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21. Dezember 2019

Musikalischer Impuls 13: Harmonisieren und Orgelimprovisation

Partita improvisieren

  1. Zunächst ein Choral, zum Beispiel jetzt zu Weihnachten: Nun komm, der Heiden Heiland – ein gregorianischer Hymnus in g-dorisch aus dem 12. Jahrhundert, über den allein Bach drei schöne Ausführungen schrieb, mit den fünf Strophen (die fünfte das Siegel oder der entscheidende Zusatz wie Bachs Soli Deo Gloria oder Und dein ist das Reich… im Vaterunser oder Ehre sei… in den Psalmen, die Zusammenfassung des Glaubens).
  2. Im ersten Satz der Partia also den verzierten Choral mit obligatem Sopran mit Pedal vierstimmig wie in einem ganzen Vorspiel. Vorsicht: in der engen Lage bleiben, solange es geht. Nicht unbewusst in weite Lage abdriften. Nur, wenn es nicht anders geht, zum Beispiel um Parallelen zu vermeiden, in die weite Lage ausweichen. Die Stimmen der weiten Lage sind ansonsten schwerer zu kontrollieren (Parallel-Gefahr). Ist aber in der engen Lage eine Oktav- oder Quintparallele unvermeidbar, dann muss der Tenor beispielsweise abspringen (weite Lage einmalig). Parallelen sind leicht zu hören, aber natürlich macht es nicht allzu viel Spaß, dauernd etwas nicht zu dürfen. Daher gewöhne dich an den richtigen Klang wie an die richtige Grammatik und denke nicht mehr an das, was nicht geht, sondern an das, was sein soll und gut klingt. (Seltsam, früher waren Quintparallelen, also Parallelführung beispielsweise am Quintorganum gang und gäbe, sie waren mindestens dreihundert Jahre lang normal. Dann wurden sie plötzlich verpönt, seit dem 15. Jahrhundert. Und jetzt? In der Popmusik gewünscht, im Choral verpönt…). Auch beim verzierten Choral auf die Zäsuren und den Rhythmus achten. Und auch darauf, im Stile zu verzieren und nicht zu überladen. Vergiss nicht: Kein Schubidu und Trugschlüsse eher selten. Im Sextakkord die Terz im Manual nicht verdoppeln, da diese ja schon im Pedal liegt. Zur Vorbereitung Kadenzen und Tonleiter harmonisieren in allen Lagen und Tonarten. Dies soll zur Routine werden.
  3. Als zweiter Satz in der Partita kann nun ein Bicinium folgen, zwei Stimmen manualiter, die eng beeinander und gleichwertig sind, in Sexten und Terzen (keine Quinten, kein Bass). Die linke Hand beginnt, die rechte imitiert, die linke Hand wieder allein, die rechte wieder imitierend dazu und so fort.
  4. Der dritte Satz Apreggien manualiter von oben nach unten und von unten nach oben: Fun.
  5. Der letzte Satz wäre ein vollgriffiges Concerto mit Pedal, wenn der Choral in Dur wäre: Immer wieder das Ritornello als freies Zwischenspiel dazwischen. Hier könnte ein majestätischer Tanz im Dreier erfolgen.

Suite (Tanzsätze) improvisieren

  1. Beispielsweise nach dem Bass-Schema von Bachs Goldberg-Variationen (immer mit Wiederholungen der beiden Teile) erst eine Allemande im fließenden Vierer mit Auftakt, dann eine schärfere, schnellere Courante im Dreier, dann eine schöne, ruhige Aria (mit Double) im Dreier, dann eine lebendige Gigue im Zwölfachtel als Schlusssatz. Die linke Hand kann stets immer kreativ sein. Man kann auch einen Tanzsatz mit Pedal ergänzen.
  2. Wichtig ist, dass alles schwingt, klar und dennoch zart ist, dass die Proportionen (eine gewisse Symmetrie) eingehalten werden, Taktabfolge, Kadenzen und Harmonieabfolge.
  3. Wichtig ist auch, die Sprache zur richtigen Zeit einzuhalten, vor allem in den Kadenzen, in Verzierungen, Kolorierungen, Trillern, Lagen, auch dass die Läufe immer zur richtigen Zählzeit in der richtigen Harmonie landen und nicht beispielsweise in der Dissonanz. Vorsicht mit zu viel Dissonanzen.
  4. Als Vorbild dienen auch die manualiter Buxtehude Suiten.
  5. Das Tänzerische liegt mehr in der Seele, findet im Innenleben statt, mental.

Präludien improvisieren

  1. Hier muss man sich an keine strenge Taktabfolge und harmonische Schemata mehr halten, es kann freier, “unsymmetrischer” werden beispielsweise anhand einer Kunstrede mit Aussage, Gegenaussage und Zusammenfassung: mit Einführung der Harmonie und anschließend der ersten Behauptung oder Geschichte. Dann geht es in eine Art Disput oder Bestätigung, also eine ständige Intensivierung. Am Anfang schon das Ende kennen.
  2. Beispielsweise kann die linke Hand solo mit der Einführung beginnen, es kann imitierend weitergeführt werden rechts, bis das Pedal einsetzt.
  3. Polyphonie kann direkt eine große Rolle spielen, muss aber nicht. Präludien sind so unterschiedlich in ihrer Strenge und Freiheit: Vorbild Bachs Präludien.

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