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Annchen

Habt jeden Tag frischen Mut! (Antonia Werr)

12. April 2023: We may be tossed upon an ocean where we can see no land- but there is a compass. (Daniel Webster)

Ist es nicht erstaunlich: Auf den Klassik-Radio-Sendern gibt es oft ein Kirchenjahr, da werden Feiertage musikalisch begleitet. Auf den Pop-Sendern gibt es zu Ostern das Gleiche wie sonst auch. Kein Unterschied. Nur „Xmas“ hat seine Popsongs.

Chagall malte die Bibel, Monet Brücken und Seen und Menschen… In beiden kann ich Gottes Kunst erkennen. Beide malten Seele.

Wenn ich Geist und Seele spüre, dann ist es für mich Kunst. Die menschliche Seele, wie sie riecht. Mal vor Angst, mal duftend. Der Geist, mal trotzig, mal edel.

Foto: Nürnberg

Ich finde es verstörend, was ich von Luthers Kindheit lese: Sowohl bei seinen frommen Eltern als auch in der Lateinschule Mansfeld und später der Domschule Magdeburg, in der er es nur ein Jahr aushielt (er war 14), wurden er und seine Mitschüler hart, streng und mit Gewalt und Angst erzogen. Das hat ihn sehr geprägt. Ob es Bach besser erging in seiner Kindheit?

Im Film TAR (Lydia Tar) wird Bach von schwarzen homosexuellen Studenten als „frauenfeindlich“ betitelt, der seine begabten Ehefrauen rücksichtslos pausenlos geschwängert hat und seine Töchter nicht musikalisch erzogen.

Es trifft mich, das zu hören. Was soll ich dazu sagen?

Es ist natürlich nicht komplett von der Hand zu weisen. Warum gönnten Männern ihren Frauen in Zeiten hoher Kindsterblichkeit und hoher Frauensterblichkeit (da ohne gute Versorgung) kein Jahr Ruhe? Warum mussten sie jedes Jahr schwanger werden, mit der Gefahr von Tod und Schwäche im Auge, nur weil der Mann mal wieder Lust hatte (die Frau vermutlich hatte nichts davon außer Kummer)?

Michael Maul schrieb etwas lapidar, dass Bachs Dichter, der Hofpoet Salomon Franck, mal wieder traurig eine hochschwangere Tochter zu Grabe tragen musste, die „das Zeitliche gesegnet hat“. Ohne die traurigen Hintergründe zu nennen. Aber in der Musikwissenschaft werden Männer bis heute als Helden und Genies gefeiert.

Rühlmann Orgel Haardorf bei Weissenfels (älteste Rühlmann Orgel)

Musik möchte aus Angst, Enge und Verklemmtheit führen. Sie nur in Bildern zu hören: assoziativ, sie nur in der Bewegung oder in der Bewegungssuggestion zu hören, befreit noch nicht; aber doch, wenn sie sprechen darf in die Tiefe der Seele. Im Konzert halten die Menschen Stille oder langsame Passagen oft schwer aus. Gruppensounds sind Wiederspiele.

Es wird dann in einer Art Gegendemonstration gehustet oder mit viel Geraschel ein Bonbon ausgepackt. Doch Musik ist durchaus fragil, zerbrechlich, geradezu melancholisch, spricht tief ins Herz. Manche Menschen haben Angst vor Tiefe, Trauer, Moll.

In der Citychurch damals bin ich gebeten worden, Lieder nur in Dur zu schreiben. Warum nur?


Mein Bach hatte seine guten Seiten: Er litt in den Kirchen unter den obersten Leitern. Diese Chefs erkannten nicht, was seine Herzenseinstellung bezüglich der Musik in der Kirche war, die er erneuern wollte.

Die Verwaltung wollte an alten Systemen festhalten. Eine Herzenseinstellung kann man nicht verbieten oder verkrümmen. Und wenn man durch Musik erneuern will, dann ist es nicht nur die Musik, die erneuert wird: durch die Musik wird vieles andere auch gleich mit erneuert.

Heute erinnere ich an Pietsch Charlotte, Dachdeckermeisterin, 1908 geboren. ❤️

Fotos: Sizilien

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