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Ratzmann Orgel St. Johannis Kirche Liebenstein, Thüringen

ev. Dorfkirche bei Gräfenroda (1841)

Orgelbauer:

Georg und Ludwig Ratzmann (Ohrdruf)

Baujahr:

1842 / 1993

Datum des Erstbesuchs:

August 2024

Disposition und Spielhilfen

Romantische Georg Ratzmann Orgel St. Johannis Kirche Liebenstein, Thüringen, 2 M, 27 R, mechanische Schleiflade, mit durchbrochener Zwillingslade

Die thüringische Orgelbau-Dynastie Ratzmann mit ca. 170 Orgeln in Thüringen und Hessen aus der Bachstadt Ohrdruf überlebte 3 Generationen. Diese schwergängige schöne, hellgrüne Orgel ist eine Augenweide. Die helle, schlichte Johanniskirche ist nicht bemalt und wirkt dadurch älter als die Barockkirchen der Gegend. Die Hallenkirche ist denkmalgeschützt.

Die Zeitgenossen und Konkurrenten Strebel, Ratzmann und Knauf haben „ähnliche“ Orgeln gebaut. Der krasseste Geschäftsmann war hier die Knauf-Dynastie. Diese haben es Ratzmann mit Aufträgen schwer gemacht.

Bis heute gibt es viel mehr Knauf Orgeln als Ratzmann Orgeln, was ich schade finde. Ratzmann-Orgeln sind auch wundervoll.

1993 wurde die Orgel durch Hey restauriert und die Schwergängigkeit etwas abgemildert.

Die durchbrochene Lade bedeutet, dass das OW keine eigenständigen Register besitzt, sondern die des Hauptwerk unten benutzt. Daher gibt es auch keine Manualkoppel. Die bunten Registerzüge (himmelblau für Oberwerk) zeigen nicht an, welche Klangfarben welche sind in dieser Zwillingslade, da sie unterschiedlich benannt wurden. Das OW besitzt also kein eigenes Pfeifenwerk, es sind Transmissionen aus dem HW.

In der Disposition aber zeigt sich, welcher Klangfarbe aus dem HW ist, wenn auch vieles anders benannt. Ich finde es klug, platz- und geldsparend, mit Transmissionen zu arbeiten – Voraussetzung, es ist so gut gelungen wie hier.

Die Disposition ist hier zum ersten Mal im Netz.

HW

Bordun 16

Principal 8

Bordun 8

Harmonica 8

Salicional 8

Hohlflöte 8

Gambe 8

Octave 4

Hohlflöte 4

Flöte 4

Gemshorn 4

Quinte 2 2/3 (nicht original)

Octave 2

Mixtur 4f. 1

OW (kein eigenes Pfeifenwerk, alles Transmissionen aus dem HW)

Gedacht 8 (aus Bordun 8)

Äoline 8 (aus Salicional 8)

Zartflöte 8 (aus Harmonica 8)

Flöt. Travers 8 (aus Flöte 8)

Principal 4 (aus Oktave 4)

Flöte Minor 4 (aus Flöte 4)

Flöte Dolce (aus Gemshorn 4)

Quinte 2 2/3 (aus Quinte 2 2/3)

Octave 2 (aus Oktave 2)

 

Pedal

Subbass 16

Violon 16

Octabnass 8

Flötenbass 4 (nicht original)

Pedalkoppel

Der Kanzelaltar ist schlicht und einfach, gegenüber die Orgel, ebenfalls schlicht und klar, alles in warm-grünlichen Farben getaucht.

Georg war der Vater von Ludwig und Inhaber der Firma bis zu seinem Tod 1846. Deshalb zählt die Orgel mit zu seinen Werken. Ein Großteil der Arbeit hat aber sein Sohn ausgeführt. Auch in Liebenstein hat der Sohn einen Großteil der Arbeiten erledigt und erscheint auf Rechnungen als Orgelbauer.

Klang und Akustik

Die Akustik in der Kirche ist durch die hölzerne Flachdecke exquisit, sogar etwas brillanter als in Geschwenda und Frankenhain, nicht ganz so trocken.

Ratzmann war ein begabter Tischler, deswegen sind seine Spieltische oft eleganter als die von Knauf: zarte Intarsien schmücken die Spieltische, die schwarze Ebenholztasten passen sehr gut dazu.

Besonders schön und süffig sind die Hohlflöten, überblasen und rauchig, Gemshorn 4 und die wunderbare enge Harmonica, alles frisch und klangschön. Viele wunderbare 4-Füße überall.

Persönliche Note

Es war sehr schön, diese elegante Orgel zu spielen. Leider wurde die Posaune im Pedal ausgebaut, dafür nun der schöne 4-Fuß im Pedal. Schlimm ist, dass der Pedalumfang nachträglich beschnitten wurde. Die Orgel muss diesbezüglich dringend auf ihre ursprüngliche Idee zurückgebracht werden. Dies ist meine zweite Ratzmann Orgel. Liebenstein ist nicht mit Bad Liebenstein zu verwechseln, welches ebenfalls in Thüringen liegt. In Liebenstein gibt es auch eine schöne Burgruine.

Die große Ratzmann-Orgel in Kassel und viele weitere in Hessen wurden im Krieg vernichtet, auch die in Ohrdruf. Wittmann Orgeln erinnern mich an Ratzmann Orgeln.


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