Vielen Menschen ist Fortschritt sehr wichtig, Fortschritt und Weiterentwicklung: bewusst oder unbewusst. Doch oft sind wir fehlgeleitet, was Fortschritt, Freiheit oder Weiterentwicklung ist. Wir halten etwas für einen Fortschritt oder eine Weiterentwicklung, was in Wirklichkeit eine falsche Entscheidung, moralisch oder charakterlich oder geistlich ein Rückschritt ist.
Johann Sebastian Bach wurde in seinem Leben für altmodisch erachtet, und seine Söhne suchten nach der fortschrittlich gefälligen neuen Musik. Jedoch der wahre Entdecker, der Erfinder war der angeblich Altmodische, der durch seine Kunst das Spielen in allen Tonarten etablierte, was für uns heute völlig normal ist, der trotz seiner Berühmtheit heute noch immer der underratetste Erfinder ist. Bach konnte gefällig komponieren, doch für ihn war diese Entwicklung ein Rückschritt in der Kunst. Er interessierte sich, im Bild gesprochen, eher für den ganzen Orangenbaum mit Wurzel, Erde, Rinde, Schale und Frucht und nicht für den gepressten Saft allein, der süß, künstlich und pappig heute sogar aus der Plastikflasche kommt: die zuckersüß gefällige Musik in Radio und Stream. Wir halten eine Taschenlampe für eine neue Entwicklung und ignorieren den, der Strom erfunden hat.
Wie oft sind wir blind für wahren Fortschritt? Oft ist dieser gerade ein Dagegenhalten gegen den Strom, ein Abwarten, ein Nein gegen Zeitgeister, ein Ausfeilen an dem, was unsere wirkliche Gabe und Berufung ist, und sei es im Stillen. Denn Entwicklung ist tatsächlich sehr wichtig. Aber welche, ist die Frage: Oft hinterlassen entscheidende Entwicklungen zunächst winzige Spuren und finden im Verborgenen ohne Anerkennung statt, und die Früchte dieser Entwicklung zeigen sich viel später. Manchmal erst post mortem. Und machen Leuten geht nie ein Licht auf.
Seifert Orgel St. Dionysius Kirche Düsseldorf Volmerswerth
Fotos: Düsseldorf