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9. Dezember 2019

Impuls 6:

Einheit, Zweiheit und Entzweiung

Entzweiung ist etwas anderes als Zweiheit. Zweiheit ist Einheit, oder sollte es sein, kann es sein; ist es von Natur her; ich würde von Dreiheit ist Einheit sprechen; jedoch Entzweiung ist das Verabsolutieren von Gegensätzen und Widersprüchen mit dem Ziel der Trennung und der Zerstörung von kreativen Synergien (die durch Unterschiedlichkeiten, Gegensätzen und Widersprüche, durch das Kreuzen von Vertikal und Horizontal im Dialog erst entstehen.)

Wie schreibt Henri Frédéric Amiel: “Doch selbst wenn wir eine ethische Wahrheit auf alle Arten durchdrungen und besessen haben, kann sie sich uns dennoch entziehen.” Wie? Wenn wir Wahrheiten zwar erkennen, aber nicht leben, wenn Wahrheiten nicht in unser Sein eingedrungen sind, sondern wenn wir sie an uns binden wollen, wenn es uns mehr um uns als um die Wahrheit geht, dann werden wir außerhalb von ihr bleiben.

Denn es geht nicht um das Besitzen von Wahrheiten; nicht um Eitelkeit; sondern um das Leben von Wahrheit und das Weitergeben. Um das Vorleben und Lehren. Um Sein von Wahrheit. 

Einheit ist kostbar und zerbrechlich. “Wer sein inneres Gedankengebäude nicht zu verändern vermag, wird niemals die Realität verändern und keinen Fortschritt erreichen.” (Anwar El-Sadat).

Das Evangelium hätte nie die Welt durchdrungen, wenn Jesus sich seine Anhänger ausgesucht hätte: “Bei dir passt mir die Nase nicht.”

Was ich am meisten an Jesus mag: Er hat die typisch vertikale männliche Kommunikation von Revier, Besitz, Bühnenverhalten und Hierarchie verlassen. Er hat die Rangordnung nicht klargemacht. Jetzt erst und heute wird mir bewusst, was er als Mann damit geleistet hat. Wie revolutionär! Das ist ungetoppt! Nie wieder so dagewesen! Und dann noch als Gott! Er wurde nicht unsicher, weil er nicht ständig sagte, dass er der Heiland, Retter und Richter sei. Er sagte es selten. Er wurde gefragt. Er fragte und hörte zu.

Es hat ihn nicht irritiert und verwirrt, dass die Rangordnung ins Wanken kam, dass sterbliche Menschen den ungleich Höhergestellten ablehnten. Er musste nicht “der große Macker” sein. Er drückte nichts durch. Er suchte keine Zeugen und Indizien, er wurde das Lamm. Er ließ sich verurteilen! 

Als Kind hatte ich dies sein Verhalten eine Zeitlang als “Softie-Verhalten” missverstanden. Heute ist mir durch meinen eigenen Alltag klargeworden (und durch das Buch Das Arroganz-Prinzip von Modler, in dem er das vertikale Verhalten von Männern detailgenau beschreibt, was ich täglich erlebe), was für eine enorme Kraft und Power im Verhalten Jesu steckt. Dadurch kann ich mit Erleichterung deutlich feststellen: Das Verhalten Jesu als (Prototyp) Mensch auf dieser Erde ist so dermaßen “unmännlich”, dass es klar ist, dass Gott auf keinen Fall ein Mann ist (was viele behaupten, da er sich Vater nennt). Er ist die perfekte Synergie aus horizontal und vertikal, aus männlich und weiblich. Kreuz. Er ist Vater und Mutter, Bruder und Schwester, Mensch und Gott. Auch die akademisch-frauenfeindlichen Hierarchien und der “ganz normale” tägliche Alltagssexismus in Hochschulen und Kirchen sind durch Jesus an den Pranger gestellt. Das verärgert viele. Die Rangordnung muss doch ständig für viele Männer klar sein!

Ganz klar verurteilt die Bibel durchgehend das vertikale Machtstreben von Männern. Die Bergpredigt ist das Gegenteil von dem, was heute überall gang und gäbe ist. Unser Auftrag, den wir haben, lautet: das Gegenteil zu sein. Dazu gehört viel innere Kraft, Selbstsicherheit, Demut und Weisheit. Bach war so einer. Erstaunlich ist, dass es auch Männer gibt, die anders sein wollen und anders sind. Gott sei Dank. 

Im Himmel zählt nicht mehr Mann oder Frau. Endlich! Bis dahin ist durchhalten. I love you.

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