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Klais Orgel Dom zu Münster

kath. Paulus-Dom

Orgelbauer:

Hans Klais (Bonn)

Baujahr:

1956/87/2002/14

Datum des Erstbesuchs:

2.2022

Disposition und Spielhilfen

Klais Orgel Dom zu Münster

Fledermaus-Zuckerguss-Orgel im wunderschönen Dom in Münster, etwas weniger Zuckerguss als in Trier, mit einem Schwung, wie der Flügel einer in Stuck und Pistazie gegossenen Riesen-Fledermaus, dazu mit Fingerhüten an der Spitzen.

Sie spielt sogar Zungen der genialen Astronomischen Uhr. Der Dom sah im besonderen Licht des Tages aus wie eine Festung. Zuckerguss-Orgel. 4 M, Schleifladen, 74 Register, 5889 Pfeifen, mechanisch, zwei Schwellwerke.

2014 gereinigt, Registertrakturen elektrisch, Registerwippen statt Manubrien. Dom von 805 (erster Dom). Berühmt ist die große Astronomische Uhr von 1540 (die erste 1408), versteckt im hinteren Teil des Doms.

Das Ziffernblatt ist eine Weltkarte, Planeten, Sonne, Mond und Sterne. Es ist nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch technisch fabelhaft und einwandfrei gemacht.

Mit Trompeten und christlichen Figuren werden die vollen Stunden eingetönt. Die Uhr ist ein Kalendarium und ein mystisches Wunderwerk, das den Gang der Planeten anzeigen will.

Die Uhr steht halb verborgen hinter dem Altar. Auch die Kapellen mit moderner Glaskunst sind verborgen im hinteren Teil des Doms.

Bischof Graf von Galen, der Löwe von Münster, hat hier eine Büste und eine eigene Kapelle, die auch der Papst in den Achtzigern besuchte.

Clemens August Kardinal Graf von Galen (1878-1946) hat mich schon vor Jahren sehr beschäftigt mit seinem Widerstand gegen die Nationalsozialisten, da ich das Buch Frei wie die Vögel über die Lübecker Märtyrer geschrieben habe.

“Nicht durch Lob noch durch Drohung weiche ich von Gottes Wegen ab.” (Der Löwe von Münster, Graf von Galen)

Selbst die Orgel ist verborgen im Dom, sie steht ebenerdig an der Seite, im Kontrast zum dahinter eingesetzten Spitzbogenfenster, exponiert an den Schleierbrettern schöne Blumenmotive.

Die kupfernen Prospektpfeifen wurden mit Zinn plattiert, dreitürmiger Mittelbau, in Anlehnung an Aristide Cavaillé-Coll wurden die Register- und Koppelzüge des Spieltisches im halben Rund angeordnet.

Von einem fahrbaren Spieltisch mit elektronischen Trakturen lässt sich das Positiv (1. Manualwerk) anspielen.

Interessant ist auch, dass auch Schwester Euthymia im Münster ‘ausliegt’. In ihrem Halverde spielte ich vor kurzem.

Die zehn Glocken der Astronomischen Uhr sind vom 1. Manual aus spielbar; die Registerzüge des Auxiliarwerks im Westwerk wurden auf separat links des Spieltisches untergebracht.

Anzahl der Pfeifen 5889 (Hauptorgel)
1330 (Turmwerk)
Anzahl der Register 74 (Hauptorgel)
19 (Turmwerk)
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 1987 (Hauptorgel)
2014 (Turmwerk)
Epoche 20. Jahrhundert
Tontraktur mechanisch (HO)
elektrisch (TW)
Registertraktur elektrisch
Anzahl der 32′-Register 2

I. Positiv C-a3

1. Praestant (Pr.) 8′ (N)
2. Koppelflöte 8′
3. Lieblich Gedackt 8′
4. Quintadena 8′
5. Principal 4′
6. Blockflöte 4′
7. Nasard 22⁄3
8. Principal 2′
9. Rohrflöte 2′
10. Terz 13⁄5
11. Sifflöte 11⁄3
12. Septime 11⁄7
13. Octävchen 1′
14. Mixtur IV–VI
15. Cromorne 8′ (E)
16. Trompete 8′ (E)
Tremulant
Glockenspiel

 

II. Hauptwerk C-a3

17. Principal (Pr.) 16′
18. Metalloctave 8′ (N)
19. Holzoctave 8′
20. Grobgedackt 8′
21. Große Quinte 51⁄3
22. Octave 4′
23. Spillflöte 4′
24. Große Terz 31⁄5
25. Quinte 22⁄3
26. Superoctave 2′
27. Mixtur VI–VIII (N)
28. Acuta IV
29. Cornet V (N)
30. Trompete 16′
31. Trompete 8′ (N)
32. Trompete 4′ (N)
IV. Schwellwerk C-a3
46. Holzprincipal 8′
47. Rohrflöte 8′
48. Gamba 8′ (E)
49. Vox coelestis 8′ (N)
50. Octave 4′
51. Quintadena 4′
52. Hohlflöte 2′
53. Sesquialter II
54. Mixtur IV
55. Terzcymbel III–IV
56. Regal 16′
57. Rohrschalmey 8′
58. Vox humana 8′
Tremulant

III. Récit (schwellbar) C-a3

33. Principal 8′
34. Gedacktflöte 8′
35. Spitzgedackt 8′
36. Principal 4′
37. Querflöte 4′
38. Schwegel 2′
39. Rauschpfeife II–III
40. Mixtur V–VI
41. Fagott 16′
42. Trompette harmonique 8′
43. Hautbois 8′
44. Clairon 4′ (E)
Tremulant

Pedal C-g1

59. Untersatz 32′
60. Offenflöte (Pr.) 16′
61. Principalbass 16′
62. Subbass 16′
63. Octavbass 8′
64. Rohrgedackt 8′
65. Tenoroctave 4′
66. Spitzflöte 4′
67. Octave 2′
68. Mixtur VI
69. Hintersatz IV
70. Contraposaune 32′
71. Posaune 16′ (N)
72. Bombarde 16′
73. Trompete 8′
  • Koppeln: I/II, III/II, IV/II, III/I, IV/I, IV/III, I/P, II/P, III/P, IV/P.
  • Spielhilfen: Elektronische Setzerkombinationen (1987), Registercrescendo
  • Effektregister: Kuckucksruf
2014 baute die Orgelbaufirma Klais das Auxiliarwerk zu einem Turmwerk um: 3 Manualwerke, die unabhängig voneinander an die Manualwerke I, II und III und das Pedal der Hauptorgel angekoppelt werden, Hauptwerk und  Tubenwerk, schwellbares Solowerk mit 5 Registern. Die Register des Hochdruckwerkes (Tuba episcopalis) sind im Schwellwerk untergebracht, sind auch als Tubenwerk selbständig. Die Orgelanlage wuchs damit auf  93 Register an. Im Rahmen dieser Ergänzung wurde der Spieltisch im Johanneschor umgebaut.

Turm-Hauptwerk CC-a3

1. Principal 8′
2. Gamba 8′
3. Gedacktflöte 8′
4. Octave 4′
5. Rohrflöte 4′
6. Superoctave 2′
7. Cornet V 8′
8. Mixtur V
9. Trompete 8′

Turm-Schwellwerk C-a3

10. Doppelflöte (ext. Nr. 11) 16′
11. Doppelflöte 8′
12. Sologambe (ext. Nr. 13) 16′
13. Sologambe 8′
14. Klarinette 8′
Tremulant

Tubenwerk C-a3

15. Tuba episcopalis (ext Nr. 16) 16′
16. Tuba episcopalis 8′
17. Tuba episcopalis (ext. Nr. 16) 4′

Turm-Pedalwerk C-g1

18. Subbass 16′
19. Posaune 16′
Turm-Hauptwerk: an I, an II, an III, an P 

Klang und Akustik

Glitzernder Klang, warm. Besonders schön das Auxiliarwerks.

Leuchtend die Münster Telefonwählscheibe: Blaue Fenster, wo eigentlich die geniale Möller Orgel stand, die niemand wiederherzustellen gedachte.

Stumm schütteln selbst die wertvollen Figuren des Münster Paradieses dazu die Köpfe.

Übrigens: Bevor man “Über Wasser” geht auf die andere Seite der Aa, gibt es ein kleines Cafe/Musikalienhandel, in dem früher die verbotenen Predigten von Bischof Graf von Galen heimlich gedruckt wurden zur Verteilung, siehe mein Buch “Frei wie die Vögel”.

Persönliche Note

Die Orgel ist optisch eine Augenweide. Eine Orgelweide. Eine Zuckerguss-Orgel, im Zuckergussstil wie die Knospen-Orgel im Dom Trier.

Die Orgel hat einen wunderschönen Schwung, auch wenn sie ebenerdig und an der Seite steht. Wie ein großer Fledermaus-Flügel, in silber und rosa, mit zarten Hütchen (Fingerhüten, Fingerkuppen).

Es gibt drei Orgeln: Die Hauptorgel befindet sich im Johanneschor, verbunden mit einem Turmwerk (Auxiliarwerk), in einer Kapellenkammer im Nordturm untergebracht, der Beschallung des rückwärtigen Kirchenraumes zuträglich.

Im Westchor befindet sich das mobile Orgelpositiv aus dem 17. Jahrhundert, das der Begleitung der Gesänge dient.

Früher standen im Dom tragbare Instrumente. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gab es  zwei Orgeln, im Stephanuschor, die zweite im Johanneschor.

1588 wurde von den Gebrüdern Lampeler eine Orgel mit 28 Registern erbaut und als Schwalbennest gegenüber der Kanzel aufgehängt (Katharinenorgel, über der Statue der heiligen Katharina aufgehängt).

Sie wurde später auf die im Alten Chor neu errichtete Orgelempore gesetzt. Auf dem ehemaligen  Lettner stand ein Orgelpositiv für die Begleitung der Chöre, für Generalbaß, Domkapelle, von der Lettnerbühne aus gespielt, heute im Westchor spielend.

1752–1755 wurde die Katharinenorgel durch eine größere Orgel ersetzt, von Johann Patroclus Möller aus Lippstadt erbaut, der auch in Marienfeld gebaut hat.

Im 19. Jahrhunderts wurde die Orgel in eine Orgelkammer über dem Kapitelsaal oberhalb des Stephanschores, nördliches Querschiff, versetzt.

Die Möller-Orgel mit 53 Registern auf drei Manualen und Pedal, wurde im Zweiten Weltkrieg leider zerstört. Es ist tragisch, dass die geniale Patrockus Möller Orgel nicht wieder hergestellt wurde. Darum hätte man sich bemühen müssen.

Sie war zudem perfekt positioniert. Stattdessen wurde wieder eine Dom-Klais-Orgel gebaut.

Die alte Klais-Hauptorgel stand im südlichen Querhaus, 1956 von dem Orgelbauer Hans Klais erbaut, bis 1987 im Stephanuschor im Chor- und Altarraum in einer offenen Orgelnische über dem Kapitelsaal.

1987 wurde das Instrument von der Orgelbaufirma Klais in einem neuen Gehäuse vor dem Südfenster des östlichen Querschiffs im Johanneschor auf einem Steinpodest mit Treppenstufen aufgestellt.

Das Gehäuse wurde von den Kölner Bildhauern Elmar Hillebrand und Theo Heiermann entworfen.

Während der Pfeifenbestand unverändert in die neue Orgel übernommen wurde, wurde die Spieltechnik neu angelegt. 2002 wurde die Orgel renoviert, modifiziert, ergänzt.


3 Antworten auf “Klais Orgel Dom zu Münster”

  1. Andreas Friedrich

    Wissenswert, interessant und ausführlich mit gelungenem Video und anschaulichen Bildern.

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