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Ladegast Eule Orgel St. Marien Weißenfels (Weissenfels)

St. Marienkirche Stadtkirche Weissenfels e.V.

Orgelbauer:

Friedrich Ladegast

Baujahr:

1864/ 2021

Datum des Erstbesuchs:

2019-2023

Disposition und Spielhilfen

 

Locken-Frisur-Blond

Ladegast Orgel St. Marien Weißenfels (Weissenfels)

Friedrich Ladegast steht für weichen, farbigen Ton, orchestral, großvolumig, grandioser Labialpfeifenchor mit Pedal. Oft breit labierte Prinzipale, ein mächtiger Klangapparat, Barker, oft Walze, Schwelltritt, Luftpumpen, die Mensuren von Prof. Töpfer als Norm. Hier: Restauriert von Orgelbauwerkstatt Eule aus Bautzen.

 
Bach ist seit 1713 eng mit Weissenfels verbunden. Er spielte auch in der Schlosskirche.
 
Die Stadtkirche St. Marien zu Weissenfels, Sachsen-Anhalt, ist ein Ort der musikalischen Ausbildung. Heinrich Schütz erlebte die Marienkirche als Zentrum, hier wurden junge Musikanten erzogen.
Auch heute ist die Kirche ein geistlicher Veranstaltungsort. Das wunderschöne Ölgemälde Ecco Homo ist Dauerleihgabe, zu bewundern ist auch ein Epitaph 1515, ein barocker Hochaltar 1684, eine Kanzel 1673, die neugotische Verglasung. Und natürlich die außergewöhnliche Orgel:
 
Früher: 6 Keilbälge, Chortonstimmung.
Jetzt: Manual- und Pedalkoppeln, 5 Sperrventile, seitlicher Löffeltritt zum Einhaken für die Schwelltüren. Gleichschwebend, Magazinbälge im Zwischenboden.
Ein wunderbares Klanggebirge neu erleuchtet.


Vorgänger-Orgeln:

 
1405 gab es bereits eine Vorgängerorgel, ein kleines Blockwerkinstrument als Schwalbennest an der Nordwand, evtl.  sogar schon 1303. 1581 reparierte diese anonyme Orgel der geniale Heinrich Compenius aus Halle. 1639 baute Tobias Weller aus Dresden eine neue große Orgel mit 30 Registern, trotz schwerer und armer Zeiten, mitten im Krieg. Er hatte die Orgel mit Angst vor der Kirche gebaut, was ich schlimm finde; Angst, dass er nicht rechtzeitig fertig werden, dass das Geld nicht reichen und dass er nicht genug bezahlt werden würde.
 
Vermutlich stand dieses Instrument schon damals auf der Westempore. Sie hatte 6 Keilbälge, Chortonstimmung. OW, BW, RP und P.
 
1702 geschah durch Johannes Zschuckelt aus Weissenfels eine Erweiterung: 32 Register, Schleifladen, neue Bälge. 1827-29 sollte die Orgel repariert werden durch Böhme aus Rippicha. Es geschah nicht. Erst 1852 gab Ladegast Laut, wie zerfallen und kaputt die Orgel sei. Er wolle eine ganz neue bauen, mit 3 M. Der Liszt-Schüler Gottschalg empfahl Ladegast. Danke an Thomas


Früher II (HW) Oberwerk CD-c3

Principal 8‘

Grobgedackt 8‘

Quintatön 8‘

Oktave 4‘

Gemshorn 4‘

Kleingedackt 4‘

Quinte 3‘

Nasat 3‘

Octave 2‘

Flöte 2‘

Quinte 1 1/3‘

Mixtur Cymbel

 

Jetzt: C-F

Bourdon 16′

Principal 8‘

Hohlflöte 8′

Viola da Gamba 8′

Gemshorn 8′

Rohrflöte 8′

Oktave 4‘

Spitzflöte 4′

Quinte 2 2/3‘

Octave 2‘

Cornett 5fach

Mixtur 5fach

Trompete 8′

Brustwerk III früher:

Schwiegel 1′

Schärfe 1′

Regal 8′

Schalmei 8′

Nebenregister:

2 Tremulanten, 2 Cymbelsterne, Sperrventile Positiv und Brustwerk, Vogelgesang, Manualschiebekoppeln

Jetzt Echowerk C-F im Schwellkasten:

Lieblich gedackt 16′

Viola d’amour 8′

Flauto traverso 8′

Unda maris 8′

Fugara 4′

Zartflöte 4′

Violine 2′

Cimbel 3fach

Manual- und Pedalkoppeln, 5 Sperrventile, seitlicher Löffeltritt zum Einhaken für die Schwelltüren

Gleichschwebend, Magazinbälge im Zwischenboden

I Rückpositiv CD-c3 früher:

Grobgedackt 8‘

Principal 4′

Flachflöte 4′

Octave 2′

Quinte 1 1/3

Regal 8′

Jetzt Oberwerk I C-F: 

Quintatön 16′

Geigenprincipal 8′

Salicional 8′

Gedackt 8′

Octave 4′

Flauto minor 4′

Nassat 2 2/3′

Waldflöte 2′

Progr. Harm. 4fach

Oboe 8′

Pedal CD-c1 früher:

Subbaß 32′

Principalbass 16′

Quintatön 16′

Posaune 16′

Trompete 8′

Krummhorn 4′

Cornett 2′

Jetzt: Pedal C-D:

Principalbass 32′

Principalbass 16′

Violon 16′

Subbaß 16′

Oktavbaß 8′

Violoncello 8′

Baßflöte 8′

Quintbaß 5 1/3′

Octavbaß 4′

Posaune 16′


Es ist wichtig, Orgeln von diesem Wert zu rekonstruieren und nicht zu entstellen. Orgelbau Eule Bautzen ist die Restaurierung 2019-2021 und Wiedereinweihung 2021 hervorragend gelungen. Sie ist ein Juwel.
 
Am 21.10.2021 spielte ich an der wunderschönen Ladegast-Orgel 1864, gerade 2021 frisch restauriert von Eule, in der Marienkirche in Weißenfels, Sachsen-Anhalt.

Ich habe die Orgel in drei verschiedenen Stadien erlebt und gespielt: Einmal weiß (übermalt) im alten Gewand, dann mehrmals eingetütet von Eule, unter Rekonstruktion, und nun das erste Mal in ihrer neuen vollen Pracht gespielt.

Es ist schön, eine so wertvolle Orgel über einen längeren Zeitraum zu begleiten und die Entwicklung und den Prozess mitzubekommen. Wie bei einem Menschen, der wächst. Sie ist nun wieder braun im Original. Ohne Gerüst. Ihr mächtiger, runder, warmer, ausgewogener Klang flutet die Kirche, ein Klang, der sich gut mischt: Goldene Farbtöne. Klangtöpfe. Registergesichter. Eine wunderbare Akustik. Groß. Ich spielte Ritters wunderbare Sonaten.

Klang und Akustik

Der große, ernste, mystische und runde Klang gleitet schwebend schon in die Ferne, verlockend, nicht eilig, würdevoll und mit großer Kraft. Wunderschön die Trompetenbecher und die Schallbecher. Die Wellenrahmen im HW, verlängerte Metallpfeifen, Expressionsschlitze, Trakturdetails.
Alles ist ästhetisch und sinnlich: Die alten und neue Registerschilder, Abstrakte, neue Holzpfeifen, rekonstruierte Pfeifen, restaurierte Windkästen und Bälge. Rohrflöten und Gemshorn sind besonders schön in meinen Ohren.

Bei Ladegast kann man lückenlos von pp bis ff registrieren, was ich liebe, mit vielfältigen Streichern und raumfüllender Terrassendynamik. Die durchschlagenden Zungen faszinieren. Die Orgel besitzt jedoch auch spätbarocke mitteldeutsche Klänge für Bachs Musik, neben Flötenschwebung und ätherischem Schwellwerk. Sehr schöne Registerschilder.
Es ist ein Genuss hier oben zu sitzen und zu spielen:
Sinnliche Pedaltasten, schöner Spieltisch, von schönen Prospektpfeifen wie von Angelhaken gefangen, eine typische glänzende Ladegast-Elfenbein-Klaviatur, brillante Akustik in einer großen, schmucken Kirche.

Persönliche Note

Gänsehaut: Windladen, Pfeifenwerk und Trakturen wurden restauriert und rekonstruiert, alles Verschlissene wiederhergestellt, Registerzüge, Holzpfeifen und das Regierwerk mit seiner Balganlage; Stimmblech und Stimmwerkzeug wurden verwendet. Ein Juwel wurde neu geboren.

4 Antworten auf “Ladegast Eule Orgel St. Marien Weißenfels (Weissenfels)”

  1. Jörg Mührmann

    Danke wie liebevoll und ausführlich du Orgeln hier beschreibst. Bitte mach ein Buch daraus!

  2. Andreas Friedrich

    Danke für die gelungenen Informationen und die Vorstellung der Orgel im Video während der Restaurierung.

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