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Silbermann-Orgel-Marmoutier-Abtei

Man muss nicht alles an einem Tag erreichen wollen. (Teresa v. Avila)

3. September 2022: Guds löften är som stjärnor. (Frost)

Man muss nicht alles an einem Tag erreichen wollen. (Teresa von Avila)

Heute erinnere ich an Adelheid Popp, 1869 geboren, die einer großen Sache mit Begeisterung diente, was ihrem Leben Wert gab, nämlich das Frauenwahlrecht zu fördern. Viele Frauen scheinen politisch unreif zu sein, schreibt sie, aufgrund der Erziehung, da sie nicht verstehen, dass unsere Welt von Basta und Testosteron regiert wird. „Schwimmen lernt nur die, die ins Wasser geht“, wie auch Lida Gustava Heymann feststellte, 1868 geboren, aus Hamburg, die sich ebenfalls für Frauenrechte als Menschenrechte einsetzte.

Foto: Silbermann Orgel Abteikirche Marmoutier

Heute Abend: Konzert an der Ladegast Orgel. Bin in Braunsbedra angekommen.

Gottfried Richter Orgel (13 Register) in der Wehrkirche zu Pomssen

Gottfried Richter aus Döbeln (Sachsen) baute diese wunderschöne Renaissance-Orgel (von Hildebrand und Wegscheider restauriert), auf der zweiten Empore mit verzierten Prospektpfeifen mit frühbarockem Klang, mitteltönig: herb eingetrübte und scharfe, helle Klänge, mit Zimbelstern und Vogelgesang (die Pfeifen stehen blubbernd umgekehrt in Wasser), Pedalkoppel (Tritt links unten), mit Tremulant (man muss sofort spielen, kaum dass man ihn gezogen hat, damit er wirkt), mit wunderschönen Flügeltüren mit Engeln, die musizieren, ockergelb, weiß-grau, direkt unter der flachen, verzierten Kassettendecke – die erste mitteltönige Orgel auf unserer Reise, die erste mit kurzer Oktave in Manual und Pedal. Sie ist doch leichtspieliger als ich es in Erinnerung hatte vom letzten Mal. Bach soll hier gesessen sein, aber es ist nicht hunderprozentig erwiesen. Aber ich glaube es schon. Wir sahen die 4 Keilbälge oben. Es machte Spaß, die alten Holzstiegen hochzulaufen. Oben ist der Spieltisch mit aufgeschlagenen Noten verziert.

Wie früher Gottesdienst gefeiert wurde, ist erschreckend: Eine Pflichtveranstaltung, ein Event der Hierarchien, man musste sich Sitze unten mieten und bezahlen, ansonsten stundenlang stehen, die reiche Familie Ponickau saß in den Logen, die Armen standen unten. Gibt es nicht gewisse Hierarchien dieser Art noch immer, nur versteckter?

Es ist dennoch schön, wieder daheim zu sein. Jedoch nicht lange, es geht weiter zu den nächsten Konzerten.

Die Denker des Glaubens

Seltsam, dass die “Denker des Glaubens” (fast) nur Männer sein sollen? Mir kommt es vor, als seien Männer weiter vom Glauben entfernt als Frauen. Ähnlich formuliert es auch Albert Schweitzer, der zeit seines Lebens Frauen besonders schätzte und mit ihnen besonders befreundet war.
Ich stelle es mir schön vor, dass er “im Urwald” Bach gehört und von Jesus erzählt hat. Es könnte sicher noch mehr im Schweitzer-Archiv in Günsbach geforscht werden. Ich lese die vielen Briefe.

Gedanken erschaffen

Bewundernswert ist es, dass er bewusst die akademische Laufbahn (er hielt Dozieren für viel weniger erstrebenswert als Handeln) auf den Haufen warf und lächerlich machte und als “Privatdozent” noch mal spät studierte und Prüfungen ablegte (alle mit “sehr gut”) – irgendwie erinnert mich das durchaus auch an mich.

Wenn ich die vielen Briefe lese, die Schweitzer geschrieben hat, besonders die an Helene, dann merke ich, dass er mehr Philosoph war als Theologe – oder Christ (es ist ja nicht dasselbe: Es gibt sehr viele Theologen, die keine Christen sind, und noch viel mehr Philosophen, die keine Christen sind). Auf der einen Seite hat Albert Recht, dass es eine gewisse Denkfeindlichkeit gibt unter Christen (besonders in Freikirchen, finde ich, dazu eine falsche Unterwürfigkeit). Auf der anderen Seite finde ich Schweitzers philosophische Gedanken zu Jesus bedenklich unchristlich und entgegengesetzt zur Bibel: Er nennt Jesus den größten Philosophen und glaubt nicht, dass Gott eine Person ist. Er deutet den christlichen Glauben ethisch und philosophisch und ist damit oft fern der Bibel.

Die meisten sogenannten “Denker des Glaubens” waren Pfarrerssöhne oder Söhne von Theologen oder Philosophen. Das merkt man deutlich. Albert Schweitzer nennt Jesus im selben Atemzug wie Kant oder Sokrates und weiß, „dass dies Ketzerei ist“. Er bezeichnet sich in seinen Briefen an Helene sehr oft als Atheist und als Ketzer und macht Witze über Himmel und Hölle. Er redete lieber von Schicksal als von Gott. Ist das nicht erstaunlich? Er bezeichnet den Atheismus als Religion. Durchgehend ist zu spüren, dass er Gott sucht, wer er überhaupt ist. Seinen Gehorsam, seine Pflicht zu tun und Menschen zu dienen in Afrika, nannte er als Wiedergutmachung für seine Ketzerei und seinen Atheismus. Er wollte in Lambarene Gott finden. Ob er ihn gefunden hat? Wenn all diese Briefe bekannt wären oder in einem Blog ständen – was würden gewisse Leute von ihm denken, seine Neider und Feinde?

Was ich sehr sympathisch an Schweitzer finde, ist seine kindliche Art, die mich an mich erinnert. Ich kenne auch die Widersprüche, in einem, die wie eine Zange zwickt. Er nannte sich Heimwehkind (wie ich), immer auf der Suche – radikal, fast besessen von eigenen Gedanken und Ideen.

Heimwehkind

Vieles an ASB finde ich bemerkenswert. Dass er den Professoren vorwarf, dass sie “einen zu geschickten Handwerkern machen wollen, aber nicht höher mit einem hinauswollen.” Wie oft habe ich dies auch schon gedacht und denke es noch. Dass man auf diese Weise seinen eigenen Gedanken “entläuft”, von ihnen entfremdet wird. Das ist die größte Gefahr grundsätzlich im Studium. Es gibt neidische Lehrer und Kommilitonen, die gern alles kontrollieren. Denen es eine Plage ist, wenn jemand ein ganz anderes Level hat.

Bewegend sind seine Briefe an Helenes Eltern, als er sie nach Jahren des Verzichts und des Wartens endlich heiratet. Und dass sie ihn “Beri” nennt und er sie “meine Große”. Etwas bedenklich finde ich jedoch, dass er sie so geformt hat, wie er es wollte. Sie war ihm trotz allem sehr untertan und ganz auf ihn ausgerichtet. Sie betete ihn an. Hielt ihn für den Privilegierten. Albert Schweitzer gibt selbst zu, er hatte Sorge um sie und hielt sich selbst nicht für bescheiden. Er hielt sich selbst immer für einen Großen.
Wehe, eine Frau hält sich für eine Große.

Albert Schweitzer über Deutschland

Das Urteil Schweitzers über Deutschland ist korrekt. Ich wünschte, man hätte an diesem Punkt mehr auf ihn gehört, nicht nur, wenn er über Orgeln urteilte. Er schätzt Deutschland sehr, sagt aber, Deutschland würde seine Berufung verfehlen, weil das Land mehr auf äußeren Ruhm und Ehre aus sei, als ein geistliches Vorbild zu sein, was es absolut wäre. Das sehe ich auch. Das Potential von Deutschland ist riesig, und das war es schon immer.

Lorenzkirche Nürnberg vorgestern:

Lorenzkirche-Nuernberg-Orgel-Anlage

7 Antworten auf “Man muss nicht alles an einem Tag erreichen wollen. (Teresa v. Avila)”

    • Keine Ahnung! Aber er wollte unbedingt ein Vorspiel in D-Dur für ein Lied in d-Moll haben. Ich schätze, er wollte dann gekonnt domorganistenmäßig modulieren. Oder doch nicht ?

  1. Judas Vierzig

    Schade niemand verhindert das Konzert in Braunsbedra. Trotz Intervention des südafrikanischen Botschafters und der Menschenrechtskommission der Vereinten Draculas aus Wetzlar, Magdeburg und Rostock.

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