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22. Januar 2020

Atmen ist Anfang und Ende vom Musizieren. An der Orgel besonders.  (AHS)

Oder wie MM zu sagen pflegte: Dinge gehen schief, damit du zu schätzen weißt, wenn es gut läuft. 

Ein weiterer Tag im Funkhaus Saarbrücken. Jedes Musikbusiness hat seine eigenen Gesetze, die man erst mal kennenlernen muss. Ein Rundfunkorchester ist anders als ein Opernorchester. Kirchen sind ganz anders als Sendesäle. Konzertsäle auch. Die Welt hinter der Bühne noch mal anders. Mir tun manchmal die normale Mitarbeiter gut: Die, die das Headset festkleben, Flügel aufmachen, Stühle stellen. Sie sind so einiges gewöhnt und wirken sehr bescheiden und demütig und gleichzeitig sensibel und nehmen die Dinge gelassen und mit Humor. Da, wo für mich die Welt untergeht, erzählen sie mir vor Nena, die ihre Zigaretten im Essen ausdrückt oder lächeln; ein Blick sagt manchmal mehr als tausend Worte. Es ist schön, dass manche Menschen im Musik-Business Bodenhaftung, Zeit und Trost haben. Ich komme mir manchmal vor wie ein Ballon, der wegfliegt, wenn man ihn nicht festhält. Ohne Gnade und Erbarmen hat man das Leben verfehlt.

Dennoch, so oder so ist das Business hart. Die Maschinerie interessiert es nicht sehr, ob man Schmerzen hat, müde und erschöpft ist oder Gespenster sieht. Solistin ist Solistin. Ist Leistung. Und dennoch lächeln. Die Herausforderung ist, inmitten dieser Welt zu finden, wer man wirklich ist. Denn es geht doch darum, mit Musik Gefühle auszudrücken. Ich freue mich auf die Konzerte und bin gespannt. Zudem bin ich froh, dass es viel Obst und Tee gibt. Gerade Bananen pushen mich.

Ja, wie Marilyn Monroe zu sagen pflegte: Dinge gehen schief, damit du zu schätzen weißt, wenn es gut läuft. Oder: Bedauernswert die Frau, die nichts zu bereuen hat.

Kolbermoor Orgeltage

Abends habe ich dann einige Stunden in der schönen Johanneskirche (mit Steinweg-Flügel) an der großen Kleuker-Orgel geübt (46 Register, weiß, geformt wie ein Engel, 3 Manuale). Es ist wohl eine Universalorgel (allerdings aus den 60igern) – also eine von den Orgeln, die heute durchaus manchmal “verteufelt” werden. Aber sie machte mit ihren schönen Zungen einen top Eindruck auf mich. Das Pedal ist weit und übersichtlich, das c über c usw. An sich ist die Orgel barock intoniert, eng und spitzig. Aber auch sehr schön für Mozart und Liszt. Es tat mir richtig gut, von der einen Welt in die nächste zu wechseln, von der turbulenten Rundfunkwelt in die stille, nächtliche, einsame Kirche mit Akustik und Zungen. So war es wohl auch für Bach? Vom Hofe in die Kirche. Back and forth. Es ist zwar anstrengend, zwischen den Welten zu wechseln. Aber ist es nicht viel verheerender, von den Gesetzen einer Welt gefangen, abgestumpft und abhängig zu sein? Die Kirche liegt nah am beleuchteten Rathaus und nahe am Hotel. Es gibt eine elektronische Bibel in der Kirche, und der Vers, der (rot) angezeigt wurde, sprang mich richtig an.

Morgen früh heisst es: Um 8 Uhr Einspielen.

Und hier noch mal eine Erinnerung vom Michel in Hamburg:

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