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12. Februar 2020

Wer Musik hört, fühlt seine Einsamkeit bevölkert. (Robert Browning)

Die Orgelwerke von Mozart sind Spätwerke. Das spüre ich, sie sind anders als die meisten Klaviersonaten.

Im April werde ich in Darmstadt interviewt.

Ich mag das Tränenstück von Sweelinck, das Troststück, die Fantasia crommatica. Das Original. Der Niederländer Sweelinck war der Vorgänger von vielen. Ich mag seine Form, die sich immer weiterentwickelt. Ich schätze es, wie er imitatorisch arbeitet, in Augmentation, in Diminution. Wie er verdichtet, Engführung, wie er entspannt, wie er mit Chromatik umgeht, mit Tempo:

Auf der einen Seite sehr meditativ, dann plötzlich brillante Läufe und Sextolen. Er hat wichtige Musiker vor Bach inspiriert: Scheidemann, der an der Pest gestorben ist (warum machte die Pest nicht Halt vor diesen Künstlern?), Praetorius, Scheidt, Scheidemanns Nachfolger Reincken… Der Komponist aus Amsterdam hat seine norddeutschen Künstler vermutlich auf plattdeutsch unterrichtet.  

Es ist nicht so leicht, das interpretatorisch Künstlerische zeitlich gut unterzubringen mit dem wirklich Künstlerischem: dem eigenen Schaffen. Das Üben ist dringlich für die Konzerte etc. – aber das eigene künstlerische Schaffen ist wichtig. Zwischen wichtig und dringlich gibt es einen großen Unterschied: Das Dringliche aufdringlich, drängend, fordernd. Jedoch das Wichtige zart, still, wartend, nie aufdringlich. Dem Wichtigen muss ich mich hingeben.

Aber wir sind dem Dringlichkeitswahn verfallen, eine Dringlichkeits-Sucht. Ich glaube, dies ist der Grund, warum große Künstler viel geschafft haben: Sie haben das Wichtige erkannt. Und das Dringliche beiseite geschoben. 

Die Werke von Reger sind nicht unverständlich und anstrengend: Die Choräle und Fantasien und kürzeren Werke sind eigentlich sehr klar und angenehm.  

Der Bachfilm von The Great Composers wird zwar dominiert von den subjektiven Aussagen der alten, männlichen Hasen der Bachszene, jedoch jedesmal lerne ich sogar durch diese Ausschnitte über Johann Sebastian, wie er wohl gewesen sein könnte – ich lerne zwischen den Zeilen. Bach muss das Komponieren der 200 Kantaten geliebt haben. Er muss geliebt haben, dass die Werke, noch warm, direkt geprobt und aufgeführt wurden, auch wenn oder gerade weil es oft Laien waren. Ich glaube, dass dies ihn lange inspiriert und ermutigt hat, denn gerade das “gemeine Volk” schätzte seine Musik. Ob seine Musik später “galant” wurde – ich würde das so nicht sagen. Im Gegenteil. Und Bachs Stil ist so eigen. 

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