Startseite Nach oben
Ann-Helena Schlüter

Kein Mensch muss müssen. (Lessing)

29. Juli 2022: Ausgeglichene Tongebung (AHS)

Kein Mensch muss müssen. (Lessing)

Hansestadt Anklam und der Wunderzug

Das Konzert in Anklam in der roten, großen ev. Marienkirche war schön. Aber was ich noch schöner fand: Den Weg dorthin. Da erlebte ich nämlich ein Wunder. Ich war ja über 1000 Kilometer weit weg in Österreich und bin erst abends abgefahren, da ich mich nicht trennen konnte von der Schönheit. (Das berühmte Bergwerk in Schwaz, das Tirol reich gemacht hat, habe ich zeitlich leider nicht mehr geschafft.)

Wie es so ist mit der Deutschen Bahn – sie war unterwegs zweimal sehr verspätet, unterwegs von Tirol an die Ostsee. Ich hätte deswegen laut App rein logisch niemals rechtzeitig da sein können. Als es das erste Mal passierte und der Nachtzug um Würzburg eine Stunde verspätet war, überlegte ich: Fahre ich heim? Ich schaffe es nicht mehr rechtzeitig. Ich komme eine Stunde nach dem Konzert an. Um 13 Uhr.  Das ist zu spät. Ich will heim ins Bett. – Es war sehr verlockend.

Entscheidungen

Aber dann rang eine andere innere Stimme mit mir: Du hast es versprochen. Die warten auf dich. Und danach zeigen sie dir noch zwei weitere Orgeln. Gott wird es schon machen. Er lässt die anderen nicht im Stich. Und dich auch nicht. –
So entschied ich mich, weiter zu fahren, gegen meinen Verstand und gegen meine Bequemlichkeit, erschöpft nach bereits 3 Konzerten. – Und das war richtig.

Und Gott machte es. Plötzlich tauchte in Hannover ein Zug in meiner DB-App auf, der vorher definitiv nicht in meiner App stand. Ein Zug von Hannover nach Berlin, der direkt 6 Minuten vor dem nach Anklam ankommen würde. Ein Wunderzug. Wo tauchte der auf? Da wusste ich: Gott wird dafür sorgen, dass ich rechtzeitig ankomme. Und so war es auch. Der ICE nach Berlin war ebenfalls verspätet. Aber diesmal war zum ersten Mal auch der Regio-Zug nach Greifswald verspätet (der ist sonst immer pünktlich), so dass ich ihn erwischte. Und der holte die Verspätung wieder ein. Ich war um 11 in Anklam, nach einer „Odyssee“.

Gott geht mit, aber er öffnete erst die Türen, nachdem ich mich entschieden hatte. Gott belohnt Vertrauen. Die Entscheidung aber muss der Mensch leider selbst treffen. Es ist hart, die richtigen Entscheidungen zu treffen. (Keine Entscheidung zu treffen ist grundsätzlich das Schlechteste und frisst Energie. Die falsche Entscheidung kann auch lehrreich sein, wenn man sich geirrt hat.) Aber Gott prüft uns durch Entscheidungen. Kein Mensch muss müssen. Aber entscheiden.

Schuke Orgel

Ich kam also um 11 am Bahnhof an, wurde abgeholt – und um 12 war das Konzert. Eine hübsche Schuke Orgel. Die Anklamerin wurde von der Potsdamer Orgelbaufirma Alexander Schuke gebaut und am 29. April 1962 eingeweiht. Sie hat 2 Manuale und Pedal. Keine Setzeranlage. Die Trakturen sind mechanisch. Die Orgel hat 2214 Pfeifen. Hauptwerk C-f3, Unterwerk auch, Pedal C-f1. Sie erinnerte mich optisch an eine Rieger-Orgel.
Anklam ist das Tor zu Usedom, rotes Steintor, hier wird der Pilot Otto Lillienthal geehrt. Es war eine Metropole früher. Nur eine Sache ist schlimm in Anklam: Der Bahnhof. Ich habe noch nie einen so eingefallenen Bahnhof gesehen. Es gibt dort nichts. Keinen Laden. Keinen Wartesaal. Keinen Getränkeautomaten. Keinen Shop. Kein Eis. Alles kaputt. Nur Graffiti-Wände. Eingeworfene Fenster. Man muss beinahe über die Gleise laufen, um zu Gleis 2 zu gelangen. Und dann ist Gleis 2 auch noch Gleis 1.

Krien, Pommern: Nikolaus Fischer Orgel

Danach fuhren wir mit dem Auto nach Krien und Blesewitz (nicht zu verwechseln mit Blasewitz/Dresden). In Krien in der ev. Kirche gibt es die hübsche Nikolaus Fischer Orgel (aus Demmin) mit rot-goldenem Prospekt (Kreuze) und schwarzem Pedal auf roter Empore von 1858 (2012 saniert) mit einem neugotischen Prospekt. Das Dorf Krien bei Anklam hat ca 668 Einwohner und eine große Dorfkirche. Das ist hier in Pommern oft der Fall: Kleines Dorf, große Kirche, umrundet von einem schönen Friedhof. Die helle Kirche ist aus dem 14. Jahrhundert und besitzt einen schwarzen Westturm mit Holz und barocker Haube und einem Spitzhelm ❤️ Der Altar ist aus dem 18. Jahrhundert, eine Glocke aus dem 15. Jahrhundert, zwei neue von 2016, und am schönsten fand ich die wunderschön bemalte Kanzel von 1602 im Stil der Renaissance.

Die Fischer Orgel besitzt Registerzüge mit süßen, breiten Gesichtern, die (wie bei einigen Orgeln in Thüringen) nach vorne zeigen, nicht seitlich angebracht sind. Diese sind schwergängig. Die Orgel ist insgesamt schwergängig und nicht ganz leicht zu spielen in trockener Akustik mit niedriger Holzdecke und Nebengeräuschen – aber süffig romantische Farben. Und täglich grüßt das Murmeltier – nein, der Herrnhuter Stern. Mal ein anderer Orgelbauer außer Mehmel und Grüneberg…

Blesewitz, Barnim Grüneberg Orgel

Morgen! Und Usedom: Zu viel Bäderrummel auf der zweitgrößten Insel.

Foto: Schuke Orgel Anklam

Heute erinnere ich an die ersten Pilotinnen unserer Erde. Und an Joni, die ihren Unfall zur Ehre Gottes nutzte.

Neu:

Orgel Blog AHS