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28. Dezember 2020

Let no hand nor ill will keep you. (Jewel)

Übersetzung: Lass weder Hand noch Häme dich zurückhalten.

Jewel: Tolle Frau aus Alaska!

Bald kommen die Scarlatti – und Bach- und Muffat-Videos.

Heute übte ich an der schönen, zweimanualigen Lobback-Orgel (mit Schweller und schönen Zungen) der katholischen Kirche  Zum  kostbaren Blut in Weikersheim. Weikersheim im Taubertal, im baden-württembergischen Frankenland, an der romantischen Straße. Sehr schöne Gegend. Die Stadt ist in den Roundabouts von (rostigen) Noten und Orgelpfeifen geschmückt – wegen der Tauberphilharmonie und den Orgelbaufirmen wie Laukhuff und Heissler Orgelbau Markelsheim. Die Tauber fließt freundlich durch die schöne, hügelige Gegend. Lobback kommt aus Hamburg. Seine Orgel in Weikersheim von 1977 stand ursprünglich in Hamm-Heessen (dort habe ich auch schon konzertiert). Kreienbrink Orgelbau hat diese Lobback-Orgel in Weikersheim eingebaut und das Brustwerk als Rückpositiv umgeformt. Es gibt daher auch einen neuen Spieltisch. Die Kirche ist hübsch geschmückt, besitzt eine wundervolle Akustik. Ich spielte dort heute Mendelssohn.

Hätte ich Klavier und Flöte studiert, wäre ich, glaub ich, nicht von Neidern belästigt worden. Denn es wären zwei völlig unterschiedene Welten. Aber Klavier und Orgel sind wie verfeindete Brüderländer, wie Israel und Palästina, Franken und Preußen oder wie die Schweiz und Deutschland oder wie die Ostfriesen und… Das Verfeindete geht nicht von den Pianisten aus. In der Klavierwelt bin ich noch nie belästigt worden, es ist eine sehr niveauvolle Welt. Es gibt dort keine “Hobbypianisten”, die sich anmaßen würden, Profis zu kritisieren. Und die Profis lassen sich gegenseitig völlig in Ruhe. Anders in der Orgelwelt. Ich habe noch nie so etwas Niveauloses, Anmaßendes an Neid erlebt wie in der (Hobby-) Kirchenmusikszene. Kirche? Es sollte SodomundGomorramusikszene heißen, nicht Kirchenmusikszene.

Die Organisten sind den Pianisten egal. Pianisten leben für sich. Anders die Organisten: Viele (Hobby-) Organisten und Kirchenmusiker mischen sich in alles ein, wissen alles besser und sind extrem neugierig. Sie kommen mir vor wie die, die Fußball gucken und die Profis auf dem Bildschirm lautstark kritisieren, obwohl sie selbst keine Kniebeuge können. Anstatt selber Sport zu machen, wenigstens zu joggen. Dann würden sie sehen, wie schwer es ist, Profi zu sein.

Die Organisten haben großen Respekt vor Pianisten – solange die Pianistinnen nicht noch Orgel spielen, sondern beim Klavier bleiben. Und wer spielt schon beides? So gut wie niemand. Denn es ist ein Wunder, wenn jefraud beides kann. Ein absolutes Wunder. Denn im Grunde ist es wirklich nicht kompatibel. Und doch eine Einheit. Es geht mir nicht darum, die Klavierwelt gegen die Orgelwelt auszuspielen, jedoch deutlich zu machen, dass es leider die Organisten sind, deren Welt voll Neid zu sein scheint. In der säkularen Welt ist der Neid bei weitem nicht so groß wie in der religiösen Szene, habe ich festgestellt. Religion ohne lebendigen Glauben ist gefährlich und traurig.

Es gibt in den deutschen Kirchenmusikgruppen viele Laien, die mit Nicknames und Fakeaccounts kritisieren. Und die auch nur kritisieren, und das noch hintenrum, obwohl sie selbst nichts können. Es stimmt, dass ich, wie die meisten Künstler, Kritik nicht sonderlich mag, schon gar nicht von Laien. Aber wenn mich Freunde oder Kollegen privat kritisieren, weil sie mir wohlgesonnen sind und ich sie auch um Rat gebeten habe, ist das etwas anderes und ok. Aber es sollten Profis sein, um deren Meinung ich bitte, keine Laien, die mich ungefragt kritisieren, obwohl sie es nicht besser machen, teilweise gar nicht spielen können. Profis wissen, wie schwer es ist. Laien wissen es nicht. Profis wissen, wie schwer Aufnahmen sind. Aber Laien wissen es nicht. Profis wissen, dass ich meine Fehler und Schwächen selbst kenne und daran arbeite. Laien denken, sie müssten es mir erst sagen. Dabei bin ich selbst streng mit mir. Und Profis sagen: Respekt, wie du Pedal spielst nach so kurzer Zeit. Laien sagen: Also, wie kann man denn Messiaen Himmelfahrt an Weihnachten hochladen? Oder meinen, mir Tipps geben zu müssen, Leute wie Matthias Meier.

Als ob Messiaens Nativité nur an Weihnachten gespielt werden würde und nicht in allen Examen rund ums Jahr rauf und runter. Aber wenn man halt keine andere Kritik findet, muss man fündig werden.

Ich möchte nicht nur Verehrer haben, obwohl ich es liebe, wenn Menschen meine Musik lieben und ich ihnen mit meiner Musik Schönes tun kann. Welcher Künstler nicht? Aber Freunde sind für mich Menschen, die mich öffentlich loben und privat kritisieren, wenn sie schon meinen, kritisch sein zu müssen, und schon gar nicht anonym. Das ist billig. Da heissen sie dann Wolfgang B, Black Hack oder Jonathan R oder Organist888 oder DeppdesJahrhunderts, und schreiben: “Ich spiele zwar schon seit zehn Jahren keine Orgel mehr, aber…” Oder: “Ich bin zwar Laie, aber meine Meinung ist, dass…” oder “Nach meinem Geschmack muss es X sein…” oder “Nach meinem Geschmack muss es Y sein…”Puh!

Ich glaube, deswegen haben viele Orgel-Professoren kaum oder keine Videos auf YouTube oder schalten die Kommentar-Funktion aus. Weil sie die gehässige Szene kennen. Alle Hobbypianisten sind so klug, zu wissen, wie schwer Klavierspielen ist. Aber bei der Orgel spielt jeder Hansdampf irgendwie und hat deswegen eben keine Ahnung, wie schwer es ist. Ich habe im Orgelstudium viele Organisten Klavier spielen hören: Etwas Unkünstlerisches habe ich noch nicht gehört, starr und ohne Gehör. Bei Jugend musiziert, was ich als Kleine meine Kindheit lang gespielt habe, hätten die meisten keinen einzigen Platz belegt, egal, in welcher Altersgruppe. Und das im Studium! Nach dem Klavierspiel gehen sie dann an die Orgel, und es klingt nur deswegen besser, weil sie nun Register und Füße haben, und im Glücksfall noch Hall dazu kommt. Daher mein Verdacht, dass viele Organisten unkünstlerisch sind. Es wurde von einigen Organisten nach Gründen gesucht, wie man mich hindern, aufhalten, einschüchtern könnte. Weil sie befürchteten, dass ich meine künstlerische Tätigkeit einfach auf die Orgel übertrage und fortführe. Und bin schon mehr unterwegs als alle in Deutschland. Und mit den meisten Fans. Und kenne mehr Orgeln als die meisten, und mein Repertoire wächst. Umgekehrt wäre es nie möglich, dass ein Organist noch Pianist wird.

Rising above.

Anbei die Engel aus Nativite – noch aus der Frankfurter Zeit, meiner ersten Station Orgel: 🙂

2 Antworten auf “28. Dezember 2020”

  1. Ich finde diesen Gegensatz von Klavier und Orgel auch sehr schade. Umso schöner ist es, dass es immer mehr Musiker und Musikerinnen gibt, die beides auf hohem Niveau können. In der Vergangenheit fällt mir da z.B. Jeanne Demessieux ein, die als Wunderkind das große Klavierrepertoire drauf hat… Oder Jean Guillou und Daniel Chorzempa (die haben die Reubke-Sonaten für Klavier und Orgel bzw. auch Beethoven-Sonaten aufgenommen). Oder in der jetzigen Zeit fallen mir Daria Burlak ein, die wie du ein Klavierexamen hat, oder Zuzana Ferjenčíková, die auch Klavier studiert hat. Man merkt einfach, dass man souveräner Orgel spielt, wenn man eine richtige Klaviertechnik hat…

  2. Viel Feind viel Ehr.
    Hoffe auch bald HIER weiter unterwegs. Zu Ereeitern von Orgelbekanntschaft u Repertoire. Ich finde deine Entwicklung stimmig, konsequent, logisch und vital. Das Andre was du beschreibst ist morbide, gestrig und und eng. Die Weite und Offenheit zeichnet sich aus. Und die Strenge zu dir selbst und anderen.

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