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9. Mai 2021

Stille och Snö. (AHS)

Heute besuchte und spielte ich einige Stunden die wundervolle historische Orgel in Lüneburg. Sie hat ca. 60 Register, soweit ich mich erinnere, 3 Manuale, ein bezauberndes Rückpositiv und Pedalpfeifen und Rückpositivpfeifen mit gelben Blumen bemalt. Ich beschreibe die Orgel aus meiner persönlichen Wahrnehmung und Erinnerung, nicht als Orgel-Abhandlung. Die Böhm-Bach-Orgel in St. Johannis wurde 1551-1553 erschaffen von dem Holländer Hendrik Niehoff. Es ist die letzte große erhaltene Niehoff-Orgel. Und das in Norddeutschland.

Die Pedaltürme an den Seiten kamen nachträglich hinzu. Sie sind wunderschön. Die großen Flügeltüren, auch zum Rückpositiv, sind leider verloren. Ich liebe Flügeltüren an Orgeln! Für mich sind diese nicht nur einfach „Schutz vor Schmutz und Vögel“, sondern wahre Kunstwerke, atemberaubend schön! Ein Jammer, dass diese verloren gingen! Ich habe ein großes Buch über Flügeltüren. Ich denke an die herrlichen Flügeltüren in Alkmaar! Holland hat noch viele solche! Deutschland hat sich zu wenig um die Erhaltung solcher gekümmert. Vor allem um die Bemalung und ihre Motive.


Die Pedaltürme und die untere Empore kamen also nachträglich. Niehoff, Stellwagen, Dropa und Beckerath (1951) bauten an der Orgel. Der große Mittelteil ist ein Quadrat und stellt damit die Größe Gottes dar. Über Sonne und Mond steht ganz oben Jahwe. Es stimmt, dass die Orgel optisch die Herrlichkeit darstellt, was die Musik sinnlich zum Hören und Klingen bringt: die Herrlichkeit Jahwes. Drei große Engel spielen Zinke und Posaune. Der arme Matthias Dropa wurde so bitter heruntergehandelt, dass seine arme Witwe später kaum leben konnte. Die Orgel kostete anfangs 1000 Joachimstaler. Lüneburg wollte damit seinen Reichtum beweisen. Die Prinzipale (HW in der Mitte) klingen wunderbar in dieser einmalig tollen Akustik. Eine solch glitzernde Akustik habe ich fast noch nie erlebt. Es gibt keine Bänke, nur rotes Gestein. Eigentlich hatte ich mir die Orgel viel größer vorgestellt. Sie ist nicht wahnsinnig riesig, auch eher tief gebaut, aber man könnte den Prospekt mit seinen weißen Schleiern stundenlang anstarren, da er einmalig ist. Die gekürzten Pfeifen stehen luftig in den mächtigen Schleiern.

Dazu schmücken Menschenköpfe, schöne Frauen und Engel die Orgel. Die Orgel wurde stets von Sponsoren bezahlt. Beckerath hat ein Radialpedal und eine Bärpfeife eingebaut. Der Dulzian im HW ist von Dropa. Die herrlichen Flöten im 3. M. von Niehoff. Bach war hier, oft. Und das war für mich mit das Wichtigste! Er ist dieselbe Treppe hochgelaufen wie ich, oder besser, ich bin dieselbe Treppe hochgelaufen wie er. Ich bin die Treppe mehrmals gelaufen. Er sicher auch. Die Bank leider ist oben nicht mehr original. Ich spielte nur Bach. Die Leute haben geklatscht. An der linken Seitenwand waren Fotos von Männern aufgehängt. Erneut: An dieser Orgel war noch nie eine Frau angestellt. Warum wird der Dienst an einer Orgel bis heute vermännlicht? Es geht nicht um das Spiel, sondern um die Angelegenheiten rundum Orgel, die bis heute vermännlicht werden. „Die Orgel. Der Organist“. Viele (oder alle) verbinden Orgel mit Männern. Bis heute. Ich scheine eine Exotin zu sein. Und wenn ich dies anspreche, wie vermännlicht der Dienst um die Orgel wird, gibt es gar manche, die mich dann als „männerfeindlich“ darstellen. „Ja, die Männerhasserin war wieder am Werk.“ Weil es so normal ist, dass da 20 Männerfotos hängen und keine Frau. Es ist nicht eine generelle Frauenfeindlichkeit, eher eine Revier-Frauenfeindlichkeit. Solange Frauen nicht ins Revier eindringen, ist alles in Ordnung. Solange sie unten Postkarten verkaufen und nicht wissen, wie es zur Orgel hochgeht, alles kein Problem. Männer handeln untereinander Revier schnell aus. Frauen aber sind andere Geschöpfe. Ich gehe anders mit Revier um. Das scheint zu irritieren. Mir fällt auf, dass die gröbsten Hater meist Katholiken sind. 

Aber wie gesagt, es gibt auch top Männer!

Es gibt auch eine nette Kuhn Chororgel. Anschließend bummelten wir durch die hübsche kleine Stadt, aßen Eis und atmeten die Luft Bachs. Bach hat bei Böhm gelebt und hier bei ihm Noten abgeschrieben, u.a. Reincken. Das ist eine tolle Verbindung, über die ich bisher noch nicht nachdachte.

Der Weg zwischen Uelzen und Lüneburg ist wunderschön mit Tulpen, Maigrün, Hofläden, Raps, Wald, Rot, Grün, Gelb.

Ich muss eines Tages eine virtuelle Landkarte mit meinen besuchten gespielten Orgeln herstellen. Fotos folgen. Siehe facebook. 

Trost-Orgel

J.S. Bach – 2. Satz Trio-Sonate d-Moll Nr. 3 BWV 527 St. Katharinen Hamburg, Ann-Helena Schlüter

https://youtu.be/aRnvP6IqoFU

Hamburg Flentrop

Eine Antwort auf “9. Mai 2021”

  1. Ann-Helena auf den Spuren von JSB – Hat sicher großen Spaß gemacht. Wer wäre da nicht gern Bestandteil des “Wir” gewesen. Es gibt sie, die Meisterin an der Orgel. Allen Hatern und Mißgönnern männlichen Geschlechts zum Hohn.

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