
Werner Orgel ev. Dorfkirche im Harz, Limlingerode, Thüringen
ev. Dorfkirche Limlingerode, Südharz, Thüringen (1652)
Orgelbauer:
Johann Christoph Werner
Baujahr:
1810/2015
Datum des Erstbesuchs:
26. September 2021 / Oktober 2024
Disposition und Spielhilfen
Historische, romantische Werner Orgel ev. Kirche Limlingerode Kirchspiel Hohenstein, Südharz, an der Grenze zu Niedersachsen, 2 M, 14 R
Evangelische Kirche, ehemals Grafschaft Hohenstein in Nordthüringen, Vorharz, Südharz:Die Disposition ist hier zum ersten Mal im Netz.
Letzte Werner Orgel: in Limlingerode, Hohenstein, Thüringen, Südharz. Die bereits aufgegebene Orgel wurde von Orgelbau Hüfken gerettet. Sie ist grün, mit Blumen verziert, mit langen, braunen Registerzügen.
1810/2015 (Orgelbau Hüfken aus Halberstadt, Thüringen)
2011 wurde die Kirche erneuert
Wunderschöner Kanzelaltar von 1695
Die Manualkoppel (Schiebekoppel) und die Pedalkoppel sollen noch restauriert werden. Dies ist jedoch sehr teuer. Bitte spendet!
Es gibt eine wundervolle Posaune 16 und Quintadena und in samtiger Akustik die Flöten.
Besonders berührend ist für mich, dass direkt neben dem Glockenstuhl das Geburtshaus der Lyrikerin Sarah Kirsch steht, die bekannteste Dichterin der damaligen DDR.
Kaum aus Prag zurück und eine Nacht zuhause, geht es auf zum nächsten Konzert. Besser gesagt, zu zwei Konzerten an einem Tag. Und zwar zuerst ins schöne Nordthüringen an der Grenze zu Niedersachsen (Göttingen) im herbstlich sonnigen Südharz nach Limlingerode. Viele evangelische Dörfer im Harz und in ganz Thüringen heißen „rode“ oder „roda“, auch im Thüringer Wald, von „gerodet“. Auch in den fränkischen Dorfnamen gibt es eine typische Endung für „gerodet“: gereuth.
Im festlichen Gottesdienst in Limlingerode an der letzten historischen, romantischen Johann Christoph Werner Orgel von 1810 in der ev. Dorfkirche Limlingerode, Hohenstein, spielte ich um 11. Es war sehr gut besucht. Ich spielte und predigte. In meiner Andacht ging es um Musik und Glaube. Ich habe völlig frei gesprochen und mich auch nicht mit Skizzen vorbereitet.
Das Thema ist so tief in meinem Herzen, dass es nur so aus mir heraus sprudelt. Die Leute waren sehr angetan. Hinterher gab es leckeres Essen im Gemeindehaus. Ich musste sofort nach Göttingen gebracht werden zum nächsten Konzert.
Vor lauter Eile habe ich mir den Kopf an der Orgel angeschlagen und habe nun eine Beule unter den Haaren. Es tat so weh, dass ich dachte, ich hätte eine Platzwunde. Dabei realisierte ich, dass ich selbst mit Platzwunde spielen würde.
Die Orgel wurde 2015 von Orgelbau Hüfken gerettet. Orgelsachverständige hatten sie schon aufgegeben. Es gibt viele sogenannte „Orgelsachverständige“ und Ähnliches, die keine Ahnung und vor allem kein Interesse haben – schon gar nicht an Dorforgeln. Kirchen oder Orgeln in Dörfern zu retten, interessiert sie nicht. Projekte, Anfragen und Ideen der Dörfer werden weggewischt. Regeln, Unkenntnis, Bürokratie und Ignoranz spielen dabei eine Rolle.
Mindestens drei Dörfer im Harz mussten auf eigene Faust handeln, da der ehemalige Orgelsachverständige aus Nordhausen die neue Orgel oder deren Planung dann noch nicht mal abnehmen (= genehmigen) wollte, was jedoch nötig ist für die finanzielle Förderung, bzw. nicht an der Planung interessiert war.
Dies betrifft die schönen Dörfer Epschenrode, Liebenrode und Limlingerode. Sehr viele weitere Dörfer sind abgeschreckt und fühlen sich so klein und hilflos, dass sie seit Jahren keine spielbare Orgel mehr haben und auch nicht wissen, wie sie es sich leisten sollen, ihre schöne historische Orgel (meist Knauf-Orgel) restaurieren zu lassen. Es ist so traurig – und ein enormer Kraftakt und erfordert Manpower, den Weg der Restaurierung zu gehen.
Epschenrode, Liebenrode und Limlingerode, wo ich überall schon gespielt habe, schafften es jedoch. Gott sei Dank! Teils zerstrittene oder resignierte Dörfer fanden zusammen und bauten ihre Kirchen wieder auf, reinigten, schnitzten, sammelten Geld und kämpften wie Löwinnen und fanden dabei auch (zurück) zum christlichen Glauben nach all der biblisch langen heidnischen DDR-Zeit (40 Jahre).
Links
Principal 2, Gedackt 8, Quintadena 8, Trompete 8, Octave 2, Octabbass 8, Posaune 16, Vacat (früher Pedalkoppel)
Rechts
Prinzipal 4, Gedackt 4, Krummhorn 8, Quinte 3, Traversflöte 8, Subbaß 16, Mixtur 4fach, Motor, Schiebekoppel
Die roten Schnörksel: HW 1. M
Die grünen Schnörksel 2. M
Es war sehr schön, hier zu konzertieren. Zuvor habe ich die Zungen gestimmt.
Die Orgel in Limlingerode ist eine wunderschöne zweimanualige weiße Orgel, geschmückt mit Blumen (diese eventuell sogar noch von älterem Jahrgang), dunklen und näselnden, mittelalterlich klingenden und warmen Klängen.
Die Kirche ist hell und ebenfalls mit Blumengirlanden geschmückt, der Altar von 1695, der Taufengel von 1710. Da der Turm zu klein ist, sind die drei großen schönen Glocken außerhalb der Kirche angebracht.
Die wunderschöne Werner-Orgel wird auch im Thüringer Orgelsommer gespielt. Im zweiten Weltkrieg wurde die Kirche beinahe zerschossen, der Turm und das Dach fielen ein, es regnete in die Orgel.
Klang und Akustik
Viele Orte im Harz und im Thüringer Wald enden mit „rode“ oder „roda“ von gerodet.
Hell zimtiger Klang in samtig trockener Akustik.
Stimmung: Kirnberger
Es wurden alte Pfeifen gefunden, die der frühere Pfarrer dem ersten Welt-Krieg vergeblich anbieten wollte, die Bälge erneuert, es wurde restauriert, die alten herrlichen Farben mit den Blumen und dem wunderbaren Grün wiederhergestellt.
Persönliche Note
Geheime Denkmäler:
Ich spielte in Limlingerode die hübsche evangelische Kirche (aus Gips und Bruchstein, beinahe 1000 Jahre alt), die die letzte erhaltene große Johann Christoph Werner-Orgel (1810; 2011 restauriert) besitzt.
Werner kam aus Steina bei Bad Sachsa aus einer Töpfer-Familie. Er sollte den väterlichen Töpfer-Betrieb übernehmen.
Aber er liebte den Orgelbau und brachte sich diese Fertigkeiten extern und autodidaktisch bei, was natürlich manchen ein Dorn im Auge war.
Quereinsteiger sind oft nicht willkommen. Dabei war er sehr talentiert:
Seine wertvollste Orgel wurde leider verkauft. Es ist das erste Mal, dass ich in einer Gegend so viele Kirchen ohne Turm antreffe.
Dadurch sehen manche Kirchen nicht wie Kirchen aus. Die Glocken sind draußen im Glocken-Gehäuse. Alle „rodes“ sind ca. 1000 Jahre alt.
Der Dachreiterturm, der gerade über der Orgel saß, wurde abgeschossen und diese Lücke dann mit einer Hilfskonstruktion gedeckt. Dennoch hielten einige Register dieser tapferen Orgel bis 1970 durch!
Danach ging nichts mehr. 40 Jahre lang schwieg diese Orgel. Eine biblische Zahl. An dieser Orgel kann mensch viel erkennen und lernen und sich ein Beispiel nehmen.
Wie geduldig sie alles ertrug. Jugendliche kletterten in ihr herum. Kirche und Orgel wurden in der Nachkriegszeit grau und etwas düster angemalt.
Dann DDR – Grenzzone und Sperrgebiet. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der anschließenden notvollen Hungerzeit 1946-48 kam mit dem „Aufbau des Sozialismus“ durch die sowjetisch angeleiteten Kommunisten die nächste Unterdrückungswelle mit der Einführung der 5km-Sperrzone an der Grenze.
Viele wurden deportiert, viele Menschen enteignet, die Bauern in die „Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften“ gepresst, all das verbunden mit einer scharfen antichristlichen Propaganda.
In dieser Zeit hat die Gemeinde das Kirchendach repariert und die Kirche neu ausgemalt. Das war eine enorme Widerstandsleistung, die für die Christen auch mit dem persönlichem Risiko des Verlustes von Heimat und Eigentum verbunden war.
Dass ihnen das nicht mit fröhlichen Farben gelang, kann ich gut verstehen.
Schließlich aber wurde die Orgel endlich in Angriff genommen und aus ihrem Schweigen herausgeholt.
Jedoch – was kann man von manchen Orgelsachverständigen anderes erwarten – hielten die Gutachten der „Orgelsachverständigen“ die Orgel für nicht reparierbar. Die letzte Werner-Orgel! Die Gemeinde und Familie Neubert gaben nicht auf. Auch im benachbarten Liebenrode wurden Kirche und Orgel durch Ehrenamtliche gerettet!
Da kam Orgelbaufirma Hüfken aus Halberstadt. Innerhalb eines Jahres stellten diese die Werner-Orgel wieder her!
Übrigens, die Tagebücher von Pfr. August Rönnefarth hat Pfarrer i. R. Dr. Ehrhart Neubert als Büchlein verlegt – eine spannende Quelle darüber, was der Krieg im Alltag eines Dorfes anrichtete und für die einfachen Menschen bedeutete.
Der treibende Motor an der Renovierung und der Orgelfrage war er. Der Gottesdienstbesuch in Limlingerode ist vergleichsweise gut, die Politik und DDR-Schulbildung haben hier nicht ganz so durchgeschlagen wie in anderen Gebieten der ehemaligen DDR.
Leider ist am letzten Sonntag Erhart Neubert, dem wir die Rettung dieser wunderbaren Orgel verdanken, verstorben. Die Trauerfeier wird am Freitag nächster Woche in Limlingerode sein.
Oh, das tut mir leid! Gottes Segen!
Sehr gut!
Wunderschön, dass Orgel und Kirche vor dem Verfall gerettet wurden!
Sehr schön gemacht liebe Andlen
Gut gemachte Info mit ausführlichen Schilderungen und ansprechenden Aufnahmen ⛪