannend, wie sehr Stimme zur Persönlichkeit gehört. Schwingung ist Heilung. Klang erzeugen ist Heilung. Mit der Stimme noch mehr als am Instrument, da die Schallleiter, die Knochen noch intensiver nach außen (und nach innen) transportieren. Daher ist Sprechen und Singen so gut für uns. Es ist direkte Berührung anderer und mich selbst. Man kann also sich selbst durch Schwingung berühren. Auch am Instrument. Wir halten unsere Stimme viel zu oft an, als würden wir mit dem Kehlkopf denken und unsere Gedanken ordnen. Aber der Kehlkopf soll nicht denken, er soll entspannt sein. Wir denken ja mit dem Kopf.

Es ist also so, dass es ein physisches Gesetz ist, dass Schall, Klangerzeugung und Schwingung guttuend und heilend sind, man kann sich dem gar nicht entziehen.

Es ist schön, mit Stimme und lautlichen Eigenschaften, mit Prosodie und ihren Modi Dynamik, Agogik und Betonung (im Grunde Artikulation) zu arbeiten. So kann man als Künstler üben, wie man im Konzert mit dem Publikum kommuniziert und in Werke einführt (zB. nach dem ersten oder zweiten Stück) – persönlich, geerdet, mit Blickkontakt, frei, tief, einladend, warm, klingend, mit Bogen (ohne dass die Stimme nach jedem Satz nach oben geht, als würde man sich selbst in Frage stellen) und leicht nach hinten gelehnt. Es hilft, sich vorher zu dehnen, nach allen Seiten zu strecken, Nacken und Rücken zu spüren, auf den Fersen zu balancieren, auf den Zehenspitzen, zu singen und locker zu machen – und die Stimme sprechend bewusst einzusetzen.

Ich mag gern Griegs Anitras Dance. Ich liebe dieses Runde, in Eins zu dirigieren. Ich habe ein “Paket von großer Emotion, Persönlichkeit, Talent und Enthusiasmus” – aber Dirigieren studieren möchte ich auf keinen Fall noch. Wenn etwas sein soll, wird es schon werden. Denn es ist oft mit Leid verbunden, als etablierte Künstlerin an einer deutschen Hochschule zu studieren, da man sich außerhalb der Norm und des (autoritären) Rollenverständnisses bewegt, was für manche im System schwer zu verkraften ist.

Hm, ich mag noch immer sehr den Film Oben – ich habe ihn zuerst im Flugzeug gesehen und bin noch immer berührt vom Anfang.

Erinnern möchte ich heute an folgende wundervolle Dichterinnen und Künstlerinnen: (denn es stimmt: Es wird für nichts so viel Reklame gemacht wie für Männer: “Unentwegt erinnern sie an sich selbst: auf Geldscheinen, Briefmarken, Straßenschilder und Statuen, in Lexika und Zitatensammlungen” (insel-Taschenbuch 2783): – in denen Frauen kaum vorkommen, da Männer die weibliche Geschichte nicht sonderlich interessiert –

Camille Claudel (Bildhauerin), Germaine de Stael (politische Romane), Margarete von Navarra (Zeitdokumente), Gabriele Münter (Malerin), Mary Wollstonecraft, Gertrude Stein (Mutter der Moderne), Sor Juana Ines de la Cruz, Golda Meir – fast alle diese Frauen waren damals schon “Feministinnen”, was bedeutet, sie setzten sich dafür ein, dass Frauen Bildung und Freiheit haben durften. Und es fällt auf, dass die alle diese Künstlerinnen keine oder unglückliche Beziehungen zu Männern hatten. Sie waren mit “berühmten Männern” in Zusammenarbeit, wurden von ihnen als Geliebte benutzt, “schienen aber nur als Beigabe gesehen zu werden, als hätten Frauen kein ursprüngliches, echtes, eigenes Talent, als könnten Frauen keine schöpferischen Menschen sein.” (Gabriele Münter). Allein das von vielen Männern verächtlich angesehene Wort Feministin ist frauenfeindlich: Ist es nicht völlig normal, dass Frauen Bildung und Freiheit haben sollen? Ist es nicht im Gegenteil so, dies zu verweigern einen Namen braucht? Sexismus ist noch zu wenig. Es ist Femininhass. Diese Seite hier soll auch eine Erinnerung dagegen sein, was manchen Männern heute schon nicht passt.

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