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25. November 2020

Be tough enough to fight, tender enough to cry, human enough to make mistakes, humble enough to admit them, strong enough to absorb the pain, resilient enough to bounce back, and keep on and keep on moving. (The Shining City)

Ladegästin in Schwerin – was für eine Orgel! Gestern konnte ich vor Müdigkeit und schmerzenden Händen nicht schreiben. Meine Hände fühlten sich nach 12 Stunden Aufnahmevorbereitung und Aufnahme geschwollen an, vor allem meine fünften Finger. Ich habe noch nie eine solche Orgel erlebt: sehr schwergängig im HW (erstem Manual=zweitem), viel schwergängiger als alles, was ich bisher erlebt habe, vor allem, wenn man Liszt spielt (bei Bach geht es noch), auch viel schwergängiger als Merseburg – aber mit eigenwilligen, bezaubernden Klängen. Ich habe sehr viel von dieser phantastischen Orgel gelernt und bin sehr dankbar. Vor allem, wie nachts der Raum schwingt. Was ist das für ein Wahnsinngsgefühl, einen Raum mit Klang zu fluten.

Es war eine spannende Aufgabe für mich, zu registrieren. Ich mag die unebene Elfenbeinoberfläche, die Muschellichter und die Kerzen an den Seiten. 

Wir haben die wunderschöne Liszt-Zunge Aeoline 16-Fuß im vierten Manual vorher gestimmt (chromatisch, dazu muss man ganz ins Innere der Orgel) und im zweiten Satz verwendet, genauso auch Dulzian 16 und Posaune 16 im Pedal für Tutti (ab D und die C-Oktaven zusammen); auch Oboe im zweiten und Klarinette im dritten Manual, für Dialoge im zweiten Satz. Beim Stimmen höre ich oft massive Obertöne, die mich ablenken. 

Die HW-Zungen Trombone 16 und Trompete 8 haben wir (erst C-Lade, dann Cis-Lade) gestimmt. Rundsichel. Zack, zack. Während ich übte, wurde noch im Gerüst nebenan Deckenfiguren restauriert.

Und abends gab es plötzlich eine Anti-Impf-Demo vor der Kirche. Ich kann das verstehen, aber nicht, wenn ich Liszt Ad nos zweiten Satz aufnehme. Ich war kurz vorm Durchdrehen. Ich hoffe, man hört es nicht auf der Aufnahme. Ich poste es für euch, wenn es soweit ist.

Durch die Orgel bin ich noch geräuschempfindlicher geworden. Ich höre alles. Gewisse Geräusche sind für mich Foltermethoden. Man kann damit alles aus mir herausholen, zum Beispiel, wenn Papier auf Schnurrbärten reibt oder beim Knistern von Jacken. 

Michael hat alles aufgebaut, wir haben am Montag einen schönen sonnigen Tag erwischt, das Frühstück war lecker, und ich hatte Energie für 7 Stücke insgesamt. Danke an Jan und Jonas. Ich bin mit einem Registranten ausgekommen, weil er das super gemacht hat. Und danke auch an Florian, Christoph und alle Unterstützer dieser künstlerischen Projekte. 

Was ich wieder durch diese Orgel erlebt habe: Eine Durchlässigkeit des Klanges bis zur letzten Spitze des Raumes, vor allem nachts im Stillen, wenn alles ergeben und ruhig ist. Ich schwang mit der Orgel hinten beim Altar, tief im Klang. Als wäre die Orgel rund und umschlossen bis zum Ende der Kirche, und meine Seele inmitten. Ihrer Fittiche. Dieses Schwingen löst alle Aufregung und Hektik auf. 

Ich freue mich, dass meine Noten un Frankreich und USA gekauft werden.

Liszt

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