Startseite Nach oben

6. September 2020

Mit stillem Kummer in der Brust, schlich ich mich hin zu dir, bring Harmonie in mich und Lust, du liebliches Clavier. (Philippine Gatterer, 1756-1831) 

Ich liebe das Clavichord!

Ein Clavichord ist ein Saiteninstrument mit Tasten. Die Tangenten (beim Cembalo heißen diese Springer, aus Holz), also Stäbchen aus Messing am Ende der Tasten, schlagen gegen die Saiten und bestimmen die klingende Länge. Deshalb ist es recht leise, aber auch direkt beeinflussbar mit dem Finger (Lautstärke, Stimmung und Gefühl). Das bedeutet, dass sowohl im Anschlag, während des Anschlags und beim Ende und Abnehmen des Anschlags der Klang des Tones musikalisch beeinflusst wird. Der Flügel dagegen hat Hämmerchen. Das Clavichord nicht. Das Cembalo wird gezupft. Dieses Zupfen ist kaum musikalisch beeinflussbar. Jedoch beim Clavichord ist durch den Anschlag  die direkte Verbindung vom Finger zur Saite gegeben. Ein Flügel schlägt gegen die Welle der schwingenden Saite und ist daher im Klang viel lauter. Jedoch das Clavichord schlägt am Ende der Saite, also im Knoten, dort, wo die Wellen zusammenkommen, bzw. dort, wo die Welle anfängt. Daher ist das Clavichord leiser, da durch Tangenten nur niedrige Wellen entstehen, also nur der Knoten angerührt wird. Ein Clavichord hat keine freie Saite. Ein Flügel besitzt freie Saiten, und der Hammer schlägt an einen Punkt auf der Saite, wo eine Welle entsteht. Beim Clavichord dagegen wird die Länge begrenzt und bestimmt von der Tangente. Dadurch ist die Welle ganz niedrig. Für die, die immer so großspurig nur Lautstärke wollen (was bei den meisten Organisten und Pianisten leider der Fall ist), ist ein Clavichord also uninteressant. Aber interessant an einem Clavichord ist: Es ist das einzige Instrument, bei dem man mit dem Anschlag, während und danach noch sogar den Ton beeinflussen kann, die Bebung und das Tragen des Tones. Das Clavichord ist sehr einzigartig, keineswegs altmodisch, sondern sehr intensiv, sensibel und musikalisch, und vor allem ist es ein sehr gutes Werkzeug zum Üben, sowohl für die Orgel als auch für das Klavier als auch für das Cembalo – kurzum, für alle andern Tasteninstrumente ist das Clavichord ein perfektes Übewerkzeug. Und mehr als das, es ist ja ein eigenständiges Instrument. Es ist ein Fundament aller clavierten Instrumente. Bis heute! Für immer. Es wird kein Ersatz dafür geben können. Ein Keyboard dagegen macht den Anschlag kaputt.

Ein Clavichord ist nicht wirklich leise. Die Welt ist einfach laut (geworden). Wenn es abends dunkel ist und die Welt ist leise, dann ist das Clavichord sogar laut. Manche Clavichorde sind vom Modell her lauter als andere. Sie sind unterschiedlich laut. Je weniger Stegdruck (dieser immer gebogen bei allen Tasteninstrumenten, die Brücke zwischen Saiten und Resonanzboden), desto lauter. Sowohl Carl Philipp Emanuel Bach und auch J.S. Bach liebten das Clavichord. Ab dem Zeitpunkt (Anfang des 19. Jahrhunderten), wo die Menschen Lautstärke mochten und große Säle, wurde das Clavichord uninteressant. Auch die Klaviere wurden immer lauter. Heute ist es durch den Strom noch schlimmer.

Der zarte, berührende, beruhigende und intensive Klang eines Clavichords ist gesund für die Seele und für die Ohren. Besonders in unserer heutigen Welt.

Gerade weil es leise ist, liebe ich das Clavichord. 

Ich habe heute ein Clavichord in Auftrag gegeben für mich und bin sehr froh und glücklich. Es wird bis Oktober 2021 fertig gebaut sein. Ein zweimanualiges Clavichord mit eigenem, selbständigem Pedal, ungebunden, also bundfrei. Ein Pedalinstrument. Ich halte euch auf dem Laufenden. Ich möchte CDs auf Clavichord aufnehmen und Stücke für Clavichord schreiben. Es gibt auch hier kaum Frauen, die das tun. Dabei ist es so wunderbar geeignet. 

Sehr empfehlen kann ich den Franzosen Mathieu Dupouy – er hat mit seiner CD Nächtliche Gedanken (Pensees nocturnes) dazu beigetragen, dass ich das Clavichord und sogar Carl Philipp Emanuel Bach sehr mag, den ich früher für etwas oberflächlich hielt im Vergleich zu seinem Vater. Aber er ist einfach anders, er experimentiert mit dem Clavichord, ist also ein “verrücktes Huhn” wie ich (wie mir jemand heute sagte) – oder besser, ein verrückter Hahn, und einfach anders als J.S. Dupouy spielt wundervoll. Und virtuos. 

Lämna ett svar

Din e-postadress kommer inte publiceras.