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Ladegast Orgel Dom zu Schwerin (Mariendom)

ev. Schwerin St. Marien Dom

Orgelbauer:

Friedrich Ladegast

Baujahr:

1868-1871-1988

Datum des Erstbesuchs:

2. September 2020 / 2021

Disposition und Spielhilfen

Ladegast Orgel Dom zu Schwerin, Mecklenburg-Vorpommern (gewölbte Basilika mit neugotischem Turm)

4 M, 84 R, 1988 restauriert von Schuke (Postdam). Schwerstarbeit an Großorgel.

Ladegast Orgel Dom zu Schwerin erbaut 1868 – 1871, rekonstruiert durch Fa. Alexander Schuke von 1982 – 1988

4 Manuale und Pedal, 84 klingende Register, mechanische + pneumatische  Spieltraktur, pneumatische Registertraktur (Barkermaschine für die Koppeln), Schleifladen + eine mechanische Kegellade für die großen Pedalregister.

Die wunderschöne romantische Ladegast-Orgel mit vier Manualen und 84 Registern (einige funktionieren momentan nicht wegen des kaputten Barkers) klingt wie ein Grand Seigneur, tief majestätisch, edel, sehr schwergängig, schwerer weiser Klang eines alten Gentleman, Oboe, 32-Fuß, Progressiv-Harmonika…

Den Umgang mit Wind und Absprache kann ich an meiner Hauptwerk-Orgel “Kairos” (she came in the rain) nicht üben. Das Gehirn muss für Orgel programmiert werden.


I Manual

  1. Principal 16‘
  2. Bordun 32‘
  3. Bordun 16‘
  4. Principal 8‘
  5. Doppelgedackt 8‘
  6. Flaute major 8‘
  7. Gemshorn 8‘
  8. Gambe 8‘
  9. Rohrquinte 51/3
  10. Oktave 4‘
  11. Rohrflöte 4‘
  12. Spitzflöte 4‘
  13. Terzflöte 31/5
  14. Quninte 22/3
  15. Oktave 2‘
  16. Cornett IV
  17. Cornett I-II
  18. Mixtur IV
  19. Cymbel II-III
  20. Trombone 16‘
  21. Trompete 8‘


II Manual

  1. Principal 16‘
  2. Quintadena 16‘
  3. Principal 8‘
  4. Bordunalflöte 8‘
  5. Rohrflöte 8‘
  6. Quintatön 8‘
  7. Fugara 8‘
  8. Piffaro 8‘
  9. Oktave 4‘
  10. Flautino 4‘
  11. Flöte 4‘
  12. Quintatön 4‘
  13. Quninte 22/3
  14. Oktave 2‘
  15. Cornett II 22/3
  16. Progressiv Harm. 2‘
  17. Scharff IV
  18. Oboe 8′
  19. Fagott 16‘

Tremulant


IV Manual

  1. Viola 16‘
  2. Lieblich Gedackt 8‘
  3. Zartflöte 8‘
  4. Viola d’amour 8‘
  5. Unda maris 8‘
  6. Flauto dolce 4‘
  7. Salicional 4‘
  8. Flautino 2‘
  9. Harmonia aeth. III 2‘
  10. Aeoline 16‘


Pedal

  1. Violon 32‘
  2. Untersatz 32‘
  3. Principalbaß 16‘
  4. Oktavbaß 16‘
  5. Violon 16‘
  6. Subbaß 16‘
  7. Salicetbaß 16‘
  8. Terz 124/5
  9. Nassat 102/3
  10. Principal 8‘
  11. Cello 8‘ (stark)
  12. Cello 8‘ (schwach)
  13. Bassflöte 8‘
  14. Nassat 51/3
  15. Oktave 4‘
  16. Flötenbaß 4‘
  17. Cornett IV 22/3
  18. Posaune 32‘
  19. Posaune 16‘
  20. Dulcian 16‘
  21. Trompete 8‘
  22. Trompete 4‘

Koppeln und Spielhilfen

II/I, III/I, IV/I, pneumat. Werk I/III (Barkerhebel),I/P (C-es’).

Feste Kombinationen: I Man. Abteilung 1 (forte), I Man. Abt. 2 (piano), II Man. Abt. 1 (forte),

II Man. Abt. 2 (piano), Pedal forte.

Ventile: Ventil zu den starken Bässen, Ventil zu Piano-Bässen.

Combinationstritte: I Man. Combination, II Man. Comb. III Man. Comb., IV Man. Comb., Ped. Comb.

Sonstiges: Crescendo

Klang und Akustik

Königlicher Klang, wunderbar schwergängig.

Ich freue mich sehr, dass ich im Dom Schwerin aufnehmen konnte. Eine geniale Orgel ohne Setzeranlage. Das wird ein Spaß. Ich freue mich, an den tollsten Orgeln aufnehmen zu dürfen und bin stets eifrig und leidenschaftlich dabei.

Eine maskuline Orgel ist in meinen Augen zum Beispiel die Ladegast-Orgel im Schweriner Dom (1871), eine feminine die Bach-Orgel in Ansbach.

Die spitze dunkle Ladegastorgel hat keinen Schweller, jedoch gibt es Fußtritte (10=Schweller), die an eine Art Schweller erinnern. Es war mit sieben Grad auch gerade erträglich mit Mütze und Mantel (7=Tutti-Pedal).

Persönliche Note

Eine der schönsten Orgeln, die ich je gespielt habe.

Ich bin froh, dass ich durch die romantische Romantik am Flügel das Musikalische und Freie inhaliert habe.

Wie wunderschön ist Brahms, Mendelssohn und Grieg am Klavier… Aber Mendelssohn war auch ein sehr guter Organist. Und diesen Brahms an der Orgel kennenlernen: Ein Wucht. Natürlich ist die Romantik an der Orgel nicht ganz so frei. Jedoch dennoch gefühlvoll. Verlangend. Streicherstücke.

Der Druckpunkt liegt bei der Orgel viel höher, bei der Öffnung des Ventils, nicht so tief in der Taste wie beim Klavier. Aber etwas Widerstand muss sein. Ich mag nicht ganz so gern, wenn die Orgel zu glatt ist im Spielgefühl.

Eine Orgel muss ich erobern. Etwas kämpfen. Ganz ohne Druckpunkt ist manchmal schade und erinnert mich an eine elektronische Orgel, die oft bei modernen Orgeln geradezu “nachgemacht” wird.

Der Anschlag aber darf ruhig etwas kernig sein. Die Ladegast Schwerin ist vielleicht zu extrem, da auch die Barker kaputt ist und die Wege weit, die Ventile groß, die Traktur schwerfällig. Aber so etwas in die Richtung darf schon sein.

Durch die vielen 8-Füße ist die Lade bei Ladegast besonders groß. Ob er deswegen Ladegast heißt? Ich heiße ja auch Schlüter, was bedeutet, dass man etwas aufschließt. Ein Name hat etwas zu sagen, wie bereits die hebräische Bibel weiß.

Was ist der klangliche Unterschied? Die maskulinen klingen erdiger, die weiblichen lieblicher und auch schärfer. Eine feminine Orgel ist natürlich nicht erst dann eine feminine Orgel, wenn eine Frau daran sitzt. Dann gäbe es ja kaum feminine Orgeln weltweit.

Jede Orgel ist ein Unikat.

Von Schuke restauriert. Das vierte Manual (eine Art Echowerk) ist besonders schön. Mozart und Liszt klingen herrlich hier. Besonders gefiel mir die zarte tiefe Liszt-Zunge Aeoline, auch wenn sie etwas verstimmt war. Bach und Händel … kann man hier “romantisch” spielen.

Der Porsche in Leipzig erinnert an den typischen Ladegast-Spieltisch. Mich hat natürlich die Schweriner Orgel an Leipzig erinnert. Nikolai.

Es war schön, nachts im leeren Dom viele Stunden zu spielen, während draußen noch der letzte abendliche Rest des ersten frischen Weihnachtsmarktes herein leuchtete und wehte, besonders Drehorgel, Parytband…

Die blauweiße Schrift der Registerzüge erinnerten mich an Teetassen, an Bremer Tee. Hauptwerk ist 2 (=1), 3=2, 1=3, beautiful 4=4. Die Pfeifen der Orgel deuten in den Bögen der Kirche wie Finger in den Himmel.

Die Heizstrahler helfen, ansonsten hat der Dom auch so etwas wie eine kleine Winterorgel, wo es beheizt ist.

Es gibt Menschen, die meinen, die Manuale und die Traktur der Schnitger und der Ladegast… müssten dringend überholt werden, da verfärbt, wellig, schwergängig, ungleich.

Jedoch solle man historische Orgeln ganz mit Vorsicht behandeln. Außerdem ist es gerade das, was mir gefällt. Natürlich braucht man “Finger-Muckies”. Aber das schadet ja nicht. Ich mag es, wenn meine Hände danach geschwollen sind.

Ich kann mir hierbei nicht genügend ins Gedächtnis rufen: Ich habe es mit einem Blasinstrument zu tun.


5 Antworten auf “Ladegast Orgel Dom zu Schwerin (Mariendom)”

  1. Andreas Friedrich

    Ann-Helena erfüllt den Satz “Eine Orgel muss erobert werden.” stets auf ihrem eigenen Weg jeden neuen Tag. Dies zeigen auch die Ausgestaltung dieser Information und die eingefügt en Kostproben in den Videos. Eben Powerfrau pur als Musikerin.

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