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5. April 2021

Jetzt bin ich auf dem Lebensschiff den Winden der Welt ausgesetzt. (Josef Angster, Orgelbauer aus Ungarn)

Sehr empfehlen kann ich das Buch „Das Tagebuch eines Orgelbauers“: Josef Angster schreibt von 1834-1918 über sein Leben. Wie ich.

Es ist Ostern, sonnig, und ich bin noch in Ost-Sachsen. Meine Osterhasen esse ich immer vom Ohr her.

Es stimmt, dass der letzte Teil von Piece d’ Orgue ein ungarisches Cymbal ist. Dass mir das nicht vorher aufgefallen ist! Dadurch verändern sich Spielweise und Betonung, weil beim Cymbal (Percussion) der Schwung von unten kommt und es „kräftige Männer“ braucht. Mir gefällt das Ungarische in Bachs Musik. Und das Jüdische in Mendelssohns Musik. Es macht wirklich etwas aus in der Interpretation, wenn man dies heraushören kann.


Heute am Ostersonntag fuhren wir von Lausitz nach Schlesien. In Görlitz habe ich einige Stunden meine mit bisher schönste Orgel gespielt, die wunderschöne Sonnenorgel in Görlitz, 4 Manuale, Nachtigall, Kuckuck, Tamburin, Vogelgezwitscher und Pedalsonnenmixtur mit Terz und Zunge, 12fach, Zimbelstern, 32-Fuß, Recit, eine unfassbar singende Ondamaris im OW (2. M) noch vom genialen Casparini aus Lausitz/Schlesien, schwebend zusammen mit Grobgedackt, und auch schön zusammen mit Quintadena 16 oder 8 im OW. Görlitz ist wunderschön. Ich war schon ein paar Mal da, sogar oben auf der Empore, aber noch nie gespielt. Heute ja. Matthias Eisenberg war auch hier maßgeblich an Wiederherstellung und Weiterbau beteiligt.
Die grün-silberne Orgel in der Peterskirche mit schöner Akustik besitzt einen herrlichen Spieltisch und einen aussergewöhnlich kreativen Prospekt mit 17 klingenden Pfeifen-Sonnen, Engeln, grünen Holzverzierungen, Palmblättern, und man kann fast alles auf ihr spielen, Bach, Buxte, deutsche und französische Romantik… Die erste Orgel mit einer Trommel, die mir gefällt. Warm und freundlich spielbar. Süße Klänge. Nichts ist spitz. Perfekter Winddruck und Hohlflöte im HW (1. M) genial. Orgelbau Mathis hat dies hervorragend gemacht. Dagegen gefällt mir die Mathis-Orgel in Freiburg bei weitem nicht so gut.
Brahms, Bach und Mendelssohn gespielt. Matthias hat improvisiert. Ich mag seinen Stil. Er ist sehr echt. Er hat eine eigene Aura entwickelt. Die Leute dachten, ich sei seine Tochter.

Ich habe durch Matthias Eisenberg ein Gefühl für Winddruck bekommen. Eine Orgel muß springen, darf nicht zäh sein, das heißt, der Winddruck nicht zu niedrig (Gewicht auf den Balg erhöhen). Wie eine Orgel „katholisch“ oder „evangelisch“ klingt, habe ich auch von ihm gelernt. Damit ist die Gegend gemeint, aus der der Orgelbauer kommt, und die Ansprache des Klangs.

Jehmlich Dresden hat die schöne, einzig erhaltene Strohbach-Orgel wiederhergestellt (es gab ursprünglich vier). Besonders schön sind die Registerzüge. Ach, ich mag den Osten!

Empfehlen kann ich Erich Stoffers (Orgel-CDs). Er hat typische Dorforgeln unterstützt, besonders auch vollpneumatische Kegelladen-Orgeln, die zuvor als verpönt galten. Der Organist und Kirchenmusiker Erich Stoffers war lange vor meiner Zeit der erste Mann meiner Mutter. Wer hätte gedacht, dass auch ich einmal Organistin werde? Nun habe ich Erich nie kennengelernt. Aber Matthias hat CDs von ihm und kannte ihn. Falls ihn hier jemand unter meinen geschätzten Leserinnen und Lesern kennengelernt hat, bitte meldet euch bei mir mit euren Erlebnissen.

Von Matthias habe ich einige lustige Insider-Geschichten von früher erfahren, ich habe Tränen gelacht. Wir waren Eis essen und betrachteten die Brücke nach Polen. Er kennt auch ein paar meiner Hater. Durchschnitt hat wohl schon damals gern gelästert? Viele Kirchenmusiker werden schlecht bezahlt, müssen irgendwie mit der Kirche klarkommen, buckeln oder leiden unter dem Pfarrer, üben nicht und sind verbittert – oder hassen ihren Brotberuf. Das ist oft die Ausgangssituation für Neid. Matthias hätte immer witzige Antworten parat gehabt. „Natürlich hatte ich keine 1,0. Es war ein Tippfehler. Es war eine 5.0.“ Oder: „Stimmt, es war in Wirklichkeit noch viel schlimmer als ihr denkt…“ Aber er ist auch an Anfeindungen gewöhnt. Ich war es nicht. Ob man sich daran gewöhnt? Er ist auf jeden Fall demütig geworden. Viel demütiger als die meisten, die ich kenne. Viel demütiger als ich. Top-Lehrer. Und hier endlich mal ein richtiger und künstlerischer Orgelsachverständiger, und wie!

Matthias kennt die ganze Szene. Er war auch in Kropfs Vorspiel in Lübeck dabei…

Die ungarischen Notenausgaben von Liszt gefallen mir.

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