Startseite Nach oben

28. Dezember 2019

Ausländerin in der Orgelwelt

Geschlechterrollen nicht wechseln, sondern sprengen!

Bedenklich und traurig finde ich, dass es keine Domorganistinnen gibt, keine Orgelprofessorinnen, kaum weibliche Dozenten und weibliche Instrumentalisten in den Kirchenmusikabteilungen (Ausnahme Sängerinnen), kaum weibliche Orgelsachverständige, dass die Zeitschrift Ors Organi in vieler Hinsicht eine reine Männerzeitschrift ist, als würde man eine Heimwerkbroschüre von OBI von 2006 lesen (selbst OBI etc. sind modern geworden und haben das Rollenklischee verlassen), dass einige Domorganisten bewusst zusammenhalten gegen Frauen, Frauen ausschließen, sich gar von talentierten Frauen bedroht fühlen. Nur die ganz lieblichen, schüchternen, angepassten Frauen finden sie nicht “gefährlich”. Wenn Frauen überhaupt mal spielen dürfen, dann sind es extra “Frauenkonzertreihen”.

Ich selbst bin Ausländerin in der Orgelwelt, komme (Gott sei Dank) aus einer anderen Welt.

In vielen Kirchen sind seit Jahrzehnten nur Maenner an den Orgeln angestellt. Vor allem in katholischen Kirchen (“It’s a Guy’s Club”), jedoch auch in Frankreich oder in evangelischen Kirchen (“Who has the bigger organ?”). Manche bruesten sich auf einer Tafel, auf der nur Maenner-Namen stehen. Man sagte mir, Kirchen waeren noch das totale Patriarchat, Maenner “halten hier gegen Frauen zusammen”. Und da wundern sich Kirchen, dass keiner mehr Zeit, Interesse und Geld fuer den Guy-Club oder Orgelkonzerte hat, da alles langweilig, immer das Gleiche fern von Gott ist. Manche beruehmten Organisten haben Ehefrauen, die bessere Organistinnen sind als sie selbst, aber lassen die eigenen Frauen sind ran. Was sind das fuer Ehemaenner?

Bedenklich und traurig finde ich, dass in (akademischen) Kommissionen Rangordnungen eingehalten werden, um gewissen Männern “diplomatisch” nicht auf den Schlips zu treten. Das ist die sogenannte hidden agenda laut Modler. Egal, was offiziell vermittelt wird, die hidden agenda zählt. Für Männer sind es oft Macht-Ego-Spielchen um Statussymbole. Für viele Frauen aber geht es ums Ganze. Wichtig: Gerade die, die einen lächelnd angreifen, sind besonders gefährlich.

Frauen stecken oft aus Furcht zurück, weil sie gefallen und Konflikte vermeiden wollen. Dadurch werden hochbegabte Künstlerinnen oft in den Schatten getreten. Deswegen Modler hat Recht: Diese Spielchen von Männern mitzuspielen ist für Frauen unerlässlich, auch wenn sie nicht wollen. Auch wenn es nervig ist, da Frauen nicht an Rangordnung,  sondern an Inhalte interessiert sind.

Auch wenn ich dieses offensichtliche Machtgerangel nicht mag, kann ich nicht erwarten, mich in dieser Welt nur aufgrund von Begabung und Leistung gegen vertikale Kollegen leicht durchsetzen zu können. Man kann sich nicht heraushalten. So ist diese Welt. Und: Männer sind keine verkleideten Frauen. Als Frau ist es daher wichtig, beide Sprachen genau zu kennen und hervorragend zu sprechen: vertikal und horizontal. Und dies besonders deutlich. Zweisprachig sozusagen. Es gibt vertikale Männer, die sind taub, wenn Frauen horizontal mit ihnen sprechen. Sie reagieren nicht auf Klären, Begründungen, Gefühle, Inhalte, sondern nur auf vertikales Kommunizieren: non verbal, kurz, territorial, kühl. Dieses Vertikale ist oft noch eine Fremdsprache für mich und für viele Frauen. Doch sie muss wie jede andere Sprache trainiert werden. Denn das rein Horizontale ist auch nicht immer gut. Sie zwingt zu einer Art Teamideologie, in der Andersartige oder Herausstechende bestraft werden. Ich bin froh, dass es auch lustige, nette, höfliche, gutmütige und kluge Menschen gibt in beiden Systemen.

Wir sind kein Produkt des gesellschaftlichen Spiegels. Charakter ist der Preis für wahren Erfolg. Frauen dürfen nicht vergessen: Männer, die sich sexistisch verhalten, können dennoch sehr charmant sein; Frauen sollen zum Flirten, für Dienstleitungen und Vergnügungen gern zur Verfügung stehen. Jedoch sehen diese Männer Frauen nicht auf der selben beruflichen “Mensch-Stufe”. Sie erwarten oft, dass Frauen beruflich scheitern. Daher: Meide die Auseinandersetzung nicht. Jedoch die höchste Kommunikation ist eine echte Win/Win-Situation für alle. Das ist das Ziel. Leider gibt es sehr viele, die ihren Gewinn nur im Verlust für den anderen sehen.

Ich frage mich manchmal, wie wohl Marilyn Monroe gewesen ist. Als Mensch.

Leave a Reply

Your email address will not be published.