Offenheit für die Zukunft, die noch im Verborgenen liegt, im Geheimnis des Augenblicks. (Doro Zachmann)
Es ist schön und spannend, wie fein anders Bach seine crescendi aufbaut: Es ist nicht das (von mir geliebte) ungeduldig Dramatische wie Rachmannninof; Bachs Klage und Schmerz, beispielsweise in der Passacaglia c-Moll, sein Largo (handschriftlich im c-Moll Jesu meine Freude) darf nicht durch zu viel Ungeduld (Agogik) zerstört werden, sonst steht mein Ausdruckswille in Konkurrenz zu Bachs Musik und seinen Mitteln des Ausdrucks. Hier geht es um Ausspielen. Ich liebe das Tragische in der Passacaglia, die Art, wie Bach c-Moll ausführt. Unser seinen Händen verwanden sich die Tonarten wie bei niemand anderem: c-Moll, F-Dur, G-Dur… Ich habe gleich seine Paradestücke im Kopf.
Mir gefällt der Begriff “gut abgesetztes legato” an der Orgel, dass man sagen und das Gleiche meinen kann mit: gut artikulieren und gut (ver)binden, da Phrasierung und Artikulation Hand in Hand gehen.
Am Flügel ist Dynamik ohnehin gegeben durch die schwingende Vergänglichkeit des Tones, da der Ton schon kurz nach dem Niederdrücken leiser wird. Hier wird das Tempo real durch Agogik angezogen. Speed! I love it! An der Orgel aber kann und muss das Tempo oft durch Artikulation, nicht durch Agogik angezogen werden. Warum? Das Tempo kann oft durch Akustik, Raum und Pfeifen nicht so real schnell und scharf angezogen werden. Das kommt vielen Organisten entgegen, da sie ohnehin nicht schnell spielen können. Deswegen haben manche überhaupt das Instrument Orgel ausgesucht, nicht aus Liebe wie ich, sondern weil sie ohnehin nicht die Technik und Virtuosität haben, die es beispielsweise für den Flügel braucht (und weil sie dies am Klavier schnell bemert haben). An der Orgel kann man den Mangel beinahe kaschieren. Aber eben nur beinahe. Denn auch an der Orgel kann und muss man virtuos spielen. Man braucht das virtuose orgelspezifische non legato und inneren Drive und Feuer. Glut und Feuer geht vielen ganz ab. Natürlich liebe ich bei der Orgel das Grave, das ist für mich etwas Besonderes. Aber es wäre falsch, anzunehmen, die Orgel sei nur Grave, schwer, groß, schwerfällig, tief und laut. Aber manche Spieler scheinen das tatsächlich zu denken.
Vielleicht beschreibt Bach eher eine Art generelles Leid als ein subjektives. In seinen Werken spiele ich Linien, Fluss, aber auch Ruhe, dass man Töne, Triolen und Triller eher spät als früh bringt, lerne, wie er ausgeschrieben verziert, Schwerpunkte, Markierungen und dennoch Leichtigkeit.
Thomaskirche Leipzig
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