Edenhofer Hirnschrodt Orgel Klosterkirche Kloster Cham Mariahilf (Redemptoristen)
Kloster Cham. Kath. Abteikirche „Maria Hilf!“ (Klosterkirche)
Orgelbauer:
Ludwig Edenhofer jun. / Eduard Hirnschrodt (Regensburg) op. 54
Baujahr:
1905 bis 1909 | 1959
Datum des Erstbesuchs:
Dezember 2023
Disposition und Spielhilfen
Pneumatische (romantisch-neobarocke) Edenhofer Hirnschrodt Orgel Klosterkirche Cham bei Regensburg, Oberpfalz, Bayern (1901): Mariahilf (Redemptoristen), 38 R, 3 M, 2184 Pfeifen
Elfenbeintasten? (oder verschmutztes Plastik bzw. vergilbt von Heizstrahlern), Schläuche, freier Spieltisch, freie Kombinationen, Schweller, Walze-Schweller, gerades Pedal, Pistons
Die Disposition ist hier zum ersten Mal im Netz.
Große schöne Orgel in der wunderschönen roten Jugendstilkirche: eine Edenhofer Orgel von 1909, 1959 umgebaut von Hirnschrodt. Diese Orgelbaufirmen gibt es leider auch nicht mehr.
Mächtiges rotes Kloster mit zwei Türmen. Davor riesige Erzguss-Statuen. Der neuromanische rote Backsteinbau des Klosters und der Klosterkirche „Maria Hilf“ (nördlich der Altstadt von Cham in der Oberpfalz) wurde vom Orden der Redemptoristen erbaut.
Die Klosterkirche ist der Gottesmutter geweiht, weil sich im Zentrum der Apsis die Passions-Ikone befindet.
Die Kirche ist im sogenannten reinrassigen Nazarener-Stil ausgemalt wie ein Bilderbuch. Dabei zieht sich ein Zyklus durch die ganze Kirche: die Geburt Jesu. In Gold, Rot und Blau im Chor: Jesus als Pantokrator und Richter.
Die Decke ist hellblau, dazu dunkelgrüne Tannen in der Weihnachtszeit, dazu weißer Schnee auf den roten Dächern. Eine Augenweide!
Man erkennt an der Orgel die Handschrift von Eberhard Kraus, der zur Erbauungszeit Orgelsachverständiger des Bistums Regensburg war.
Es gibt von Ludwig Edenhofer wenige Freipfeifen-Prospekte (welche ich „Nacktpfeifenprospekt“ nenne).
Die Disposition weist wenig 8′ Register auf und hat daher einen neobarocken Touch.
Es kann sein, dass sich Edenhofer Pfeifen noch im Gehäuse befinden (Zartgeige=Salicional, Streichbass=Violon). Diese wurden aber so verändert, dass der Charakter nicht mehr erhalten sein könnte.
Von der Familie Edenhofer gibt es wohl nur ein erhaltenes Zungenregister (Physharmonika 8′ ). ❤️
Leider hat man den Wert dieser soliden Orgeln viel zu spät erkannt. Vater und Sohn Edenhofer bauten Orgeln in prima Ausführung.
1 Trompete 8
2 Principal 16
3 Mixtur 1 1/3 5f.
4 Rauschpfeife 4 3f.
5 Schwiegel 2
6 Oktave 4
7 Gemshorn 4
8 Principal 8
9 Gedackt 8
10 Weidenpfeife 8
11 Posaune 16
12 Hintersatz 5 1/3
13 Flachflöte 2
14 Choralbass 4
15 Pommer 4
16 Principalbass 8
17 Flötenbass 8
18 Quintbass 10 2/3
19 Streichbass 16
20 Subbass 16
21 Bordun 16
22 Zartgeige 8
23 Holzflöte 8
24 Quintatön 8
25 Querflöte 4
26 It. Principal 4
27 Blockflöte 2
28 Oktävlein 1
29 Scharff 1 3-5f.
30 Sesquialtera 2 2/3
31 Still gedackt 16
32 Schalmey 8
33 Rohrflöte 8
34 Nachthorn 4
35 Harfenprincipal 2
36 Siffflöte 1 1/3
37 Terz-Cymbel 2/3 3fach
38 Krummhorn 8
Die bunte Klosterkirche ist geschmückt mit Frauenmedaillons, Marienzyklen und Propheten-Bildern. Es gibt auch eine Kapelle und viel Schnitzreliefs.
Die ehemalige Edenhofer-Firma aus Deggendorf hatte die Orgel 1905 gebaut mit 28 Registern. Hirnschrodt erweiterte sie 1959 auf 38. (Ich verstand zuerst „Hirnschrott“). Sie steht mit Nacktpfeifenprospekt umrankend eine große helle, runde Fenster-Rosette rechts und links und wirkt zerbrechlich und weitgestreut.
Orgelbau Maerz war köngl. Bayrischer Hoforgelbauer in München. Sein Wirkungskreis ersteckte sich über Oberbayern, Schwaben und das südliche Niederbayern.
Ludwig Edenhofer jun baute seine letzte Orgel 1922. Danach gab er den Betrieb auf. Ernst Huber (Orgelbauer in Deggendorf und Schüler Edenhofers) führte den Betrieb weiter und hielt die Orgeln in Stand.
Klang und Akustik
Die Orgel besitzt 6 Glocken, die größten der Stadt, einige von 1901.
Schöne helle Akustik.
In Achslach bei Gotteszell steht das Opus 1 von Edenhofer (1853) II/12 mit Physharmonika und kurzer Oktave.
Leider wurden alle anderen Orgeln mit dieser Zunge im Zuge der Orgelbewegung ausgebaut und nicht mehr verwendet. Die Physharmonika in Achslach ist das einzige erhaltene Zungenregister von Karl Ludwig Edenhofer, dem Vater von Ludwig Edenhofer jun. – der die ursprüngliche Orgel in der Klosterkirche Cham gebaut hat.
Edenhofers Arbeit könnte man qualitativ mit Steinmeyer vergleichen, auch wenn sie nicht die Infrastruktur wie genannte Konkurrenten hatten. Karl Ludwig Edenhofer lernte in Wien und München sein Handwerk und kam mit dem Meisterbrief zurück in seine Heimatstadt Regen im Bayrischen Wald. Da die Instrumente im Gegensatz zu Steinmeyer, Walcker, Maerz preiswert waren, baute Edenhofer vermehrt Dorforgeln. Vor allem Franziskaner-Orden beschäftigten ihn sehr, dort neue Instrumente zu bauen.
Der Wirkungskreis beschränkte sich nicht nur auf Niederbayern und die Südliche Oberpfalz. Heute wissen wir von mindestens 5 Orgeln, die in Konventen in Russland und Weißrussland stehen.
Auch im Tschechischen und Böhmischen Raum war Edenhofer sehr aktiv und kreativ.
Von Karl Ludwig existieren noch 2 Orgeln mit 2 Manualen: Achslach bei Gotteszell (Schleiflade) und Altenbuch bei Waltersdorf (Kegellade). Edenhofer Sohn verlegte nach der Übernahme den Betrieb nach Deggendorf in eine alte Tabak- und Zündholzfabrik.
Hier konnte er im Lauf von etwa 30 Jahren ca. 180 Orgeln erstellen. Vater Karl Ludwig Edenhofer war eher traditionell eingestellt und baute mit wenigen Ausnahmen Schleifladen. Ludwig jun. aber stellte den Betrieb um zuerst auf Kegelladen (mechanisch/pneumatisch) und dann auf Taschenladen.
1922 baute die Werkstatt leider ihre letzte Orgel und wurde dann von Ernst Huber im Namen Edenhofer als Reparaturbetrieb weitergeführt.
Ludwig Edenhofer jun. nahm sich am 1.09.1940 das Leben, da er nicht mit den Machenschaften des NS Regime einverstanden war.
Persönliche Note
Im Kloster wohnen die Missionsschwestern und der Orden der Redemptoristen. Es gibt auch ein Gästehaus für Exerzitien.
In Cham selbst gibt es noch die ev. Erlöserkirche, kath. St. Jakob und St. Josef. In der Spitalkirche gibt es keine Orgel mehr.
Sehr interessante Orgel, gut dass Sie dies veröffentlichen Frau Schlüter. Meines Erachtens haben Orgeln aus der pneumatischen Periode auch sehr viel Wert. Ich rate Sie an auch mal z.B in Bayerisch Gmain zu kucken, dort eine sehr schöne Mäerz-Orgel!!
So gut gemacht!
Eine sehr wundervolle und schöne Orgel, der Erbauer hat sich wirklich viel Mühe gegeben.
Bisher bin ich noch nie in einem Kloster gewesen, ich bin allerdings neugierig und würde mir die Orgel gerne mal aus der Nähe ansehen wollen